Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
ROBIN HUT - Briefe aus Absurdistan
Mittwoch, 12. Dezember 2007
25. Brief: Dezember 2007

 


Hallo, alter Freund!

 

Oft haben uns deine Besuche in der Heimat gezeigt, dass es nicht die ungleich größere Auswahl in den Supermarktregalen ist, um die du uns in deinem selbst gewählten Exil in der Dritten Welt beneidest.

Zu sehr ist dir bewusst, wie wenig die Menschen dort bei dir von den Südfrüchten in unserem winterlichen Leben haben, auch wenn sie sie ernten dürfen, zu wenig kannst du einsehen, warum wir sie unbedingt auf der weihnachtlichen Tafel haben müssen, auch wenn sie dafür Tausende Kilometer reisen.

Beneidet hast du uns immer um die Freiheit, aus einem demokratischen Warenkorb wählen zu können. Gesellschaftliche Ideale statt Militärjunta, freie Wahlen statt Diktatur. Da allerdings habe ich dir Trauriges zu berichten, er leert sich zusehends, unser demokratischer Warenkorb. Vorbei die Zeiten eines Erich Edegger mit seiner Vision der Radlerhauptstadt Europas. Ergo einer Stadt, wo die Menschen mehr Bewegung machen, und das in besserer Luft. Vorbei auch die Zeiten des aufrechten Stolzes eines Alfred Stingl darauf, Stadt der Menschenrechte zu sein. Na, wenigstens vorbei auch die Zeiten eines Bürgermeisters vom rechten Lager, seine Nachfolger plakatieren sich nur noch als Straßenkehrer. Vorbei auch die Zeiten, als die Woge grüner Begeisterung vom Universitätsviertel aus mit den fertigen Jungakademikern die Amtsstuben eroberte und die Architektenbüros. Und das, obwohl die damaligen Umweltprobleme der viel gerühmte und nie gerochene Lärcherlschaß waren gegen den Schlamassel, in dem wir heute stecken.

Kein Mensch weiß, wie es die Grünen schaffen, dafür, dass die Vorhersagen aus ihrer Glanzzeit als Einzige tatsächlich eingetroffen sind, so selbstgenügsam an den Wählern vorbeizuleben. Vielleicht haben sie sich einfach noch so viel an politischem Ehrgefühl bewahrt, dass sie sich dafür schämen, Teil jener politischen Provinzposse zu sein, die sich Grazer Stadtpolitik nennt. Mit einem schwarzen Bürgermeister, der sich der Geschäfte in dieser Stadt sofort entledigt hat, nachdem die Genehmigungsverfahren entschieden waren. Einem roten Widersacher, der einsam, weit vor den eigenen Reihen, einen wahrscheinlich aussichtslosen Kampf ficht. Und ich widerspreche an dieser Stelle jenem Freund, der ihn kürzlich als Don Quichotte der Grazer Stadtpolitik bezeichnete. Der hatte wenigstens noch Sancho Pansa neben sich.

Ich widerspreche aber auch jenen, die glauben, die Kommunisten würden ihren Erfolg von den letzten Gemeinderatswahlen wiederholen können. Ja, war es denn ein Wunder, dass das damals neue Angebot im politischen Regal freudig begrüßt wurde? Beim ersten Aufbranden des Retrotrends ein Politiker, der sich sogar optisch zu den Idealen seiner Vorgänger aus den Achtzigern bekennt und dem noch nicht der Geruch der politischen Kaste anhaftet. Mittlerweile hat auch er schon ein bisschen eine politische Vergangenheit, der Newswert ist gesunken, die Ersten der Karawane ziehen weiter.

So wie’s derzeit aussieht, ziehen sie einfach vorbei an den Regalen mit dem politischen Angebot. Was sollen sie auch mit einem grünen Packerl, in dem nicht einmal mehr der gewohnte Inhalt schmeckt, und dem ein bisserl faden dunkelroten Imbiss? Den roten Heldensagen aus vergangenen Zeiten und den schwarzen Geschichten wie aus Harrold Robbins Romanen der Sechzigerjahre? Und was mit den Blauorangen Straßenkehrern und Putzfrauen? Abgesehen davon, dass immer noch braun rauskommt, wenn man die beiden Farben mischt, benützen wir Putzfrauen und Straßenkehrer von heute Staubsauger und Kehrmaschinen und das Internet.

Aber recht geben muss ich dir natürlich, alter Freund: Es wäre höchste Zeit, dass wieder Packerl mit Inhalten auftauchen in den politischen Regalen, bevor sie völlig verstauben. Und es wieder Spaß macht, daraus zu wählen.

Den werde ich am 20. Jänner leider nicht haben, betrauert

 

Dein Robin Hut

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