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"Love is a mix tape" |
Donnerstag, 18. Oktober 2007 | |
WoWagners Gartenlaube fortschrittlichen Schrifttums Nehmt für einen Moment an, ihr hättet euch vorgenommen, einmal im Monat über eines der Bücher zu schreiben, das ihr zuletzt gelesen habt. Klingt einfach oder? Ist es nicht! Mir haben im vergangenen Monat nur Bücher etwas gesagt, die nicht aktuell sind oder über die ich nicht schreiben wollte. Wie zum Beispiel das in dieser Kolumne besprochene Buch. Unter anderem deshalb, weil ich schon eine ganze Reihe englischsprachiger Autoren besprochen habe und die anderen Sprachräume schmählich unterrepräsentiert sind. Also – ich geb’s zu – „Love is a mix tape" des Rolling-Stone-Autors Rob Sheffield hat mich berührt, obwohl es eine „Pärchenstory" ist. Genau genommen hat es mich angesprochen, bevor ich hineingelesen habe. Es sieht aus wie eine übergroße rote Kassette. Sheffield erzählt eine Geschichte, deren Rückgrat Mix-Tapes sind, die in einer bestimmten Stimmung aufgenommen wurden. Diese sind für die Erinnerung des Autors derart zentral, dass die Kapitel ihre Namen tragen (Rumblefish, Hey Jude usw.) und Faksimiles der händisch beschrifteten Kassettenhüllen jedem Kapitel vorangestellt sind. Ich bin mit digitalen Tonträgern nie richtig warm geworden und betrachte die gegenwärtig auf simple Dateiformate geschrumpfte Körperlichkeit der Musik mit Missfallen. Insofern fällt es mir leicht, einer Geschichte zu folgen, in der analoge Tonträger Medien zur Überwindung von Kontaktarmut und Ausdruck von Gefühlen sind. Sheffield: „Als Mix-Tape gesehen ist Big Star: For Renée vollkommen phantasielos. Auf jeder Seite ein ganzes Album. Aber das ist das Tape, das alles verändert hat. Alles in meinem Leben kommt direkt von diesem ... Verknallt-Tape." (S. 71) Die Geschichte, die uns erzählt wird, nimmt leider einen tragischen Verlauf. Aber auch Trauer und Schmerz werden durch spezielle Zusammenstellungen von Songs begleitet.
Erst am Ende des Buches dringen die Sachlichkeit und Kälte des digitalen Zeitalters ein. Der größte Teil der Story ist getragen von der Kraft, die – durch analoge Tonträger übermittelte – Musik ausübt. Zitat: „Als Junge ist man fasziniert von dem Mysterium dessen, was ältere Jugendliche tun, und für mich waren diese Mysterien untrennbar mit Musik verbunden, obwohl die Musik, die ich liebte, mir mit nebulösen Konzepten wie ‚Sex‘ und ‚Drogen‘ immer wieder eine Höllenangst einjagte." (S. 47 f.)
Rob Sheffield, Love is a mix tape, Eine Geschichte von Liebe, Leid und lauter Musik, kiwi 2007. Preis: 9,20 Euro
Rob Sheffield ist Autor des amerikanischen Rolling Stone und schreibt seit über 15 Jahren über Musik und Popkultur.
Mag. Wolfgang Wagner, Jg. 1963, Germanist, Autor, Aktivist und Sozialpädagoge führt seit Juli 2006 den Buchladen „Wendepunkt" in der Josefigasse 1, 8010 Graz, Tel/Fax 0316/ 76 52 44, WoWagner@gmx.at
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