Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Hohe Latte
Sonntag, 10. Februar 2008
Die Einschätzung von Martin G. Wanko lautet ungefähr so: Er ist jener österreichische Jungautor, dessen Präsenz in den Medien in magisch umgekehrtem Verhältnis zur kritischen Auseinandersetzung mit ihm steht.

Konsequent macht Wanko ein Beiwerk des Literaturbetriebes – das Antichambrieren, das Keilen, das Durchsetzen von Publizität – zum Kern seiner Arbeit. Er ignoriert die verschämte Differenz zwischen Kunstwerk und Anerkennung, zwischen Qualität und Erfolg. Schon wegen dieses radikalen Ansatzes ist Wanko ein sehr beunruhigender, gegenwärtiger Schriftsteller. Aber jetzt hat dieser literarische Provokateur der ökonomischen Anpassung für das TiK (Theater im Keller) den ersten von vier Teilen einer Sitcom „Familie Penner“ geschrieben, bei der „die Lacher“ live so prompt und laut kommen, wie sie im Fernsehen aus der Konserve zugespielt werden. Das ist allerhand, auch technisch.

Wurzeln bei Bauer. Die Auseinandersetzung mit jungen Dramatikern in Graz ist dem Theater im Keller hoch anzurechnen. Die TiK-Truppe gibt eine kongeniale, gut gelaunte Besetzung für „Der Zeugnistag“ ab, ob Bernd Sracnik als Hobbyaquarellist und Bestattungsbeamter Heinz oder Ulli Emmer, seine tüchtigere (und sinnlichere) Frau „Isolde“. Dazu Patrick, der Theologiestudent, der sich davor drückt, das Elternhaus zu verlassen, und Katharina (Carina Fromm), die ihr Zeugnis in der Straßenbahn „vergisst“. Wenn die meschugge Erbtante (perfekt Liselote Slippek) auf ihren Feind Onkel Heinz trifft, der vom Sozi zum Aktionär mutiert ist, wird das genial gesteuerte Chaos perfekt – vor allem, wenn Bernd Sracnik mit seiner „Isolde“ Ulli Emmer ständig „riesige Geräte“ rauchen muss, um dem experimentierenden Töchterchen den Geschmack am Hasch zu verleiden. Die dramatischen Wurzeln reichen bis Wolfgang Bauer … Wanko hebt geschickt Familienarchetypen aus dem Unterbewussten, lässt sie im Gelächter ihren Schrecken (vorübergehend) verlieren, bleibt dabei aber Familienmensch genug, um über die Absurdität hinaus die therapeutische Funktion solcher Serien nicht zu vergessen. Die Regie von Alfred Haidacher ist liebevoll-witzig bis ins Detail hinein; für das Timing hätte anfangs vielleicht auch etwas weniger Druck genügt. Eine hohe Latte für Martin G. Wanko, der noch drei Folgen liefern muss, und ein großer Spaß für die Zuseher.
W.H.

„Familie Penner“ noch am 13., 14., 15., 16., 20., 21., 22., und 23. Februar 2008 im TiK - Theater im Keller zu sehen.

» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >