Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Die Zeitung ist uns teuer
Montag, 8. September 2008
Kopfzeile von Martin Novak

Es gibt einen wirklich guten Grund, das Fehlen eines (reichweiten)starken Privatfernsehens in Österreich zu beklagen: Zündende Wahlspots der politischen Parteien fehlen, weil das Medium fehlt.

Da muss man notgedrungen in die USA schauen. Dort gibt es zwar kaum Plakate, aber dafür Fernsehwerbung von genialer Schlichtheit. „Bei wem können wir uns dafür bedanken, dass die Benzinpreise so hoch sind? – bei Obama!“ lässt John McCain die Amerikaner wissen, untermalt von wirklich romantischen Bildern einer Zapfsäule. Ja die Amis mit ihren einfachen Rezepten … die politische Debatte in Österreich wird da doch um einiges gepflegter geführt, differenzierter, intellektueller. Da wäre die Frage zu diskutieren, ob eine schwarze Strickkrawatte für den Kandidaten Faymann angemessen ist, ob auf dem VP-Plakat nicht zu viele Worte sind, Van der Bellen so schauen darf wie er auf dem Plakat schaut und ein falsches „ss“ auf einem FP-Plakat nicht Anlass (hier stimmt es, das doppelte s) wäre, deren Funktionäre zu einem Deutschkurs zu verpflichten.
Einen wichtigen Schluss (wieder richtig) kann man daraus allerdings auch ziehen: Wenn Obama ganz allein an den hohen Preisen schuld ist, dann können es Faymann, Molterer, Buchinger und Bartenstein wohl nicht sein. In einem sind sich (Teile) Amerika(s) und Österreich(s) aber einig. Es wäre doch ganz simpel Preiserhöhungen und Inflation in den Griff zu bekommen: Amerika holt das letzte Rohöl aus dem küstenahen Ozean – das dort nach Expertenmeinungen gerade die Fördermenge schlummert, die für sieben Monate den Weltbedarf deckt, lassen wir einmal beiseite. In Österreich sind es nicht nur die Politiker, die sich in Vorschlägen zur Senkung der Mehrwertsteuer, zum Einfrieren der Spritpreise oder zur Installation von Preiskontrollkommissionen überschlagen. Auch die Medien und von ihnen zu Rate gezogene Fachleute haben Wichtiges beizutragen: „Tipps und Tricks gegen Rekord-Inflation“ versprach Mitte Juli die Kleine Zeitung auf der Titelseite, und ließ sich tatsächlich nicht lumpen. Demnach hilft gegen die Inflation: Auf die Kreuzung zurollen, statt knapp davor zu bremsen oder besser noch auf ein Moped umsteigen (optimal natürlich mit dem Moped auf die Kreuzung zurollen), keine Lebensmittel wegwerfen, im Urlaub kein Geld am Flughafen wechseln, ein Haushaltsbuch führen…
Ja, da gibt es viele gute Ideen. Keine haben die großen und kleinen Zeitungen, stets nahe an den LeserInnen, in den letzten Monaten ausgelassen. Bis auf eine vielleicht: Wenn man bedenkt, dass manche Zeitungs-Abopreise von Mitte 2007 bis zur Mitte 2008 um fast zehn Prozent stiegen, könnte man doch auch hier etwas tun. Nachdem das bisher keine Tageszeitung getan hat, holen wir das nach: Steigen Sie auf die billigste Tageszeitung um. Oder, falls Ihnen das zu billig ist: Teilen Sie sich mit Ihrem Nachbarn das Abo – günstig ist es, wenn je ein Morgen- und ein Abendleser eine Abo-Sharing-Community bilden. Übersiedeln Sie (falls Sie in Graz leben) in eine Stadt, in der es Gratis-Tageszeitungen gibt. Oder holen Sie sich die Informationen gleich aus dem Internet. Wie das kostengünstig funktioniert, steht ja in jeder Zeitung. Für die Anregung, sich die zu diesem Behufe am Sonntag kostenlos auszuborgen und sie nach der Lektüre wieder verlässlich dem stummen Verkäufer zurückzugeben, danken Sie nicht mir, sondern dem Kabarettisten Leo Lukas.

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