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Reininghausgründe: Im Visier des „Lobbyingplanquadrats“
Samstag, 5. Juli 2008
Gespräche mit Planungsstadträtin Eva Maria Fluch, DI Hansjörg Luser, ehemaliger Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Stadterhaltung und dem Vorstandsvorsitzenden der Asset-One AG, Mag. Roland Koppensteiner.

„Die Verkehrserschließung ist ein wesentlicher Punkt“


Planungsstadträtin Eva Maria Fluch erläutert dem KORSO die Ambitionen der Stadt Graz in punkto Reininghausgründe. Man verfolge „eine Konzep-tion des Machbaren“, sagte Fluch.


Es gibt Stimmen, die der Stadt vorwerfen, sich zu wenig um die Entwicklung des Grazer Westens – und eben insbesondere der Reininghausgründe – zu kümmern.
Nach meinem Wissen war Mag. Koppensteiner selbst nicht glücklich über Meldungen dieses Inhalts, weil er ohnehin in ständigem Kontakt mit der Stadt ist. Auch bei den Themen, die Asset-One jetzt bearbeitet – wie etwa Grünraum –, sind unsere Spitzenbeamten immer dabei und geben uns natürlich Rückmeldungen. Die Stadtregierung wird auf mein Betreiben hin über den Sommer ihre Vorstellungen präzisieren. Ich bin selbst eine, die Visionen für sehr wichtig hält und teile den Anspruch, dass dort etwas Innovatives entstehen soll, ich bin aber auch jemand, der gerne etwas Handfestes angeht. Es wird sicher Bebauungspläne geben.

Es wird demnach aber bloß eine „Letter of Intent“ und kein rechtlich bindendes Versprechen geben?
Ja, das Unternehmen hat uns bei einer Stadtregierungssitzung auch den von ihm intendierten Zeitplan vorgestellt, danach möchten sie die Vorgaben im Stadtentwicklungskonzept bis 2010 und im Flächenwidmungsplan Anfang 2011 umgesetzt haben. Das ist genau der Zeitraum, die wir für die Entwicklung unserer eigenen Instrumente auch benötigen.

Welche Entwicklungsschritte sind jetzt schon von Seiten der Stadt absehbar? Als Abschluss des Urban_Link-Projektes Graz West wurde eine Punktation erarbeitet, die zehn Schwerpunkte für eine Entwicklung des Gebietes festlegt – werden diese Vorarbeiten berücksichtigt werden?
Die Punktuation von Urban wird mit in die Überlegungen einfließen. Es gibt jetzt aber einen zusätzlichen Fokus in Richtung Design, Innovativwirtschaft und Bildungsstandorte. All dies wird in ein Papier der Stadt Graz einfließen, das sozusagen als Ergänzung zur Asset-One-Publikation „Konzeptionen des Wünschenswerten“ eine „Konzeption des Machbaren“ darstellen soll. Zudem wird die Verkehrserschließung durch eine Straßenbahnlinie ein wesentlicher Punkt sein.  Allerdings: Wenn wir als Stadt bereit sind, in Infrastruktur zu investieren, dann muss auf der anderen Seite schon klar sein, was dort entsteht.

Gibt es Ihres Wissens nach bereits Investoren?

Mir wurde gesagt, es gebe Interessenten.


„Die Stadt hat sich auf eine passive Rolle zurückgezogen“

DI Hansjörg Luser, ehemaliger Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Stadterhaltung, begegnet dem Engagement der Asset-One AG mit einer Portion Skepsis. Von Seiten der Politik erhofft sich Luser ein aktiveres Auftreten.

Die Reininghausgründe liegen in einem Gebiet, mit dem Sie als ehemaliger Leiter des EU-unterstützten Stadtentwicklungsprojektes URBAN_Link Graz West bestens vertraut sind. Wie beurteilen Sie den Output des Projekts? Bis 2007 wurden ja einige zukunftsweisende Vorhaben realisiert.
Ja, da ist, denke ich, einiges gelungen, angefangen von der GKB-Unterführung über den FH-Campus, die Installierung des Start-up-Centers, die Ansiedelung von ECO World Styria im Impulszentrum in der Reininghausstraße bis hin zum neuen Kindergartengarten in der Schererstraße und den Ausbau der Radwege – um nur einige Beispiele zu nennen. Die finanzielle Unterstützung durch die EU hat da natürlich einiges erleichtert.

