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Italienische Reise mit dem Landesmuseum Joanneum
Montag, 7. Juli 2008
Zahlreiche Ausstellungen am Landesmuseum Joanneum handeln nach dem Motto Intermezzo Italiano im heurigen Sommer von italienischer Kunst, vom späten Barock – wie schon in der letzten Ausgabe von KORSO über die Ausstellung der Stiche von Giambattista Piranesi in der Alten Galerie beschrieben – über Design von Joe Colombo im Kunsthaus, kinetische und Raumkunst seines Bruders Gianni in der Neuen Galerie, dazu Positionen italienischer Kunst nach 1945, bis zu Beispielen der Gegenwartskunst in Italien im Künstlerhaus Graz.

Aktuelle Positionen. Eine Sonderausstellung mit Beispielen der Gegenwartskunst, vertreten durch Werke von fünfzehn italienischen KünstlerInnen, ist derzeit im Grazer Künstlerhaus zu sehen. Waren es im Vorjahr aktuelle Positionen aus Slowenien, so ist die diesjährige Schau unter dem Titel Aktuelle Positionen italienischer Kunst – Premio Agenore Fabbri initiiert von der in Frankfurt am Main ansässigen VAF-Stiftung. Die VAF-Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die moderne und zeitgenössische Kunst Italiens zu fördern, zu sammeln und auszustellen. Alle zwei Jahre, wie auch im Rahmen dieser Ausstellung, wird ein mit 20.000 Euro dotierter Preis vergeben, benannt nach dem Mailänder Bildhauer und Maler Agenore Fabbri (1911–1998), von dem derzeit auch Arbeiten in der Neuen Galerie zu sehen sind.
Weitgestreute Themen und Umsetzungen in Malerei, Fotografie, Video, Installationen und Plastik vermitteln ein vielschichtiges Bild der gegenwärtigen italienischen Kunstlandschaft. Von Enrico Tommaso De Paris stammt ein in der Apsis schwebendes Objekt, das an einen Satelliten erinnert und mit DVD-Player, Stofftieren, Kitschobjekten und diversen Materialien bestückt ist, wie man sie in Baumärkten findet. Leonida De Filippi setzt sich in malerischen Arbeiten mit der Umsetzung und dem Informationsgehalt digitaler Bilder auseinander. In fotorealistischer Manier malt Andrea Faco Metabilder, die auf solchen aus den Überwachungskameras in öffentlichen Bereichen basieren. Eine Erzählung über die späte Liebe eines Paares hat Stefania Galegati als Video gedreht. Valentina Glorioso bearbeitet fotografische Porträts, in denen die abgebildeten Personen schließlich wie Androiden aussehen. Davide Coltro dagegen hat ein technisch ausgefeiltes System entwickelt, über das er malerisch wirkende und sich ständig verändernde Fotografien auf Displays einspielen kann, die wiederum wie klassische Tafelbilder erscheinen. Der Premio Agenore Fabbri wurde dem Sizilianer Francesco Lauretta zugesprochen, der in einer Installation aus Ölmalerei und Leuchtschrift die in seiner Heimat traditionellen, religiösen Prozessionen thematisiert.

Aktuelle Positionen italienischer Kunst sind bis zum 20. Juli im Künstlerhaus Graz zu sehen.
Ambienti. Schon 1967, nominiert vom italienischen Kunsttheoretiker Umbro Appollonio, nahm Gianni Colombo (1937–1993) an der trigon-Biennale Ambiente im Künstlerhaus Graz teil. Sein begehbares kinetisches Environment Spacio elastico, in dem sich ein Raum scheinbar vergrößert und wieder zusammenzieht, wurde als spektakuläre Erfahrung wahrgenommen. 1971 präsentierte der damalige Leiter der Neuen Galerie, Wilfried Skreiner, in einer Personale Arbeiten des Mailänders und 1973 war Colombo an der trigon-Biennale mit Audiovisuelle Botschaften beteiligt. Die Konstruktionszeichnungen zum Elastischen Raum befinden sich in der Sammlung der Neuen Galerie und wurden zur Rekonstruktion für die Eröffnungsausstellung Einbildung des Kunsthauses Graz herangezogen.
Die aktuelle Ausstellung in der Neuen Galerie, kuratiert von Günther Holler-Schuster und Marco Scotini, ist eine Retrospektive zum Gesamtwerk, wie es sich im Sammlungs- und Archivbestand darstellt. Im Zuge der Recherchen entdeckte man weitere Fotos, Zeichnungen und Autografen, die nun Teil der Schau sind und die die enge Verbindung des Avantgardisten zu Graz dokumentieren.
Gianni Colombo gründete 1959 mit KollegInnen die Gruppe T. Er nahm an Ausstellungen der Bewegung Nouvelle Tendance teil und beschäftigte sich bis Anfang der 1960er Jahre mit Industrial Design, Experimentalfilm, Keramik- und Emailarbeiten. In dieser Zeit stellte er auch Untersuchungen zur visuellen Wahrnehmung von Industrieprodukten an, und es entstanden Objekte auf mechanischer oder elektromechanischer Basis, wobei er sich auch auf Wirkung und Einbeziehung elektrischen Lichts konzentrierte. Ab Mitte der 60er Jahre wurden Wahrnehmungsphänomene an größeren – künstlichen – Räumen untersucht. Für die an Objekten und Dokumenten reiche Ausstellung in der Neuen Galerie wurde erstmals das Raumkonzept Bariestesia aus dem Jahr 1975 realisiert, in dem eine Raumflucht aus mehreren Segmenten je nach Blickpunkt räumlich oder flächig wahrgenommen werden kann.

