Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Warum ich radikale Feministinnen schätze
Sonntag, 8. Juni 2008
WoWagners Gartenlaube fortschrittlichen Schrifttums

Erstens: Sie haben mit der Einschätzung, dass die VertreterInnen des Patriachats die Welt in die Scheiße geritten haben, offenbar recht.
Zweitens: Ich fühle mich dadurch keineswegs bedroht.
Drittens: In ihren Reihen finden sich Autorinnen, wie Lucia Francia, die in der Lage sind, so leichtfüßige und erheiternde Bücher zu schreiben, wie das aktuelle „Hundstage, Krokodilstränen, Leben mit dem Klimawandel“.

Das Buch ist eine Wohltat für alle, welche die hochwichtigen (und energieaufwändigen) Klimakonferenzen und die öden Selbstpräsentationen der PolitikerInnen bis über die Hutschnur satt haben. Francia zum letzten Umweltgipfel: „Bali wird wohl ein Symbol für sinnlose Bürokratie, kafkaeskes Nichtankommen nirgendwo, gigantischen Energieaufwand, gigantische Energiebelastung mit null Ergebnis werden. Vielleicht wird man Bali sagen, wenn wieder irgendwann der Versuch unternommen wird, Naturgewalten mit Bürokratie zu Leibe zu rücken.“(Vgl. S. 57) Ihre Vorschläge und Reflexionen zielen im Wesentlichen darauf ab, uns nicht mehr länger von der Wahrnehmung der Welt um uns als eines lebendigen Geflechtes ablenken zu lassen und den „Fortschritt“ als das zu verstehen, was er ist, ein völlig außer Kontrolle geratenes Spielzeug für Kontroll- und Technikfreaks. Sehr sympathisch ist auch, dass Francia die Ernährungsgewohnheiten der – menschlichen – FleischfresserInnen als gravierendes Problem für die Zukunft des Planeten würdigt. Dies führt zu der abschließenden Empfehlung: „Menschen, die unbedingt Fleisch essen wollen, tun dies nur noch einmal die Woche, dann kann man sich fast alle klimarettenden Maßnahmen schon fast sparen.“ (Vgl. S. 134)
Inkonsequenz und Doppelmoral von Seiten der BürgerInnen finden sich sehr gut in folgendem Beispiel: „In dem Haus in München, in dem ich seit Jahren wohne, sollte eine Versammlung abgehalten werden, um den Aufbau von Mobilfunkantennen zu verhindern. Alle haben Angst vor der Strahlenbelastung, ... Alles sehr einleuchtend. Ich fragte, wer von den Anwesenden kein Handy habe. Ich war die Einzige.“ (Vgl. S. 18) Die Tipps von Francia sind bestechend in ihrer Klarheit und im Wesentlichen bekannt, wenngleich zumeist erfolgreich verdrängt, wie die folgende Empfehlung: „Anstatt die Armmuskeln etwas zu trainieren und Orangen und Zitronen selbst auszupressen, benutzen praktisch alle Leute, die ich kenne, elektrische Auspresser. Kaum jemand öffnet eine Büchse noch von Hand, da wird ein elektrischer Öffner angesetzt, brrr, fertig. Dabei kann man sich beim händischen Öffnen einer Büchse gut überlegen, wie ungesund Büchsennahrung ist.“(S. 42) Komischer Weise dachte ich mir genau das beim letzten – selbstverständlich händischen – Öffnen einer  Büchse, als mir ein sonderbar fader Geruch entgegenschlug.

Luisa Francia: Hundstage, Krokodiltränen, Leben mit dem Klimawandel, Frauenoffensive 2008, Preis: 14,30 Euro

Luisa Francia: Selbstdarstellung (Auszug): ich bin so alt wie die bundesrepublik, ja, leider auch so alt wie die NATO, ...ich habe in meinem leben viele Jobs gemacht, tippen, übersetzen, putzen, bedienen, singen, tanzen,... natürlich war ich in der sponti-linken ab 68 heftig aktiv. was mich überhaupt nicht antörnte war die tatsache, dass wir frauen den genossen nachts um drei kaffee kochen sollten damit sie flugblätter formulieren konnten, die dann sowieso wir schrieben. (Vgl. Francia: Xamuma. Der Grüne Zweig 216,
S. 158 f.)

Mag. Wolfgang Wagner, Jg. 1963, Germanist, Autor, Aktivist und Sozialpädagoge führt seit Juli 2006 den Buchladen „Wendepunkt“ in der Josefigasse 1, 8010 Graz, Tel/Fax 0316/ 76 52 44, WoWagner@gmx.at

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