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497:1 – Ein Nachtrag zur Jägerstätter-Seligsprechung
Samstag, 10. November 2007
Zwei Tage nur waren ins Land gezogen nach der glorreichen Seligsprechung Franz Jägerstätters, die manche Gläubige auf einen Geisteswandel der katholischen Kirche in Sachen Gewalt und Gewaltfreiheit glauben lässt. Mag sein, dass es hierzulande einige Katholiken als Hiobsbotschaft aufgenommen haben, als am 28. Oktober, zwei Tage nach dem Jägerstätter-Hype am österreichischen Nationalfeiertag, die Bilder von der größten Seligsprechung in der gesamten Kirchengeschichte um die Welt gingen. „497 Märtyrer" lautete die dürre Nachricht aus dem Vatikan. Spanische Märtyrer aus dem Bürgerkrieg der 30er Jahre, zwei Bischöfe, 24 Diözesanpriester, zahlreiche Ordensleute sowie (laut unterschiedlichen Quellen) zwei bzw. sieben Laien (Frauen eignen sich übrigens schlecht als Märtyrer).

Nein, hier keine Abhandlungen über den spanischen Bürgerkrieg. Dass er zu den dunkelsten Kapiteln der katholischen Gewaltherrschaften im 20. Jahrhundert gehört, wissen Katholiken am besten. Zum Beispiel Johannes Ude, katholischer Moraltheologe: „Mögen doch die brennenden Kirchen Spaniens, möge das viele Blut, das dort floss, mögen die entsetzlichen Gräuel, die man dort verübte, uns bestimmen, die Schuldigen dort zu suchen, wo sie wirklich sind, nämlich in unseren eigenen Reihen." – Die katholische Kirche Spaniens war Kriegspartei: Sie war der bei weitem größte Grundbesitzer des Landes und kontrollierte ein Drittel des spanischen Kapitals. Ortega y Gasset, der liberale Philosoph und Schriftsteller: „Die Kirche ist ohne Zweifel antisozial."

 

 

Soziale Ursachen. So war auch eine wesentliche Ursache des von Franco mit deutscher, italienischer und katholischer Unterstützung gegen die gewählte republikanische Regierung angezettelten Krieges sozialer Natur. Und sein siegreiches Ende erhielt den gebührenden päpstlichen Segen – 1. April 1939, Pius XII. an Franco: „Indem wir unser Herz zu Gott erheben, freuen wir uns mit Ew. Exzellenz über den von der katholischen Kirche so ersehnten Sieg. Wir hegen die Hoffnung, dass Ihr Land nach der Wiedererlangung des Friedens mit neuer Energie die alten christlichen Traditionen wieder aufnimmt." Was wie folgt geschah: Vom Ende des Bürgerkriegs 1939 bis zum Frühjahr 1942 ließ Franco nach offiziellen Statistiken der spanischen Regierung mehr als 200.000 Menschen erschießen. Das entspricht einem Drittel aller Opfer des Bürgerkriegs.

So war auch eine wesentliche Ursache des von Franco mit deutscher, italienischer und katholischer Unterstützung gegen die gewählte republikanische Regierung angezettelten Krieges sozialer Natur. Und sein siegreiches Ende erhielt den gebührenden päpstlichen Segen – 1. April 1939, Pius XII. an Franco: „Indem wir unser Herz zu Gott erheben, freuen wir uns mit Ew. Exzellenz über den von der katholischen Kirche so ersehnten Sieg. Wir hegen die Hoffnung, dass Ihr Land nach der Wiedererlangung des Friedens mit neuer Energie die alten christlichen Traditionen wieder aufnimmt." Was wie folgt geschah: Vom Ende des Bürgerkriegs 1939 bis zum Frühjahr 1942 ließ Franco nach offiziellen Statistiken der spanischen Regierung mehr als 200.000 Menschen erschießen. Das entspricht einem Drittel aller Opfer des Bürgerkriegs.

 

Heute spricht Kardinal José Saraiva Martins, Präfekt der Seligen-Kongregation, laut Radio Vatikan von „so genannten Republikanern", denen die nun selig gesprochenen katholischen Märtyrer zum Opfer fielen. Märtyrer, „nur weil sie Christen waren", flunkert er. Dabei weiß jedes Kind, dass weder Jägerstätter noch die nun seligen spanischen Franco-Katholiken einfach als Gläubige ihr Leben ließen, sondern in ihrer konkreten sozialen und politischen Rolle. Kardinal Martins, kaum aus Linz nach Rom zurückgekehrt, dekretiert: „Der Hass auf den Glauben, der ‚odium fidei’ dieser Herren, der Republikaner, war das Ziel und der Beweggrund." (Quelle: www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=163754)

 

Spricht dieser Gottesmann nicht, als wäre der Krieg heute noch im Gange? Und dürfen er und seinesgleichen sich wundern, wenn ein unbefangener Beobachter eine solche katholische Kirche in diesem Sinn heute noch als Kriegspartei identifiziert? – Zwischenstand während der Feuerpause: 497:1?

 

Karl Wimmler

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