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Verschobene Kinder – Chancen und Grenzen der befristeten Unterbringung
Montag, 7. April 2008
Aufgefallen - von Christian Theissl. Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark

Ein Kind von seinen Eltern zu trennen und es, wie es im Fachjargon heißt, „fremd unterzubringen“, bedeutet für alle Beteiligten „Ausnahmezustand“. Dabei können die Gründe für eine Fremdunterbringung verschieden sein: beispielsweise schwer desolate Verhältnisse oder Gewalt in der Familie, mangelnde Erziehungskompetenz der Eltern.


Zu dieser Thematik fand am 6. März die Fachtagung „Verschobene Kinder“ im Raiffeisenhof Graz statt. Die Veranstalter, SOS-Kinderdorf, Pflegeelternverein Steiermark und Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark, luden Expertinnen aus Österreich und Deutschland ein, die im Rahmen ihrer Impulsreferate thematische Schwerpunkte setzten.
Die hohe Teilnehmerzahl aus dem Kreis von Sozialarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen von Jugendeinrichtungen bestätigte, dass „befristete Fremdunterbringung“ ein brennendes Thema ist.
Dr.in Nicola Gragert vom Deutschen Jugendinstitut in München stellte in den Vordergrund, dass die Mitwirkung von Kindern bzw. Jugendlichen, und besonders auch der Eltern, für den nachhaltigen Erfolg von Fremdunterbringung von entscheidender Bedeutung sei. Das immer wieder zu beobachtende Drohen mit Macht durch die Jugendwohlfahrt sei, so Gragert, definitiv kontraproduktiv.
Auch Oliver Hardenberg, Psychotherapeut und Gerichtsgutachter, Münster, stellte klar, dass nicht nur die Diagnose des Kindes, sondern besonders auch der Eltern, im Rahmen von Gutachten, wesentlich für die Beurteilung dessen sei, was dem Wohle des Kindes diene. Er unterstrich auch die Forderung seiner Vorrednerin nach grundsätzlicher Einbeziehung (Partizipation) der Eltern wie der Kinder/Jugendlichen in allen Phasen des Prozesses der Fremdunterbringung. Deutlich wie eindringlich umriss er auch die Kriterien eines professionellen Gutachtens, wobei eine Dauer von unter drei Monaten Grundbedingung sei.
Die Wiener Familienrichterin
Mag.a Doris Täubel-Weinreich strich vor allem hervor, dass für Entscheidungen betreffend Obsorge Gutachten von ganz entscheidender Bedeutung seien. Daher wäre die Qualität von Gutachten ganz essentiell für eine „gute“, also dem Wohle des Kindes dienende, Entscheidung des Gerichtes.
In beiden Podiumsdiskussionen wurde deutlich: Unter den professionellen Helfern sind sowohl Einsatz wie auch Kompetenz kein Thema. Aber für die längst notwendige, intensivere Beschäftigung mit dem „Umfeld“ – und dabei vor allem mit den Eltern – braucht es dringend vor allem eines: mehr Ressourcen!

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