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Nahe genug am Thema? - Über den Ausstellungsparcours |
Donnerstag, 18. Oktober 2007 | |
Befragt nach dem Zusammenhang seines Stückes Die Menschenfabrik mit dem damaligen Thema des Steirischen Herbstes sagte Wolfgang Bauer nach der Uraufführung: „Des Thema war immer schon wurscht!" – Nahe genug im heurigen Herbst ist ja nicht Thema, vielmehr Motto, und doch wird dieses Motto allenthalben, wie man hört, als Thema begriffen. Ein weites Feld jedenfalls, dem es sich anzunähern insofern recht schwer oder recht leicht sein mag. Wie im Schulaufsatz das Thema zu verfehlen, steht wohl nicht zur Debatte. Interessant aber vielleicht ein Phänomen, das eigentlich jedes Jahr wieder auftritt, ausgenommen im Vorjahr, wo der Herbst kein Motto/Thema hatte. Unter dem Über-Titel versucht man als Besucher der einzelnen Veranstaltungen, die jeweiligen Unter-Titel der Projekte zu verstehen und umgekehrt, jedenfalls kann man sich kaum dagegen wehren, permanent nach Zusammenhängen zu suchen. Die Titel und Inhalte der aktuellen, mit dem Steirischen Herbst assoziierten Ausstellungen werden das Problem aber hoffentlich weder jetzt noch für künftige Herbste lösen. – Ein Ausstellungsrundgang.
Mit Volksgarten. Die Politik der Zugehörigkeit hat das Kuratorentrio Adam Budak, Peter Pakesch und Katia Schurl Ausstellung und Programm für das Kunsthaus Graz entworfen, dass von seiner nächsten Umgebung, im weitesten Sinn, handelt. Wenn das Kunsthaus selbst als Friendly Alien bezeichnet wird, sollte es wohl der beste Ort für eine Ausstellung sein, die die anliegenden Grazer Bezirke Gries und Lend zum Thema hat. Gerade diese Bezirke kennzeichnet ein hoher Anteil von Zuwanderern, die sich neben politischen auch mit naheliegenden sozialen Problemen konfrontiert sehen. Das mit einzelnen Projekten auch in den öffentlichen Raum reichende Programm soll ein „Porträt von (realen und erfundenen) Gemeinschaften" zeichnen und damit will man „Identifikationssysteme und Strategien der Zugehörigkeit zwischen sozialen Utopien und lokalen Realitäten" erforschen. Diese Intentionen über die Kunst zu bearbeiten, zu transportieren und zu veranschaulichen wird in Teilen der Ausstellung auch plausibel, während andererseits einzelne Arbeiten eher den Charakter von Paraphrasen auf soziale Befindlichkeiten tragen und man zumindest den relevanten Bezug zu den Grazer Stadtteilen in Frage stellen könnte – aber wie gesagt, handelt Volksgarten auch mit [!] erfundenen Porträts.
Ein Beispiel dafür ist Thomas Hirschhorns Concept Car, 2007, ein Kleinauto, über und über bestückt mit Literatur und beklebt mit Objekten, die für die eigene Biographie stehen, ein Entwicklungsfahrzeug der Persönlichkeit Hirschhorns, seine „Vergangenheit und Zukunft". Aber, hält Hirschhorn im Katalog zur Ausstellung fest, er habe es „wieder einmal nicht – oder noch schlimmer – falsch verstanden" und die Politik der Zugehörigkeit als solche der „Habseligkeit" begriffen. Dagegen erzählt Özlem Sulak in einem Video, Granny, 2005, eine türkische Familiengeschichte, gezeichnet von Migration und Identitätskonflikten. Von Pawel Althamer stammt die Dokumentation einer Milleniumsfeier der Bewohner einer Plattensiedlung in Bródno, eine Situation, wie sie hier ganz ähnlich stattgefunden haben könnte und ziemlich schräg mutet die Dokumentation über Entwicklung und Verwendung von Lachgas von Bik Van der Pol an. Über zwanzig KünstlerInnen und -Gruppen sind in der Ausstellung Volksgarten vertreten, die bis zum 13. Jänner im Kunsthaus Graz zu sehen ist. Dazu ein Vortrag von Rainer Münz am 27. 11. und ein Symposion mit dem Titel Geschichten – Räume – Identitäten am 7. 12.
