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Woche der Landwirtschaft: „Lebensmittel fallen nicht vom Himmel“
Samstag, 10. Mai 2008
Die markanten und für den Verbraucher spürbaren Preissteigerungen bei vielen Lebensmitteln seit dem vergangenen Jahr haben nicht nur in Österreich heftige Diskussionen ausgelöst. Die traditionell Ende April abgehaltene „Woche der Landwirtschaft“ wurde von den Vertretern des Bauernstandes diesmal dafür genutzt, um einseitige Perspektiven, die den Landwirten den Schwarzen Peter für die Verteuerung zuschieben, zurückzuweisen. Die in Handel und Gastronomie gestiegenen Preise sind nur zum kleinen Teil im Säckel der Landwirte angekommen.

Unter dem Motto „Unsere Lebensmittel fallen nicht vom Himmel“ war man in zahlreichen landesweit stattfindenden Veranstaltungen bestrebt, den Wert der heimischen Lebensmittel ins rechte Licht zu rücken, wie Landwirtschaftskammer-Vizepräsident Hans Resch hervorhob: „Der Wert und die hohe Qualität der heimischen Lebensmittel als ‚Mittel zum Leben‘ müssen stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken.“

Grundnahrungsmittel langfristig kein Teuerungsfaktor.
Die „gefühlten“ Preissteigerungen beruhen auf einer verkürzten Wahrnehmung der Konsumenten, die die lange Zeit stagnierenden Preise als selbstverständlich hingenommen haben. Aktuelle Berechnungen zeigen, dass langfristig von einer überdurchschnittlichen Teuerung nicht die Rede sein kann: „Objektiv betrachtet sind viele Nahrungsmittel im Langzeit-Vergleich sogar preiswerter geworden“, betont der Direktor der Landwirtschaftskammer, DI Winfried Eberl. Das bestätigen Berechnungen der Landwirtschaftskammer beruhend auf Zahlen der Statistik Austria: „Heute bekommt man im Vergleich zum Jahr 1986 für 10 Euro um 54 Prozent
mehr Schnitzel, um 50 Prozent mehr Milch sowie um 100 Prozent mehr Mehl.“
In dieselbe Richtung weist der Anteil an den Gesamtausgaben der Privathaushalte, während heute durchschnittlich nur rund 13% des Budgets für Essen und Trinken ausgegeben wird, waren es 1970 noch 32%, 1980 immerhin noch 27%.

Diskussion um faire Preise für Qualität.
Aus diesem Anlass wurde auch in der Landwirtschaftskammer Graz – moderiert vom Journalisten Johannes Kübeck – eine Podiumsdiskussion zu der brandaktuellen Thematik abgehalten. Während Vizepräsident Hans Resch und die Bäuerin Michaela Hofer aus Halbenrain die Position der bäuerlichen Produzenten vertraten, brachten Dr. Peter Kieswetter, Konsumentenschützer der Arbeiterkammer Steiermark, und die Konsumentin Martha Franz Argumente aus der Sicht der Verbraucher vor. Für mehr Verständnis für den harten Bauernberuf, der „zwar viel Freude macht, aber sehr viel Engagement verlangt“, warb die Jungbäuerin Hofer. Dass ein Angebot von hochwertigen und gesunden Lebensmitteln keine Selbstverständlichkeit ist, betonte Resch, „denn die Sicherung der Qualität und Kontrollen verursachen Kosten“, während in der Gesellschaft sich die Auffassung verbreitet habe, dass Nahrungsmittel tunlichst fast nichts kosten sollen. Kieswetter wandte sich gegen „eine übertriebene Sozialromantik, die das Bild von der naturnahen Produktionsweise in der heimischen Landwirtschaft mitunter etwas zu stark verklärt“.

Herausforderungen in einer globalisierten Welt. Für eine sehr viel bewusstere Einstellung beim täglichen Einkauf plädierte Franz, „der Verbraucher muss selbst Verantwortung für seine Einkäufe übernehmen, wenn er etwas bewegen will“. Aufgrund des unübersichtlichen Marktes sei der Konsument aber auch verstärkt auf fachkundige Beratung angewiesen.
„Die Globalisierung“, so Kieswetter, „hat einen enormen Einfluss auf die Preisbildung auf den Weltmärkten.“ Entwicklungen wie die Verwendung von großen Teilen der Getreideernten in Übersee für Agro-Sprit seien daher sehr kritisch zu betrachten. Daneben trage die EU-Subventionspolitik die Mitschuld am Hunger der Dritten Welt, deren kleinbäuerliche Strukturen dadurch zerstört würden. Gezielte Subventionen seien für die klein strukturierte Landwirtschaft Österreichs weiter unverzichtbar, hielt Resch dagegen, zumal diese einen gesellschaftlich wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege und damit zum Tourismus leiste. Der Biosprit soll in der EU weiterhin ein Nischenprodukt auf den Brachen bleiben: „Wir stehen zur klaren Priorität von Teller vor Trog und Tank.“

Josef Schiffer

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