Gianni Colombo. Ambienti ist bis zum 31. August in der Neuen Galerie Graz zu sehen. Informationen unter www.neuegalerie.at.

Italienische Kunst 1960–1990. Ebenfalls in der Neuen Galerie und wie die ergänzende Erläuterung des künstlerischen Umfelds von Gianni Colombo zu sehen ist die Ausstellung Viaggo in Italia mit italienischer Kunst des Zeitraumes 1960 bis 1990. Es handelt sich hier um den Sammlungsbestand der Neuen Galerie in einer Auswahl, ergänzt durch Leihgaben der VAF-Stiftung Frankfurt.
Zwischen 1963 und 1991 war die Neue Galerie Veranstalter der trigon-Biennalen, deren Intention es war, den historischen Kulturraum Innerösterreichs – Österreich, Italien, Jugoslawien – über Verbindungen von Kunst und KünstlerIn-nen zu kommunizieren. Etliche Werke aus diesen Ausstellungen wurden angekauft und damit zur Basis einer Sammlung, die nun in dieser Übersicht gezeigt wird. Weitere Werke kamen durch die Internationalen Malerwochen zwischen 1966 und 1992 in die Sammlung. Tendenzen der neueren Kunst Italiens sind so anhand mehrerer Abteilungen nachzuvollziehen, als etwa seit den 1950er Jahren ein Aufbrechen des klassischen Tafelbildes an Beispielen von Alberto Biasi, Agenore Fabbri, Giuseppe Uncini oder Lucio Fontana zu beobachten ist. Wahrnehmungsphänomene, wie sie über Bild und Objekt untersucht wurden, thematisierten Bruno Munari, Mario Ballocco, Alberto Biasi und Mariana Apollonio. Textbilder und visuelle Poesie, die in die Konzeptkunst münden, führen über Beispiele von Vincenzo Agnetti zu Michelangelo Pistolettos Autoritratto, einer Fotomontage mit Lupe, in der sich Autor und Betrachter scheinbar ins Auge sehen. Eine weitere Abteilung ist der konzeptuellen Malerei gewidmet, neo-surrealistisch muten Arbeiten als Objekt und Bild beispielsweise von Claudio Parmiggiani an. Man sollte sich jedenfalls für diese groß und artig von Christa Steinle und Gudrun Danzer angelegte Ausstellung viel Zeit nehmen, zu empfehlen ist der Katalog, in dem Peter Weibel die hier fragmentierten Tendenzen ausführlich erläutert.

Viaggo in Italia. Italienische Kunst 1960 bis 1990 ist in der Neuen Galerie Graz bis zum 25. Jänner 2009 zu sehen.

Skulptur und Zwischenraum.
Es klingt hier vielleicht die in die Renaissance zurückreichende Paragonfrage an, doch wird der erwähnte Giuseppe Uncini (1929–2008) als erster Bildhauer beschrieben, der den Schatten als skulpturales Problem beziehungsweise als Teil der physischen Skulptur behandelte. In seiner Stahlrohrplastik Unitá Cellulare für trigon ´67 integrierte er den Nachbau des Schattens eines ersten Teils dieser Plastik. Die Plastik beschreibt so nicht nur einen Raum, vielmehr auch einen Zwischenraum, der ohnehin vom natürlichen Schatten bestimmt ist, bei Uncini aber auch zum physischen Detail wurde. Neu im Österreichischen Skulpturenpark ist ein noch vom Künstler autorisierter Nachbau von Unitá Cellulare, 1967/2008.

Österreichischer Skulpturenpark, Thalerhofstraße 85 in 8180 Unterpremstätten. Geöffnet bis 31. Oktober, Informationen unter www.skulpturenpark.at.

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