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Bild, einen Nagel darin einzuschlagen |
Sonntag, 11. Mai 2008 | |
Am Beginn ihrer künstlerischen Karriere organisierte Yoko Ono
Happenings wie eine Ausstellung unbemalter Leinwände in Tokyo. Zu
Beginn der Sechzigerjahre trat sie als Aktionskünstlerin hervor, u. a.
mit Cut Piece (1962). Ende der 1960er Jahre folgten Experimentalfilme
wie Bottoms (1966), Rape (1969) und Fly (1970). Mit John Lennon
veranstaltete sie Happenings für Love and Peace und mit ihm gründete
sie die Plastic Ono Band. Dass sie die Beatles auf dem Gewissen hätte,
ist ein Mythos, den manche Musikkritiker vielleicht noch pflegen, sie
selbst, heißt es, kultiviert auch heute noch ihr Image als Witwe von
John Lennon. Internationale Präsenz als Konzeptkünstlerin. Vor allem aber ist Yoko Ono als Konzeptkünstlerin international präsent und regelmäßig sind neueste Arbeiten auch in österreichischen Ausstellungen zu sehen. Über Vermittlung des vormaligen Vorstandes des Österreichischen Skulpturenparks und Hans-Peter Wipplinger, Geschäftsführer des Kunst- und Kommunikationsbüros art: phalanx, kam es zu einer Schenkung Yoko Onos an den Österreichischen Skulpturenpark am Landesmuseum Joanneum: Painting to Hammer a Nail in /Cross Version 2005 ist die jüngste Version des Konzeptes Painting to Hammer a Nail in von 1990, 1999, 2000. Nicht ganz unerwartet waren während einer Ausstellung dieser Arbeit in Passau vor drei Jahren die obligaten Blasphemie-Vorwürfe erhoben worden, eine Reaktion, wie sie meistens unüberlegt und vorschnell aus konservativ religiöser Richtung kommt und der aktuell etwa eine Radierung von Alfred Hrdlicka aus dem Diözesanmuseum in Wien weichen musste (dort waren es fundamental christliche Organisationen aus den USA, die ihren Einfluss in Europa geltend machen konnten). Handlungsanweisung als Teil des Kunstwerks. Die Installation Painting to Hammer a Nail in /Cross Version 2005 ist nun jedenfalls im Skulpturenpark zu sehen und der Titel mit Bild (oder Malerei) verweist auf einen bis in die 1960er Jahre noch bestehenden repräsentativen Aspekt als Abbild von Wirklichkeit. In der Tat erinnern die drei Kreuze auf dem Hügel an das eine Bild von Golgotha, das wir als imaginäres gewissermaßen verinnerlicht haben und von dem wir nach unserer religiösen Konditionierung glauben, es wiederzuerkennen. Und im religiösen Sinn sollen wir das auch. Aus dem Verständnis gegenüber Kunst dagegen sollte man zunächst eher vom Prinzip der Abstraktion ausgehen: Wer weiß wirklich, wie die historisch wirkliche Situation abzubilden wäre, und so bleibt gegenüber jedem Bild nur festzustellen, dass individuelle Vorstellungen jeweils einer Darstellung aufgrund wie immer zustande gekommener Übereinkunft, speziell der Golgotha-Situation, entsprechen können. In Yoko Onos Installation kommt nun ein weiterer Aspekt hinzu, der den Diskurs- oder Interpretationsrahmen erweitert. Die Handlungsanweisung (ein Prinzip in Zusammenhang mit Fluxus und Happening), einen Nagel (in dieses Bild) einzuschlagen. Und hier kommt es einmal mehr zum Konflikt des/der Handelnden mit der christlichen Bildtradition und ihres/seines Selbstverständnisses als RezipientIn eines Kunstwerks. Was haben die drei Kreuze wirklich (?) mit den wirklichen (oder wahren) der Überlieferung gemein außer einer Ahnung um die Form? Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. Eine der großen Qualitäten dieser Arbeit von Yoko Ono ist eben die nicht zu vermeidende Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit (und sei es die des Glaubens) und deren wirklichem Ab-Bild, die in der einen Richtung in das religiös-mythologische Pop-Art-Problem um das Schweißtuch der Veronica (Vera Icon) führen kann und andererseits in Wirklichkeitsdiskussionen des radikalen Konstruktivismus und die Simulakren-Hypothese bei Günther Anders und Jean Baudrillard. Der Kärntner Autor Florjan Lipuš beispielsweise behandelt das Problem des Kreuzes in seiner Erzählung Die Beseitigung meines Dorfes (Klagenfurt 1997), wo er vom Auffinden zweier Balken erzählt, die mühsam mit Ochsen zur Kirche transportiert werden, und kaum legt man die Balken über Kreuz, erfahren sie einen kaum erklärbaren Wandel in das mächtige Zeichen, was so nur in unserer Kultur geschehen kann. Nicht anders geht Yoko Ono mit der Macht dieses Zeichens um. Allein die formale Konstellation scheint schon allen bekannten Kontext zu evozieren und löst damit alle Konflikte um Ort, Reproduktion, Wirklichkeit und Wahrheit aus, umso deutlicher, als man nach Intention der Künstlerin aufgefordert ist, einen Nagel einzuschlagen. Die erforderlichen Werkzeuge – Nägel, Hammer – sind Teil des Kunstwerks. In ihrem Begleittext beschreibt Elisabeth Fiedler (Leiterin Skulpturenpark) Geschichte und Intention, die zunächst den Status des Kunstwerks selbst thematisierte: „Handelte es sich bei der ersten Version unter dem Titel Painting to Hammer a Nail in aus dem Jahr 1966 um eine Leinwand, in die vom Publikum Nägel eingeschlagen werden sollten, so zielt Ono in der Cross Version auf das Erinnern ab, auf die Verbindung von individuellem und kollektivem Gedächtnis, sie befasst sich mit Zeit und der Frage nach Existenz.“ Seit 1. April ist der Österreichische Skulpturenpark, Thalerhofstraße 85 in Unterpremstätten, bei freiem Eintritt geöffnet. Informationen unter www.skulpturenpark.at. Wenzel Mraček
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