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Weben, was man nicht sieht |
Sonntag, 11. Mai 2008 | |
Das Werk von Dieter Roth, einem der großen Universalkünstler des 20.
Jahrhunderts, ist vielfältig und vereint auf souveräne Weise Literatur,
Zeichnung, Skulptur, Druckgrafik, Buchkunst und Neue Medien. Zwischen
1974 und 1997 entstanden in Zusammenarbeit mit der österreichischen
Künstlerin Ingrid Wiener – und anfangs noch mit Valie Export – auch
fünf gewebte Teppiche. Das Kirchner Museum Davos führte nun erstmals
die Teppiche zusammen und zeigt in der Neuen Galerie auch die
unterschiedlichen Materialien, die untrennbar zu dem fast 25 Jahre
umspannenden Projekt gehören. Aus einer Serviette. Polaroids, Zeichnungen von Gegenständen, Orten oder Mustern, sogenannter „flacher Abfall“ wie Quittungen und Verpackungsmaterial, Faxe, Videobriefe und schließlich die Kopiebücher, in denen die Künstler all diese Materialien dokumentierten, fanden in den Teppichen ihren Niederschlag. „Der erste Entwurf, den wir von Dieter Roth bekamen, war eine Serviette mit Alltagsspuren“, erzählt Ingrid Wiener. Das anfängliche Erstaunen wich bald einer intensiven Auseinandersetzung der beiden Künstlerinnen mit dem Stück Stoff unter unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Daraus entstand schließlich der Gobelin Bertorelli B (1974–1976). Man war vom Ergebnis begeistert und beschloss, die Zusammenarbeit, die von einer großen geografischen Distanz geprägt war, fortzuführen. Ab Teppich Nr. 3 (1987–1990) bearbeiteten Wiener und Roth jeweils kleine Ausschnitte ihrer jeweiligen Wirklichkeit, die als gewebte Rechtecke in der Größe eines Reisewebstuhls Gestalt annahmen. Der 4. Roth-Wiener-Teppich sollte sich schließlich in Form einer Installation aus acht mal acht Einzelteilen zu einem Ganzen zusammenfügen. Das Flächige hinter sich zu lassen, eine Teppich-Skulptur zu schaffen, war schließlich das Konzept hinter dem Teppich Nr. 5, der jedoch ein Fragment blieb. Das Gewebte als Gebilde anerkennen. Die Emanzipation bzw. Gleichberechtigung weiblicher Kulturtechniken ist der Neuen Galerie Graz immer ein besonderes Anliegen gewesen. In den letzten Jahrzehnten haben von Eva Hesse bis Rosemarie Trockel, von Gadha Amer bis Cosima von Bonin, von Maria Hahnenkamp bis Petra Maitz viele Künstlerinnen ihre Bilder genäht und gewebt, also das Gewebe gleichwertig mit dem Gemälde als Gebilde anerkannt. All diese Künstlerinnen hat die Neue Galerie in Gruppen- oder Einzelausstellungen bewusst unter diesem Aspekt gezeigt oder Werke von ihnen erworben. Mit den im Jahr 2006 gezeigten Traumzeichnungen von Ingrid Wiener und ihren nun zu sehenden Gemeinschaftsarbeiten mit Dieter Roth knüpft die Neue Galerie an diesen Schwerpunkt an. Bis 1. Juni im Salon und im Spiegelsaal der Neuen Galerie Graz. kd
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