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Die „slowenische Steiermark“ feiert zwei Jubiläen |
Sonntag, 11. Mai 2008 | |
Die steirischen SlowenInnen finden zwar Erwähnung als Minderheit im
Artikel VII des Österreichischen Staatsvertrages – in der Praxis der
lokalen Politik wurde ihre Existenz aber über Jahrzehnte geleugnet.
Dass es heute dennoch zumindest auf kultureller und sprachlicher Ebene
so etwas wie ein – bescheidenes – Revival der Zweisprachigkeit im
südsteirischen Grenzgebiet gibt, ist dem engagierten Auftreten einer
Personengruppe um den „Artikel-VII-Kulturverein“ zu verdanken, der nun
seit 20 Jahren tätig ist – und mit dem seit zehn Jahren bestehenden
„Pavelhaus“ in Laafeld/Potrna ein höchst vitales Kulturzentrum im
zweisprachigen Gebiet der österreichischen Steiermark betreibt. Von der Beschimpfung bis zur Bombe. „Knapp vor der Gründungsversammlung, die in einem Radkersburger Lokal hätte stattfinden sollen, hat uns der Wirt wieder hinauskomplimentiert“, erzählt der aus Radkersburg-Umgebung stammende Grazer Universitätsprofessor und Initiator der Vereinsgründung, Dr. Wolfgang Gombocz, über die Ablehnung, die den Aktiven damals entgegenschlug; „wir haben den Verein dann im Grazer Schuberthof gegründet“. Die damalige Vereinsobfrau Andrea Zemljic, die zweisprachig aufgewachsen war, wurde als „Windische“ beschimpft. Höhepunkt der Feindseligkeiten war dann zweifellos die an Gombocz adressierte Briefbombe im Dezember 1993, die zum Glück nicht detonierte. Das Eis bricht. Gombocz war dann auch federführend beim Erwerb des Laafelder „Pavel“-Hauses durch den Verein: Der aus Cankova gebürtige Avgust Pavel, slowenischer Sprachwissenschafter, Volkskundler und Dichter, der längere Zeit in Laafeld/Potrna lebte, gilt den Aktiven als Musterbeispiel einer „multiplen Identität“. Das Haus wurde vom Verein in mühevoller Arbeit restauriert und dient nun seit 10 Jahren als Veranstaltungsort und dem kulturellen Austausch im Grenzgebiet. Seinen ersten Höhepunkt erlebte das Pavelhaus knapp nach seiner Eröffnung 1998: Damals trafen dort der damalige slowenische Präsident Milan Kucan und der österreichische Nationalratspräsident Heinz Fischer zusammen – „ein Ereignis, das trotz seiner weit über die Region hinausgehenden Bedeutung von den steirischen Medien schlichtweg ignoriert wurde“, ärgert sich der Grazer Fotokünstler Branko Lenart, Langzeitobmann des Vereins zwischen 1994 und 2007, noch heute. Das Eis war endlich gebrochen, nachdem die damalige Landeshauptfrau Waltraud Klasnic das Pavelhaus zweimal besucht hatte, „dann kamen auch die Bürgermeister der Region“, erinnert sich Lenart. Einer der größten Erfolge des Artikel-VII-Kulturvereins: 2003 bekam er endlich Sitz und Stimme im damals neu zusammengesetzten slowenischen Volksgruppenbeirat. 331 Slowenisch-SchülerInnen. „Auch beim Sprachunterricht“ – einem weiteren zentralen Anliegen des Vereins – „ist einiges weitergegangen“, sagt die neue Vereinsobfrau Mag.a Susanne Weitlaner. Von 1929 bis 1995 gab es in der Steiermark keine einzige Schule, an der Slowenisch – nicht einmal als Freifach – unterrichtet wurde; „nun ist Slowenisch an der Hauptschule Arnfels Wahlpflichtfach, aus Ehrenhausen gibt es diesbezüglich auch positive Signale“. Zudem wird Slowenisch an einigen Volks- und Hauptschulen der Bezirke Radkersburg, Leibnitz und Deutschlandsberg, aber auch an einer Schule im Bezirk Feldbach und an der HBLA für Forstwirtschaft in Bruck/Mur als Freifach unterrichtet – insgesamt 331 SchülerInnen besuchen im Schuljahr 2007/2008 den Slowenischunterricht. Ein besonderes Standbein hat sich der Verein aber mit dem Pavelhaus geschaffen. „Auch wenn Multikulti in Graz einfacher ist“, lacht der Vereins-Geschäftsführer und Programm-Verantwortliche Mag. Michael Petrowitsch, „spannender ist es hier vor Ort.“ Ein wichtiges Element der Verständigung mit dem lokalen Umfeld ist der zweisprachige Pavel-Haus-Chor, in dem auch Slowenen von der anderen Seite der Staatsgrenze mitsingen. Zu den oft avantgardistischen Ausstellungen und Kulturveranstaltungen (das Pavelhaus war wiederholt Kooperationspartner des steirischen herbst und nimmt auch an der Regionale08 mit zehn Projekten teil) kommen dagegen BesucherInnen oft von weit her. Alles in allem ist das politische Klima für die steirischen SlowenInnen heute viel freundlicher als vor zwei Jahrzehnten; dass dazu neben den Vereinsaktivitäten auch die veränderten internationalen Rahmenbedingungen, vor allem die Konstituierung Sloweniens als eigene Republik und sein EU-Beitritt beigetragen haben, ist allen Beteiligten klar. Und so kann Weitlaner erleichtert feststellen: „Im Gegensatz zu den frühen neunziger Jahren schämt sich heute in der Gegend kaum jemand mehr für seine slowenischen Wurzeln.“ Christian Stenner Jubiläumsfest „10 Jahre Pavelhaus“: 31. Mai, ab 16:00, Laafeld/Potrna 30. Es singt der Pavelhauschor, danach gibt’s slowenische Jazzmusik.
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