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„Sektion1“ mit Andreas Wabl: "Das Bewusstsein in der Bevölkerung ist relativ hoch"
Samstag, 10. November 2007
Am Montag den 8. Oktober lud die SPÖ Steiermark erstmals zur neuen Veranstaltungsreihe Sektion1 Der_offene<Raum. Gast der Eröffnungsveranstaltung war der am 9. August dieses Jahres zum Klimaschutzbeauftragten des Bundeskanzlers berufene Andreas Wabl, Thema der Diskussion im botanischen Garten der Karl Franzens Universität: „Klimawandel: Klimaschutz: Klimarettung?".

Mit der Reihe Sektion 1 will man aktuelle Themen auf „unkonventionelle Art und Weise", so Landesgeschäftsführer Anton Vukan, aufs Tapet bringen. „Wir wollen interessante Fragen in einer offenen Diskussion thematisieren und für diese sensibilisieren, ohne dass man sich konkrete Lösungsansätze davon versprechen dürfe", erläutert Landeshauptmann Franz Voves. Andreas Wabl hatte beim ersten Bundesländerbesuch in seiner neuen Funktion die Möglichkeit, seine Sicht auf die Aufgabe als Klimaschutzbeauftragter darzustellen (siehe Interview).

Umweltlandesrat Manfred Wegscheider legte den steirischen Weg in Richtung Klimarettung dar: Energieautarkie einzelner steirischer Regionen, die sich topografisch dazu eignen, sowie die Umstellung der steirischen LKW-Flotte auf Biodiesel stehen hier an oberster Stelle. „ Bei den PKW ist ein größerer Biodieselanteil bei den Herstellern noch nicht anerkannt, was zu Problemen für Autobesitzer führt. Hier bedienen wir uns einiger Experten, die uns beraten. Hybridtechnik ist eine der interessanten Möglichkeiten". Auf die Frage, was er sich von Andreas Wabl erwarte, antwortet Wegscheider: „Für mich war es schon eine Überraschung, dass Andreas Wabl der persönliche Klimaschutzbeauftragte von Alfred Gusenbauer wurde. Beim zweiten Nachdenken ist es mir aber durchaus positiv erschienen: Er hat eine gewisse Erfahrung, er kann Dinge auf den Punkt bringen. Ich erwarte mir, dass er als Steirer auch für die Steiermark etwas bringt."

 

Mit Andreas Wabl sprach Anne-Katrin Kessler.


 

Herr Wabl, wie gehen Sie an Ihrer neue Aufgabe heran?

In der ersten Zeit habe ich mich orientiert, was in der Regierung an Konzepten und Projekten da ist, denn ich weiß, dass gerade in zweiter und dritter Ebene hervorragende Vorarbeiten geleistet wurden – und dass offensichtlich viel Sand ins politische Getriebe gestreut worden ist. Das ist aber nicht österreichspezifisch. Im Energiebereich gibt es auf der einen Seite die alteingesessenen Energieversorger und auf der anderen Seite sind revolutionäre Technologien entwickelt worden. Ich will dafür sorgen, dass die Gelder des Klimafonds, der von der Regierung eingerichtet und mit 500 Millionen Euro dotiert wurde, optimal eingesetzt werden, damit die Klimaschutzziele Österreichs erreicht werden.

 

 

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten konkreten Schritte?

Einer der wichtigsten Bereiche ist der Verkehrsbereich. Jetzt ist es höchste Zeit, dass man endlich konkrete Projekte vorantreibt. Ich denke dabei an die flächendeckende LKW-Maut und an drastische Maßnahmen beim Individualverkehr, d.h. geringere Steuerbelastung für umweltfreundliche Fahrzeuge und höhere Steuerlast für umweltbelastende. Insgesamt wird es aber notwendig sein, dass wir intelligente Verkehrssysteme entwickeln. Da tut sich am Eisenbahnsektor und im Bereich des öffentlichen Verkehrs viel, aber das muss mit mehr Einsatz geschehen.

Es gibt auch im Bereich des Versicherungswesens interessante Ansätze: Jeder Haftpflichtversicherer weiß, dass im Nahverkehr das größte Unfallrisiko herrscht und folglich die höchsten Schadenssummen zu zahlen sind. Als Versicherer würde ich dem Autofahrer eine Netzkarte schenken. Das kann man fördern und ausbauen, es setzt aber bessere Systeme im Verbundbereich voraus.

 

Bezüglich des Biodiesels als langfristige Lösung teilen sich die Meinungen.

Zu glauben, dass es reicht Biodiesel zu produzieren, in die Autos reinzuleeren und weiter frisch draufloszufahren, wäre ein großer Trugschluss! Was passiert: Riesige Flächen Urwald werden gerodet, in Mittelamerika werden Lebensmittel für Arme unleistbar. D.h., das ist grundsätzlich eine Sackgasse. Sehr wohl aber sollte Biodiesel dort eingesetzt werden, wo es möglich und sinnvoll ist. Generell muss aber das ganze System umgestellt werden.

 

 

Es herrscht zunehmend Verunsicherung, ob das Klima überhaupt noch zu retten ist …

Österreich hat sich, was die CO2-Emissionen betrifft, vom Stand 1990 auf plus 18% verschlechtert. Um die Kyoto-Ziele zu erreichen müssten wir die Emissionen bis 2013 um 36% verringern. Das würde real bedeuten, dass wir entweder die gesamte Industrie zusperren oder den gesamten Verkehr lahm legen. Was unmöglich ist. D.h., dass wir auf halbherzige Maßnahmen verzichten müssen. Ich denke, dass noch viel Diskussion innerhalb des Kreises der politischen Entscheidungsträger notwendig sein wird, denn das Bewusstsein in der Bevölkerung ist relativ hoch.

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