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ROBIN HUT - Briefe aus Absurdistan |
Montag, 7. April 2008 | |
28. Brief: April 2008 Hallo, alter Freund! Ich habe mir viele Gedanken gemacht über die Frage, die du mir in deinem letzten Brief gestellt hast: „Warum es so unruhig geworden ist hier bei uns in deiner alten Heimat?“ fragst du dich in deiner neuen Heimat am schwarzen Kontinent, wenn du die Erzählungen von Freunden hörst, die dich besuchen kommen, meine Briefe liest oder durch das Internet hier bei uns hereinschaust. Die Menschen hier wirken immer getriebener, immer unruhiger und unzufriedener, hast du gemeint. Ich denke, das hat viele Gründe. Um irgendwo zu beginnen: Es findet tatsächlich ein rasend schneller Wertewandel statt. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Generationen, die einfach nur gemeinsam ein zerstörtes Europa und damit auch Österreich wieder aufbauen konnten, ist Vergangenheit. Seit wieder genug, oder eigentlich sogar mehr als genug, für alle da ist, geht’s eben wieder mehr darum, für sich selbst ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu ergattern. So richtig deutlich geworden ist das hier bei uns in den Neunziger Jahren mit dem Aktienboom. Selbst bei ordentlichen Linken, die es zu etwas gebracht hatten, konntest und kannst du seither den berühmten „Dollar in den Augen“ sehen, wenn es um Aktien geht. Im Berufsfeld vertreten sie weiterhin ordentlich bezahlt die Anliegen der Arbeitnehmerschaft, wenn sie gar eine Rede zu halten haben, tragen sie brav die Fahne sozialer Redlichkeit verbal vor sich her. Nur wenn es darum geht Geld einzusetzen, das ihrer Organisation, ihrer Firma oder auch das eigene redlich Ersparte, da lockt die Rendite. Was können sie denn dafür, dass dort am meisten Geld zu holen ist, wo unter anderem geringe Löhne die Gewinnspanne steigern? Was bleibt einem da anderes übrig, als genau dort zu investieren, wenn man kein Depp sein will. Wird wohl reichen, wenn man bei seinen Reden das Richtige sagt. Nicht dass es bei den bürgerlichen und rechten Freunden was Anderes ist, aber die haben ohnehin immer offen die Anliegen der Wirtschaft vor die der Menschen gestellt. Dort wurde auch früher bestenfalls das materielle Gewinnstreben mit christlicher oder nationaler Barmherzigkeit gekoppelt. Aber auch hier sinkt die Bereitschaft deutlich, jedenfalls im direkten Vergleich geht anteilig heute wesentlich mehr vom Wohlerworbenen ins Investment und dementsprechend weniger in die Barmherzigkeit und die Nachwuchsförderung. Und natürlich bekommt eine solche Gesellschaft unabdingbar, was ihrem Verhalten entspricht: Soziale Risse, weil es halt a bisserl mehr braucht als schöne Reden oder am Sonntag eh noch ab und zu in der Kirche seine Zeit abzusitzen, um den sozialen Zusammenhalt zu sichern. Und natürlich die Politiker, die man sich verdient: Wenn das Allgemeinwohl grundsätzlich wenig interessiert, hat man halt an der Spitze der Sozialdemokratie einen Gusenbauer, der offensichtlich meint, es reicht, dass er Bundeskanzler geworden ist, um den Rest soll sich jetzt wer anderer kümmern. Und auf der anderen Seite den kleinen Napoleon Schüssel, den auch nix interessiert, als die persönliche Macht. Noch nie seit 1945 gab es in Österreich so viele Neuwahlen, wie seit dem Zeitpunkt, als es der „tleine Wolfi“ in die erste Reihe geschafft hatte. Den Rang als bester Intrigant und Hacklschmeißer der österreichischen Politik hat er sich jedenfalls erkämpft, das muss man ihm lassen. So gesehen stimmt auch, was der Herr Schüssel angeblich so gern in der Geschichte über sich festgeschrieben haben möchte: Dass er den Haider entzaubert hat. Nur, was bringt’s uns, dem Fußvolk? fragt sich dein Dein Robin Hut
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