Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Die Wärme, die aus dem Kanal kommt
Sonntag, 10. Februar 2008
Bei der Erschließung neuer Energiequellen sind dem Forscherdrang scheint’s keine Grenzen gesetzt, wie das EU-Projekt WasteWaterHeat, an dem die Grazer Energieagentur federführend beteiligt ist, vor Augen führt.

Die warmen Abwasserströme von Kommunen und Betrieben mit – je nach Jahreszeit – einer Temperatur von 10 bis 20 °C stellen, so die Wissenschaftler, eine kontinuierlich verfügbare Wärmequelle mit großem Potenzial dar. Außerdem können diese auch als Energiesenke zum Kühlen verwendet werden, sodass die Temperaturdifferenzen mit Wärmepumpen sowohl für die Wärme- als auch die Kälteerzeugung in Gebäuden genutzt werden können.

Zukunftsweisende Forschung. Auf der ganztägigen Infoveranstaltung zum Thema „Wärme und Kälte aus Abwasser“ informierten Experten aus dem In- und Ausland über die Einsparungen, die mit Hilfe dieser Wärmeenergie-Gewinnung in Zukunft ermöglicht werden. Das Projekt wurde gemeinsam mit Partnern aus Deutschland, Norwegen und Schweden durchgeführt, wodurch unterschiedliche Erfahrungen mit der Technologie und den Möglichkeiten in das Projekt einfließen können. Vor allem in Schweden und in Norwegen wurden, so der Projektverantwortliche DI Daniel Schinnerl, bereits langjährige Erfahrungen mit unterschiedlichsten Systemen der Abwasserwärmenutzung gemacht.

Massive Einsparungen möglich. Als ihre vorrangige Aufgabe sieht die Grazer Energieagentur, die Wärmenutzung von Abwasser in Österreich bekannter zu machen und vor allem Gemeinden mit ihren Argumenten von einer Investition in diese neue Technologie zu überzeugen. Die gesamte Wärmemenge, die aus Österreichs Abwasser jährlich gewonnen werden könnte, belaufe sich auf bis zu 450 GWh/a, bei der Kühlung auf bis zu 360 GWh/a, betont Schinnerl. Das entspreche in etwa dem Wärmebedarf einer Bürofläche von 3,4 Millionen Quadratmetern sowie der Kühlmenge von 11 Millionen Quadratmetern. Damit verbunden wäre eine Einsparung von rund 200.000 Tonnen CO2, rechnet der Fachmann vor.

Vorbild Schweiz. Ein Vorreiter dieser neuen Technologie in Europa ist u.a. die Schweiz, denn dort sind bereits 28 Abwasserwärme-Nutzungsanlagen in Betrieb. Diese Anlagen versorgen beispielsweise kommunale Gebäude, Wohnhausanlagen, Betriebsgebäude oder auch Fernwärmenetze mit umweltschonender Wärmeenergie. In Uster (Kanton Zürich) wird das Abwasser der Kläranlage als Energiequelle genutzt, sodass 52 Wohneinheiten in drei Gebäuden mit Raumwärme und Warmwasser versorgt werden können, was insgesamt Einsparungen an Erdgas in Höhe von 170.000 Nm3 pro Jahr entspricht.

Pilotanlagen in Österreich. In Österreich sind derzeit erst wenige Pilotprojekte in Betrieb. Eines davon ist die zentrale Krankenhauswäscherei in Graz, die über einen Wärmetauscher mit Energie aus dem betrieblichen Abwasser versorgt wird. Ob sich die Investition lohnt, hänge vom Projekt, der Finanzierungsart und der technischen Machbarkeit ab, führten die Spezialisten auf der Fachtagung in Graz aus: Den relativ geringen Wartungskosten stehen derzeit noch hohe Investitionen gegenüber. Die Entwicklung von ausgereiften Serienfertigungen könnte aber auch diese beträchtlich senken, so DI Hubert Mauz (Fa. Uhrig) und Christian Gelhaus (Fa. Hans Huber AG), sodass diese Alternative für viele Gemeinden und Betriebe sehr bald interessanter werden könnte.
js

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