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Vom Federkiel zur DigiCam - Der Archivar als "Künstler"
Mittwoch, 12. Dezember 2007
Auf Papier und Pergament haben schriftliche und bildliche Quellen in den Archiven im Gegensatz zu vielen anderen Gegenständen des Alltags die Jahrhunderte überdauert: Hinter dem, was sich zunächst nach öden und wahllos gesammelten Papierbergen anhört, verbergen sich jedoch interessante Geschichten und Schicksale – das wird bei näherer Betrachtung nicht nur dem Historiker bewusst.

Die Methoden der Aufbewahrung und Sicherung von Zeugnissen der Vergangenheit waren im Laufe der Zeit allerdings mannigfaltigem Wandel unterworfen. Unter dem Motto „Archive als Dienstleister in der Informationsgesellschaft" gingen am 8. und 9. November im Steiermärkischen Landesarchiv über 140 Archivarinnen und Archivare aus Österreich und den Nachbarländern den brennenden Fragen moderner Archivarbeit nach, um sich über den aktuellen Forschungsstand auszutauschen.

 

 

Dienstleister für die Informations-Gesellschaft. „Die Archive sind das Gedächtnis einer Gesellschaft – das gilt nicht nur für banale Rechtsakten und Finanzrechnungen", betonte Landeshauptmann Mag. Franz Voves bei der Eröffnung der Archivarstagung im neuen Gebäude am Karmeliterplatz: „Unsere Kultur und Identität sind in den gesammelten Beständen in konzentrierter Form für kommende Generationen bewahrt worden."

Durch die Beschäftigung mit den Dokumenten wird die Vergangenheit wieder lebendig und spricht zu uns von den Schicksalen der Menschen und ihrer Mentalität, erklärte Voves: „Was wir über die Geschichte unseres Landes wissen, gründet sich zum Großteil auf die im Steiermärkischen Landesarchiv und anderen Archiven gesammelten Urkunden und Dokumente."

 

Auf dem Weg ins digitale Zeitalter. Heute ist im Gegensatz zu früheren Zeiten der Zugang zu den Archiven für Forschung und Bürger ohne weiteres möglich, hebt Dr. Josef Riegler hervor, der als Präsident des Verbandes Österreichischer Archivarinnen und Archivare sowie als Direktor des Steiermärkischen Landesarchivs für die Tagung verantwortlich zeichnete. Das Bestreben, die unersetzlichen Unikate möglichst zu schonen, hat dabei der technischen Entwicklung Vorschub geleistet. „In der Steiermark hat man hier schon früh innovative Wege beschritten", führt Riegler aus: „Das Steiermärkische Landesarchiv verfügte bereits im frühen 20. Jahrhundert durch die Einführung der fotographischen Reproduktion über zeitgemäße Technik. Heute besitzt das Landesarchiv das am besten ausgestattete Reprostudio der österreichischen Archive."

 

Steirische Urkunden gehen online. Die technische Entwicklung schreitet auf diesem Gebiet weiter mit Riesenschritten voran. Während des Archivtages zeigten führende europäische Firmen ihre neuesten Produkte. Zu sehen waren u.a. Hochleistungsscanner für großformatige Vorlagen ebenso wie Software für den Archivbereich. „Der Einsatz moderner Technik zum Nutzen der Öffentlichkeit und zur Schonung des in den Archiven verwahrten wertvollen Kulturgutes ist im Steiermärkischen Landesarchiv täglich geübte Praxis. Der besondere Vorteil für den Nutzer besteht im Online-Zugang zu den Materialien, der die bequeme Suche nach Dokumenten, aber auch deren direkte Einsichtnahme von zu Hause aus ermöglicht", erläutert Riegler. Seit geraumer Zeit werden die Urkundenbestände eingescannt; über 20.000 mittelalterliche Originale sollen bereits in der ersten Jahreshälfte 2008 frei abrufbar ins Netzangebot des Steiermärkischen Landesarchivs aufgenommen werden.

 

 

„Die Kunst des Archivierens" im Wandel der Zeiten. Der Inhaltsbogen der gleichzeitig eröffneten Ausstellung im Landesarchiv spannt sich von den Anfängen bis hin zum digitalen Archiv, von der Bewertung von Schriftgut bis zur Langzeitarchivierung der ausgewählten Dokumente. Das ging nicht immer ohne Dramatik ab: Das Schicksal der „Georgenberger Handfeste" (1186), die im 16. Jahrhundert abhanden kam, zeigt exemplarisch die Gefahren für Archivgut auf, erzählt Riegler: „Es dauerte drei Jahrzehnte und bedurfte vieler vertraulicher Kontakte sowie einiger ‚Ehrengeschenke‘‚ bis die bedeutende Urkunde 1605 endlich in das landständische Archiv einkehren konnte."

Heute umfasst die sachgemäße Bewahrung freilich noch ganz andere Aspekte. Die Entwicklung von der Truhe bis zum modernen Regalsystem wird dabei ebenso unter die Lupe genommen wie Standards moderner Archivbauten oder Schutzmaßnahmen gegen Brand- oder Wasserschäden.

 

Josef Schiffer

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