Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
ROBIN HUT - Briefe aus Absurdistan
Sonntag, 10. Februar 2008
26. Brief: Februar 2008

Hallo, alter Freund!

Ich hoffe, du bist halbwegs in Sicherheit in deinem Buschdorf im Grenzgebiet zwischen Tschad und Nordkenia. Dort also, wo sich auf der einen Seite der Grenze die österreichische Friedenstruppe gleich nach ihrer Ankunft im Keller ihres Hotels verschanzt hat, um so den Frieden wenigstens noch für sich selbst zu sichern. Und auf der anderen Seite Tag für Tag hunderte Menschen grausam niedergemetzelt werden und tausende auf der Flucht sind.

Alte Stammesfehden sind es, die da wieder aufflammen, schreibst du mir in deinem letzten Brief; auch wenn du natürlich zu Recht anführst, wie dünn denn da die Decke der Zivilisation über den Traditionen eigentlich ist, liegt es mir dennoch fern auf die Afrikaner hinabzusehen. Allzu deutlich sind da die Beispiele auch bei uns im Herzen Europas. Und naturgemäß sind es vor allem die konservativen und rückwärts gerichteten Politiker rechts bis sehr weit rechts der Mitte, die eben – nomen est omen – in den alten Vorstellungen verharren. So haben wir nach der kürzlich erfolgten Gemeinderatswahl in Graz nun eine FPÖ-Stadträtin, die ihren Wahlkampf damit bestritt, uns zu erklären, dass „Neger" (O-Ton) von Natur aus hinter uns als Herrenrasse zurückstehen und Muslime Kinderschänder seien. Derartige Behauptungen sollten zwar in den letzten Jahrzehnten gerade in der Stadt der Volkserhebung wirklich aufgearbeitet sein, aber ich gestehe, dass auch ich nicht frei von Vorurteilen bin. Zumindest hat es diese Dame tatsächlich geschafft, dass sich das alte, längst überwunden geglaubte Vorurteil bezüglich der Intelligenz von Blondinen wieder massiv in den Vordergrund drängt.

Was konservativ auch heißen kann, führen uns zur selben Zeit die Vorschläge des ÖVP- Generalsekretärs vor Augen: Auch wenn sein Parteikollege in Hessen damit eine Wahlschlappe der Sonderklasse erlitten hat, besteht er auf der Idee, straffällig gewordene Jugendliche in Umerziehungslager zu stecken. Wobei er der Effizienz halber als Fundi-Gegner der Gesamtschule insgeheim sicher daran denkt, einfach die Hauptschulen mit Mauern und Stacheldrahtzäunen einzufrieden, so könnte man auch gleich die Kosten niedrig halten. Und während dann praktischerweise der Nachwuchs seiner Lieblingskoalitionspartner vom ganz rechten Eck ohnehin gleich drinnen wär, könnte man ja andere per Gerichtsurteil einweisen: Den Managersohn, der besoffen mit Papas Auto jemanden überfährt etwa, ist ja immerhin schwere Körperverletzung oder schlimmstenfalls sogar Totschlag. Oder gilt der Vorschlag auch schon für Eigentumsdelikte, muss also auch das Millionärstöchterlein, das zur Finanzierung des Kokainkonsums Ladendiebstähle begeht, ins Umerziehungslager? Oder setzen wir die Untergrenze für ein Umerziehungslagerdelikt gar schon bei blödem Stänkern im öffentlichen Raum und regeln das halt ähnlich wie mit dem Alkoholverbot am Grazer Hauptplatz – wer eine Krawatte trägt darf und wer am Jakominiplatz nach Ausländerkind ausschaut muss ins Umerziehungslager?

Also noch vieles unklar, aber was ich vor allem nicht verstehe: Gibt es solche Erziehungslager dann auch für Politiker?

 

 

Fragt sich

Dein Robin Hut

» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >