Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Gebäudesanierung in der „bewohnten Baustelle“
Samstag, 5. Juli 2008
Die thermische Sanierung von urbanen mehrgeschoßigen Wohn-
gebäuden aus den Nachkriegsjahrzehnten stellt eine grosse Herausforderung dar. Mark Zimmermann (EMPA, ETH Zürich) arbeitet an der Entwicklung von standardisierten Modulkonzepten für die thermische Sanierung, die diese Aufgabe nicht nur wesentlich erleichtern, sondern auch kostengünstiger gestalten können. Josef Schiffer sprach für KORSO im Rahmen der Tagung mit dem Schweizer Architekten.

Wo liegen die Herausforderungen bei der Sanierung im Altbau?
Es ist wesentlich einfacher, Verbesserungen der Effizienz im Neubau zu erforschen, weil technologische Durchbrüche dort sofort umgesetzt werden können. Bei Altbauten ist das viel problematischer, weil es dort vielerlei Schwierigkeiten technischer und auch gesetzlicher Natur zu beachten gilt. Meine Aufgabe besteht darin, die Aufmerksamkeit der Professionalisten, die für die Durchführung von Sanierungen verantwortlich sind, auf jene Bereiche zu lenken, wo ich durch verschiedene Programme bereits sehr viel Erfahrung sammeln konnte. Man kann schließlich ohne die reibungslose Kooperation mit den ausführenden Firmen keine vernünftige Gebäudeerneuerung machen.

Worin liegen die Vorteile der modularen Sanierung aus vorgefertigten Fassadenteilen und Dächern?
Mehrgeschossige Wohngebäude mit hohem Energieverbrauch aus der Nachkriegsära sind unsere Hauptzielgruppe. Diese bieten das Potenzial, sinnvolle Gesamtkonzepte zum Einsatz zu bringen, die noch dazu sehr kostengünstig umgesetzt werden können. Denn dadurch werden Überraschungen vermieden, die sehr schnell zu einer Explosion der Kosten führen können. Üblicherweise möchte ein Bauherr die Gebäudeerneuerung mit geringen Risiken in mehreren Etappen durchführen. Letztlich verteuert sich jedoch das Unterfangen für den Bauherrn dadurch deutlich, und für die ausführenden Firmen ist der Aufwand ebenfalls hoch. Außerdem sind längerfristige Einschränkungen des Wohnkomforts eine unausweichliche Folge. Weil die gesamte Renovierung von außen durchgeführt wird, können die Bewohner auch weiterhin im Objekt verbleiben und vermeiden dadurch zusätzlich Kosten.

Wie können typisierte Module entwickelt werden, wenn jedes Haus  andere Gegebenheiten aufweist?

Dazu haben wir an den Anfang der Prozesskette ein lasergestütztes Verfahren gestellt, das eine detaillierte dreidimensionale Vermessung eines Gebäudes ermöglicht, auf deren Grundlage wir verschiedene Gebäudegruppen kategorisiert haben. Die aufgenommenen Daten dienen als Grundlage für die maßgenaue Vorfabrikation und die Montage der erstellten Module.

Wie arbeiten Sie mit den Architekten zusammen und worin bestehen die von Ihnen angesprochenen gesetzlichen Hindernisse?
Ein entscheidender Vorteil des Systems ist, dass ein Planer nicht jedes Mal die ganze technische Detailarbeit machen muss. Die Freiheit der Gestaltung an der äußeren Oberfläche soll dem Architekten erhalten bleiben. Wir sind für die technischen Lösungen und den konstruktiven Aufbau hinter den Fassaden zuständig, z.B. die Lüftungssysteme, Materialien für die Dämmung etc. Die bestehenden Heizsysteme können ebenfalls weiterverwendet werden, werden dann jedoch im Niedrigtemperaturbereich betrieben.
Österreich ist überdurchschnittlich aktiv bei der Förderung energieeffizienter Gebäude, aber es gibt Hindernisse auf gesetzlicher Ebene, weil die Mieter gegen Wert steigernde Maßnahmen – die letztlich zur Erhöhung der Miete führen – Einspruch erheben können, was die Umsetzung einer energetischen Gesamtsanierung deutlich erschweren kann.

» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >