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Erweiterte Re-Inszenierung des Bewährten – Aneta Greszykowska und Prinz Gholam
Dienstag, 8. April 2008
Beinahe dreißig Minuten dauerte die Performance von Prinz Gholam zu deren aktueller Ausstellung in der Camera Austria. Angelehnt an eine Einstellung aus P. P. Pasolinis letztem Film Saló – Die 120 Tage von Sodom nahm das Künstlerpaar Wolfgang Prinz und Michel Gholam im Prolog zu ihrer Vorführung Posen ein, die denen eines einander zugewandten Paares im Film entsprachen.

Die Zwanghaftigkeit und Brutalität der Filmszene ist in der Performance völlig eliminiert; es bleibt das Tableau Vivant, dem in Fortführung und Einnahme weiterer Posen zwischen Bewegung und Stillhalten durchaus auch sportlicher Charakter anhaftet. Es geht in dieser Aufführung, wie auch in den Fotoarbeiten der aktuellen Ausstellung, aber nicht um die Selbstdarstellung oder Inszenierung von Individuen, vielmehr verschreiben sich Prinz Gholam der Neu-Inszenierung figuraler Konstellationen, wie man sie in der Kunstgeschichte, vor allem der Renaissance, des Manierismus und des Barock findet. Die eingenommenen und überhöhten Posen, die das Duo in seinen Fotografien einnimmt, erinnern etwa an Raffael oder Giovanni Bologna, als gefrorener Augenblick auf die bewegte Figur. Prinz Gholam entwickeln in ihren Bildszenarien in mehrfacher Weise Spannung zwischen Profanisierung und Überhöhung, indem sie sich zumeist spontan für einen gerade vorgefundenen Ort entscheiden, in neutraler Freizeitbekleidung auftreten und die Kamera mittels Selbstauslöser einsetzen. Diesem Prozedere opponiert die eingenommene Pose der beiden, die nun deutlich in einen Bereich der erweiterten Skulptur, in Vermittlung durch Fotografie, reicht.

Schon im Titel Untitled Film Stills (2006) verweist Aneta Greszykowska auf die gleichnamige Serie von Cindy Sherman aus den Jahren 1977 bis 1980. Sherman, die in ihren Fotoarbeiten feministisch motivierte Diskurse um die Dekonstruktion weiblicher Klischees (des männlichen Blicks) thematisiert, komponierte ihre fiktiven Film Stills vergleichbar tatsächlichen, wie etwa den Standfotos aus Hitchcock-Filmen. Mit diesen assoziativen Inszenierungen, in denen sie selbst jeweils eine Rolle einnimmt, befragte sie zwar Konzepte von Meisterschaft, Original und Autorenprinzip, gleichwohl sind ihre Fotografien inzwischen Teil eines kunsthistorischen Kanons, den nun wiederum Aneta Greszykowska aufnimmt, anders als Sherman, aber mittels Farbfotografie. Auch Greszykowska ist selbst im Bild, sieht aber aus wie Sherman, die selbst schon in der Maske ihrer erfundenen weiblichen Figuren auftrat. So ist Greszykowskas Re-Inszenierung nicht einfach mit der zwar üblichen Appropriation als künstlerischer Praxis zu beschreiben, vielmehr findet eine Re-Vision statt, in der Greszykowska die narrative Qualität des Einzelbildes gegenüber einem, ebenfalls nicht klar als solches zu definierenden, Original befragt. Eine weitere ebenfalls in der Ausstellung präsentierte Reihe trägt den Titel „Album“. Darin arbeitet die Künstlerin um die Idee von Wirklichkeit und Fiktionalisierung digitaler Familienfotos, aus denen sie sich selbst herausgelöscht hat.

Die Ausstellung mit Arbeiten von Prinz Gholam und Aneta Greszykowska ist in der Camera Austria, Lendkai 1, 8020 Graz, bis zum 18. Mai zu sehen. Informationen unter www.camera-austria.at
Wenzel Mraček

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