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Die Kunst und ihr Preis – „Österreichs unterbewertetster Künstler“ |
Dienstag, 8. April 2008 | |
Initiiert vom Kunsthistoriker Willi Bongard, der als Wirtschaftsredakteur im Hamburger Wochenmagazin Die Zeit beschäftigt war, wird seit 1968 der Capital-Kunstkompass ermittelt. Grundlage für dieses Ranking bildet seit 1970 ein System, das sich aus Pluspunkten für Einzelausstellungen in renommierten Museen, Beteiligung an Gruppenausstellungen und Rezensionen in Fachliteratur zusammensetzt. Nicht messbar und deshalb unberücksichtigt bleiben in diesem Verfahren Fragen um Qualität beziehungsweise intellektueller Anspruch künstlerischer Äußerungen. Damit beschreibt der Capital-Kunstkompass seinem Namen entsprechend eigentlich nur die Nachfrage um Arbeiten von KünstlerInnen auf dem internationalen Markt. In Österreich veröffentlicht die Zeitschrift Gewinn ihr Kunstbarometer als komprimierte Meinung von 41 österreichischen KunstexpertInnen, die auf Ersuchen der Redaktion alljährlich die Bedeutung und das Potenzial von insgesamt 300 KünstlerInnen bewerten. In der Septemberausgabe 2007 erschien das Kunstbarometer unter der Abteilung Persönliche Finanzen, mit dem die ExpertInnen, so Gewinn, „wertvolle Hinweise“ für „Kauf und Investitionsentscheidungen“ geben. Kriesche führt umgekehrtes Ranking an. Der Grazer Medienkünstler Richard Kriesche, der im publizierten Ranking keine Erwähnung fand, trat darauf mit der Gewinn-Redaktion in Kontakt, die ihm alle Daten der Bewertung zur Verfügung stellte. Und Kriesche fand sich mit deutlichem Abstand an letzter Stelle der 300 gereiht. Auf Basis dieser Daten erstellte er ein umgekehrtes Barometer als Balkendiagramm, das er so als Österreichs unterbewertetster Künstler deutlich anführt. Unter eben diesem Titel ist die Arbeit nun in der Grazer Galerie remixx in der Vitrine 3 der Altstadtpassage ausgestellt und als Auflage von sieben Stück auch zu erwerben. Kriesche empfiehlt den Kauf allerdings nicht, da diese negative Kunstaktie gleichzeitig ihren (Un-)Wert verlieren würde und seine Position im Ranking verändern könnte. In einem dazu formulierten Kommentar „Kunst ist keine Aktie – marktinkompatible Ideen zur Funktion des Kunsthändlers“ hält Galerieleiter Günter Eisenhut fest: „Seit den letzten satten Kursverlusten an den Börsen im Jänner 2008 brummt der Kunstmarkt noch lauter, die Preise haben das Niveau vor dem Platzen der Internet-Blase in den 1990ern überschritten. Kunst als Investment wird mit ähnlichen Argumenten verkauft wie Immobilienaktien im Herbst 2007: Zweistellige Wertsteigerungsraten und dabei überhaupt nicht spekulativ (…) Investment-Magazine bringen Rankings von KünstlerInnen entsprechend der Preisentwicklung ihrer Werke. Kaufinteressenten wollen wissen, was das schöne Bild wohl an Gewinn bringt, wenn es in drei Jahren auf eine Auktion kommt. Sicherheitshalber sehen sie dann noch in ‚artprice.com’ nach und verfolgen monatlich die aktuelle Preisentwicklung des Künstlers anhand seiner Verkäufe und treffen ihre Entscheidung, basierend auf Analysen und Indizes.“ Erkenntnisgewinn. Diesen Entwicklungen hält Eisenhut mit eigenen Interessen und Galerieprogramm entgegen. Er versteht KünstlerInnen „als herausfordernde Seismografen gesellschaftlicher Entwicklungen, als Anreger eigener schöpferischer Kreativität. Ihr Werk als Quelle der Sinnorientierung, intellektueller Anregung, Aufforderung zum Widerspruch und Anlass zur Reflexion eigener Haltungen. Kunstkauf ohne Auseinandersetzung mit den KünstlerInnen und ihren Werken hat keine Nachhaltigkeit und bleibt ohne den öffentlichen Mehrwert, den bewusstes privates Sammeln schaffen kann.“ Mit seiner Arbeit als Galerist möchte Eisenhut ein Bewusstsein für das Sammeln von Kunst als Passion abseits von Gewinnorientierung stärken. Wenn Sammler und Interessierte Gewinn aus der Kunst ziehen, dann sollte dieser vor allem ein Gewinn an Erkenntnis sein. Die Galerie remixx an neuer Adresse: Herrengasse 7, Stiege 1, 8010 Graz, Tel. 0316/82 72 86 und 0664 31 12 169. Wenzel Mraček
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