Seit Asset-One die Reininghausgründe gekauft hat, ist von Seiten der Stadt aber nichts mehr zu hören.
Ich würde es so formulieren: Die Stadt hat sich offensichtlich von ihrer aktiven Rolle auf eine passive zurückgezogen. Das birgt natürlich die Gefahr in sich, dass man bloß „ja“ oder „nein“ sagen kann, sobald die Entwickler oder spätere Investoren wirklich ein konkretes Projekt vorlegen, was bis jetzt ja nicht der Fall war. Und wenn man immer bloß zugesehen hat, ist es schwer, „nein“ zu sagen, auch wenn das Projekt sich ungünstig auf die Entwicklung des Gebietes auswirkt. Wir haben 2002 eine Entwicklungsstrategie mit ganz konkreten Schwerpunkten für den Grazer Westen erarbeitet, darauf aufbauend hätte man einen Masterplan entwickeln können, der auch als Vorgabe für Entwickler wie Asset-One oder spätere Investoren hätte dienen können.

Wie beurteilen Sie die Aktivitäten von Asset-One; die Publikationen, die Symposien mit Fachleuten und Vorträge?

Das ist eine qualitativ hoch stehende Werbestrategie, nicht mehr und nicht weniger.


„Eine Stadt neu zu denken, braucht viel Zeit“

Der Vorstandsvorsitzende der Asset-One AG, Mag. Roland Koppensteiner, skizzierte dem KORSO die anstehenden Pläne für das Areal Graz-Reininghaus, seine Erwartungen an die Politik sowie den Stand der Investorensuche.

Herr Koppensteiner, wie sieht der zukünftige Fahrplan des Entwicklungsprozesses rund um die Bebauung der Reininghausgründe aus?
Wir haben uns von Anfang (Anm.: 2005) ganz bewusst eine Zeit des Nachdenkens genommen. Eine Stadt neu zu denken braucht viel Zeit, speziell weil es sich bei Graz-Reininghaus um eine, für Westeuropa, einmalige Konstellation handelt: einerseits aufgrund der Größe der Liegenschaft und andererseits wegen der unmittelbaren Nähe zur Innenstadt. Sämtliche Vordenkarbeiten werden wir bis Ende des Jahres in Stadtmodelle zu Graz-Reininghaus verdichten. Darin werden erste Aufschlüsse über die funktionale Beplanung von Graz-Reininghaus enthalten sein. Darüber hinaus werden wir in einem weiteren Arbeitsschritt, der ungefähr ein Jahr in Anspruch nehmen wird, einen noch konkreteren Rahmenplan erstellen. Dieser Rahmenplan wird Ausgangspunkt konkreter Planungsvorstellungen für Teilgebiete des Geländes sein.

Das heißt, aus diesen Rahmenbedingungen sollen einzelne Fragmente umgesetzt werden?
Genau, das ist abhängig von den zukünftigen Investoren, die die einzelnen Projekte realisieren werden. Über die Rahmenplanung wird somit ein Freiraum für die Investoren erhalten bleiben. Durch den Rahmenplan wird aber zugleich die Identität dieses neuen Stadtteils auch immer gewahrt bleiben.

Was erwartet sicht Asset-One als Entwickler von der Stadt Graz?
Es soll in Zukunft eine Einbindung der Politik in Form einer Task–Force geben. Zum einen geht es uns um die Anbindung von Graz-Reininghaus an das öffentliche Verkehrsnetz – diesbezüglich gibt es von der ressortverantwortlichen Vize-Bürgermeisterin Rücker bereits positive Signale. Wir wünschen uns die Anbindung durch eine, vielleicht zwei Straßenbahn-Linien. Zudem hoffen wir, dass Graz-Reininghaus weiterhin als ein zusätzliches, noch zu realisierendes Zentrum der Stadt verstanden wird. Die Folge daraus wäre, dass Graz-Reininghaus städtische Funktionen übernimmt: Damit sind Service-Einrichtungen der Stadt, Bildungseinrichtungen und Kultureinrichtungen sowie Sportanlagen gemeint.

Wie weit ist die Investorensuche gediehen?
Es gibt Wunschkandidaten, die auch im Sinne der städtischen Funktionen ihre Berechtigung voll und ganz erfüllen. Dazu gehört das bilinguale Gymnasium (GIBS) – dabei handelt es sich aber um eine komplizierte Angelegenheit, weil eine Realisierung in die Verantwortlichkeit des Bundes fallen würde. Auch Überlegungen über eine mögliche Erweiterung der Kunstuniversität oder einen neuen Standort für das Joanneum Research verfolgen wir mit großem Interesse. Was die Gespräche mit klassischen Investoren betrifft, so sind wir mit verschiedenen Unternehmen mit Standortfragen in Gesprächen, es ist aber zu früh, um Namen zu nennen.

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