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Visionen und Analysen zur Situation der Menschenrechte in Europa. |
Mittwoch, 12. Dezember 2007 | |
Das Projekt „Land of Human Rights" steht am Beginn seiner dreijährigen Laufzeit als transnationale Kooperation des Kunstverein <rotor> mit fünf anderen Kunstinitiativen aus Ljubljana, Zagreb, Budapest, Ústí nad Labem und Dresden (siehe Artikel auf Seite 22). Am Freitag den 30.11. und Samstag den 1.12. fand in diesem Rahmen eine internationale Konferenz mit dem Titel „Künstlerische und aktivistische Strategien zur Sichtbarmachung von Menschenrechten" statt. KünstlerInnen, AktivistInnen und TheoretikerInnen aus ganz Europa sowie ein Gast aus New York berichteten über ihre Strategien und Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit Menschenrechten. Ein immer wieder kehrendes Thema war jenes der Illegalisierung von Mig- rantInnen und der damit verbundene Verlust der Menschenrechte. Zu oft werden Menschenrechte nur als Bürgerrechte wirksam und demnach nur für BürgerInnen eines bestimmten Staates anerkannt. Rund um die Frage, wie solche unsichtbare Politiken sichtbar gemacht werden können, wurde einer interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit geboten, Einblicke in unterschiedliche Praxen der Selbstorganisation und Repräsentation zu gewinnen.
Die Autonomie der Migration und ihre Widerstände gegen Illegalisierungspraxen. Wie sich der Ausschluss an gesellschaftlicher Teilhabe für illegalisierte MigrantInnen auswirkt und wie schwierig es ist, sich unter den Bedingungen der Illegalisierung zu organisieren und für seine Rechte einzutreten, wurde im Vortrag von Spitou Mendy, senegalesischer Aktivist der andalusischen LandarbeiterInnengewerkschaft SOC („Sindicato de Obrer@s del Campo"), deutlich. Seit den progromartigen Ausschreitungen gegen die migrantischen LandarbeiterInnen im Februar 2000 in El Ejido in der andalusischen Provinz Almería leistet die basisdemokratisch orientierte SOC verstärkt Unterstützung. Almería ist das Zentrum der industriellen Gemüseproduktion, das mit den Gewächshäusern ein 35.000 Hektar großes Plastikmeer darstellt, in dem zum Großteil illegalisierte MigrantInnen aus afrikanischen Ländern arbeiten. Neben der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen stellt dort insbesondere die Ausbeutung einer unsichtbar und rechtlos gemachten migrantischen Arbeitskraft die strukturelle Basis der kapitalistischen Mehrwertschöpfung dar. Mit Spitou Mendy sprach für KORSO Laila Huber.
Wofür steht die SOC? Die SOC hält daran fest, dass kein Mensch illegal ist und f ordert daher seit 2000 „Papiere für alle". Die SOC ist seit 2000 in dieser Kampfstimmung für Menschenrechte, für die sozialen Rechte der immigrierten Arbeiter, die nicht die Möglichkeit hatten in die Schule zu gehen und europäische Sprachen zu lernen und die in ein Milieu kommen, das nicht das ihre ist, weswegen sie anfangs etwas verloren sind. Die Errichtung der SOC-Lokale baut auf dieser Grundannahme der Wiedereingliederung, der Orientierung und Bildung der Arbeiter auf.
Wie war Ihr Parcours bis zur SOC? Ich war Lehrer, ich war Generalsekretär in der Lehrergewerkschaft in Senegal und als ich in Spanien, in Almería ankam, begann ich in den ersten zwei Monaten nach Anknüpfungspunkten für eine Weiterführung meines Kampfes zu suchen. Ich habe mit der Bibliothek begonnen, um Bücher zu finden, dann habe ich nach einer gewerkschaftlichen Struktur gesucht, die meinen Vorstellungen entspricht … und vier Jahre später, als ich vergangenes Jahr meine Papiere bekam, haben sie mir vorgeschlagen für die SOC zu arbeiten. Davor habe ich in der Landwirtschaft, im Bauwesen, im Hotel und auch als Schafhirte gearbeitet. Das ist die Erfahrung eines Migranten, man hat keine spezifische Qualifikation, weil man von uns keine verlangt – das ist das System der fragilsten Arbeitskraft ohne Qualifikation.
Welche Probleme gibt es im Versuch der Organisierung der illegalisierten ArbeiterInnen? Das Problem der Immigranten ist der Analphabetismus, der Mangel an Wissen, und daher haben sie keine gewerkschaftliche Kultur. Sie kommen aus Ländern, wo sie nie in größeren Kollektiven gearbeitet haben, sie kommen häufig aus Familienbetrieben, in denen sie mit den Eltern arbeiteten und da gab es keine Notwendigkeit zur Gewerkschaftsbildung, daher ist ihnen die Politik des sozialen Kampfes unbekannt. Wenn sie also hierher kommen, sind sie eingeschüchtert. Die SOC geht in die Häuser, spricht mit den Leuten, erklärt und ermutigt.
Was ist zurzeit die wichtigste Herausforderung für die SOC in Almería? Die SOC in Almería braucht einige Faktoren, damit sie wirklich das ist, was sie seien möchte. Es ist schwierig, denn uns fehlt es an Personal, wir haben nicht das Geld, um mehr Leute anzustellen. Auch die SOC von Sevilla ist in Schwierigkeiten. Vorher erhielt sie Subventionen von der andalusischen Regierung, aber da die SOC nicht kooperiert sondern angreift, werden die Förderungen gestrichen.
Wie ist das Verhältnis zur spanischen Mehrheitsgesellschaft - gibt es auch Kooperationen? Das Verhältnis ist gespannt – mit den zentralen Landwirtschaftlichen Vereinigungen zum Beispiel: Die schauen uns schief an, da wir den illegalisierten Arbeitern ihre Rechte lehren, das heißt, dass die Arbeitskraft mit Wissen ausgestattet wird und ihre Rechte einfordern wird. Das gefällt dem Landwirt nicht, denn er möchte eine fügsame Arbeitskraft. Als Partner haben wir das Sozialforum von Almería, das einige Initiativen versammeln sollte, aber leider kommen wenige Leute. Wir haben eine Allianz mit der UGT-A („Unión General de Trabajadores de Andalucia"), wir sind im gleichen Gebäude untergebracht. Sie unterstützen uns gelegentlich, beispielsweise wenn wir eine Pressekonferenz machen, begleitet uns jemand von der UGT-A, da wir, wie gesagt, wenige Leute sind. Wichtig für die Sichtbarmachung der Situation der illegalisierten und ausgebeuteten LandarbeiterInnen ist u.a. die Zusammenarbeit der SOC mit dem Europäischen BürgerInnenforum (EBF), das seit sieben Jahren auf europäischer Ebene Solidaritätskampagnen organisiert.
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