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Pfauengarten: „Das Land ist seiner Verantwortung nicht gerecht geworden“ |
Sonntag, 8. Juni 2008 | |
Mit dem Grundgedanken einer „sinnvollen und modernen innerstädtischen Nachverdichtung zum Erhalt sowie zur Weiterentwicklung einer lebenswerten Stadt“, so die Auslober, fiel im September 2007 der offizielle Startschuss zum Architekturwettbewerb PAVOREAL zur Überbauung der Tiefgarage Pfauengarten. Mix aus urbanen Funktionen. Auf dem Areal des Pfauengartens war ein Mix aus mehreren urbanen Funktionen (Wohnen, Arbeiten, Handel) zu konzipieren. Im Zentrum stand dabei die Schaffung eines Innenstadthotels. Für den an den Pfauengarten anschließenden Teil des Stadtparks (heute Verkehrserziehungsgarten und Gartenbauamt) war die Inszenierung einer bauhistorisch wertvollen Stadtbefestigung als Schwelle zu einer über Jahrhunderte gewachsenen Parklandschaft gefordert. Aus 46 Projekten der ersten Stufe wurden sieben Beiträge zur Weiterbearbeitung für die zweite Stufe ausgewählt. Unter dem Vorsitz des norwegischen Architekten Kjetil Thorsen krönte die Jury das Projekt des Wiener Architektenteams Pichler & Traupmann einstimmig zum Sieger. Auslober des Verfahrens war die PG Liegenschafts-Verwaltung GmbH., Graz. Ab 2009 soll die Realisierung mit einem Investitionsvolumen in der Höhe von 17 Millionen Euro starten. Ziegelrote Reminiszenz über dem Supermarkt. Der Entwurf von Pichler & Traupmann sieht drei polygonale Baukörper vor, die unterschiedliche städtebauliche Bezugslinien aufnehmen und durch ihre rote Metallhaut mit der ziegelroten Dachlandschaft harmonieren. Die kleineren Gebäude vor dem Landesarchiv sollen vor allem Wohnungen beherbergen. Das geforderte Hotel liegt auf der südlichen Seite des Grundstücks und schließt den Karmeliterplatz nach Osten ab, wobei der Bezug zum Stadtpark durch eine Rampe, die vom Karmeliterplatz auf ein Plateau und wieder hinunter in den Stadtpark führt, erhalten bleiben soll. Im durch das Plateau entstehenden „Kellergeschoß“ soll ein Supermarkt untergebracht werden, auf dem Plateau werden Cafés und Restaurants ihre Gastgärten aufbauen. Im Stadtpark zieht sich ein Wasserbecken entlang der gesamten Länge der historischen Stadtmauer, in Reminiszenz an den historischen Burggraben. Bebauung „grundsätzlich problematisch“. Landeskonservator Dr. Christian Brugger hat an den Sitzungen der Wettbewerbsjury in beratender Funktion teilgenommen; das Siegerprojekt ist seiner Ansicht nach jenes, „das am intelligentesten mit dem verfügbaren Raum umgeht“. Ein paar Details will er allerdings noch geändert wissen: Während im allerersten Entwurf der Abgang in den Stadtpark allzu zurückhaltend gestaltet gewesen sei, sei dieser im aktuellen Projektentwurf allzu akzentuiert – „ich habe reklamiert, dass dies noch geändert werden soll.“ Die Idee, den Platz etwas anzuheben und das Untergeschoß zur neuen Platzebene zu machen, sei positiv, weil der Karmeliterplatz dadurch wieder einen Abschluss erhalte, allerdings solle die ganze Konstruktion stärker von der Stadtmauer abrücken. Aber: „Grundsätzlich ist es problematisch, dass der Bereich zur Bebauung freigegeben wurde“, sagt Brugger. „Das Land ist seiner Verantwortung nicht gerecht geworden“. In der Tat war man bei der Bauwidmung des Pfauengartens von völlig anderen Prämissen ausgegangen: Dort hätte ja dereinst das Trigon-Museum entstehen sollen – das Vorläufer-Projekt des Kunsthauses –, und ein großer Teil dieses Gebäudes wäre unterirdisch angelegt gewesen, sodass die Kurtine zwischen der Paulustor- und der Burgbastei im Wesentlichen unbebaut erschienen wäre. Schon beim Bau der Tiefgarage durch eine private Investorengruppe wurde allerdings laut, dass deren Konstruktion als Unterbau für ein Hotel gedacht sei; dass auch ein Supermarkt und Wohnungen hinzukommen würden, davon war damals allerdings nicht die Rede. „Das wird ein kompletter Stadtteil“, sagt Brugger angesichts der gewaltigen Kubaturen der Baukörper. Hier setzt auch die Kritik des Grazer Architekten DI Christian Andexer an, der gemeinsam mit der Kunsthistorikerin und Autorin der Grazer Kunsttopografie, Dr. Wiltraud Resch, den Masterplan für den Pfauengarten erstellt hat. „Das Problem liegt darin, dass niemand darüber nachgedacht hat, was passiert, wenn das Trigon-Museum nicht kommt. Dem privaten Investor, der sein Geld vermehren will, kann man jetzt kaum Vorwürfe machen: Das Land als ursprünglicher Eigentümer des Grundstücks ist seiner Verantwortung für diesen äußerst sensiblen Bereich der Stadtkrone nicht gerecht geworden – es hätte dieses Terrain nicht dem Verwertungsinteresse privater Investoren überantworten dürfen.“ Das Projekt erfülle zweifellos die Rahmenbedingungen des Masterplanes, dieser selbst musste allerdings die inzwischen Realität gewordenen Unterbauung des Areals zur Kenntnis nehmen. Der letzte freie Platz. Die Ankündigung, dass nun der letzte freie Bauplatz in der Altstadt bebaut werde, entspreche jedenfalls nicht den historischen Tatsachen, der Platz sei – ursprünglich aus militärischen Gründen, um freies Schuss- und Bewegungsfeld für die Kanonen zu haben – immer unbebaut gewesen, so Andexer. Das sei allerdings ein historischer Zufall, schränkt Resch ein: Ab 1830 durften die Befestigungsanlagen prinzipiell verbaut werden, im Fall des Pfauengartens kam es nie dazu. In der Zeit bis 1927 war das Areal, das bis zur Aufhebung der Klöster durch Joseph II Klostergarten gewesen war, Teil des Garnisonsspitals – aus dieser Zeit stammten auch die vor Errichtung der Tiefgarage abgerissenen Holzbaracken, wo den muslimischen Vorschriften entsprechend die Toten der bosnisch-herzegowinischen Regimenter der k.u.k.-Armee gewaschen wurden; danach wurde es von der Gendarmerie genützt. „Man wird sich dran gewöhnen“, stellte ein Besucher der Wettbewerbsausstellung im HDA resignierend fest. Stadtparkbesucher werden sich gerne in den Cafés auf dem Plateau niederlassen und vermutlich wird über kurz oder lang in Vergessenheit geraten, dass sich hier eine der letzten historischen Freiflächen der Stadtkrone befand, in direkter Nachbarschaft der Reste der imposanten Renaissancefestung, an deren Existenz als dereinst identitätsstiftendes Bauwerk der Stadt sich ja auch immer weniger GrazerInnen erinnern. Katharina Dilena, Christian Stenner
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