Inhaltliche Nähe zur obigen besteht mit Die Kunst der Gerechtigkeit, einer Ausstellung in der Neuen Galerie, die das Thema gerechten Handels als Un/Fair Trade aufnimmt. Faires wirtschaftliches Gebaren ist ein Zukunftsprogramm, an dem die Wissensgesellschaft immerhin inzwischen arbeitet. Fair Trade steht für ein alternatives und besseres Wirtschaften in Opposition zum globalen Kapitalismus und für Versuche, zumindest die schlimmsten Verwerfungen der Globalisierung zu korrigieren. Ob die Kunst in der Lage ist Einfluss zu nehmen, oder ob es angesichts künstlerischer Positionen um Statements handelt, muss wohl jeweils am konkreten Fall diskutiert werden. Die von Peter Weibel und Günther Holler-Schuster in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Kurator Christian Eigner konzipierten Ausstellung versammelt Arbeiten von etwa dreißig internationalen KünstlerInnen und –Gruppen, darunter etwa Andreas Gursky mit großformatigen Fotografien in Ambivalenz zwischen ästhetisierender Oberfläche und kritischem Inhalt oder Documenta-Teilnehmer Romuald Hazume mit Maskenobjekten aus Benzinkanistern und Computergehäusen und einer Panoramafotografie eines afrikanischen Marktes, auf dem augenscheinlich Ziegen gehandelt werden. Das Foto zeigt allerdings nicht, dass hier auch Menschenhandel betrieben wird. Teil der Ausstellung ist die UN/FAIR TRADE-Online Community (www.un-fairtrade.org), die in Wiki-Form seit Mai 2007 aufgebaut wurde. Ein Vortrag von Julian Nida-Rümelin am 8. 11. behandelt das Thema Was ist internationale Gerechtigkeit? (Siehe Bild oben)
What We Bought ist der Titel der aktuellen Ausstellung der Camera Austria. Die Arbeiten der eingeladenen KünstlerInnen handeln hier zumeist von der genauen Bobachtung ihres unmittelbaren Lebensraumes und speziell vom Alltagschrott unserer Konsumgesellschaft. Neben Installationen von John Armleder und Nicole Wermers, zeigt Manfred Willmann Chaosbilder, Piotr Uklański ein Porträt von Johannes Paul II, das durch Menschen dargestellt wird, Swetlana Heger ornamentale Strukturen auf Basis menschlicher Skelettteile und Olaf Breuning einen politisch äußerst unkorrekten, aber nichtsdestotrotz humorigen Reisefilm über touristische Vereinnahmung.
Reading Back And Forth behandelt 40 Jahre Steirischer Herbst in aktuellen künstlerischen Positionen. Die von Kurator Reinhard Braun eingeladenen KünstlerInnnen entwickeln in ihren Projekten verschiedene Lesarten des Festivals über die Themen Kunst, Öffentlichkeit, Technologie und Politik, Geschlecht und Medium. Vorweg im Grazer Stadtmuseum zeigt etwa eine Schautafel von Michael Schuster die über die Zeit sich veränderte Form des Herbst-Logos. Maria Eichhorn listet in einer Publikation alle Frauen auf, die seit Bestehen des Festivals teilgenommen haben und errechnet prozentuale Durchschnitte. Plan b entwickelten mit Fortysomething eine GPS Audio-Tour durch die Stadt und damit durch 40 Jahre erzählte Geschichte des Steirischen Herbst an verschiedenen Orten im Stadtraum. Audio und GPS-Geräte sind im Stadtmuseum und im Festivalzentrum The Theatre erhältlich. behandelt 40 Jahre Steirischer Herbst in aktuellen künstlerischen Positionen. Die von Kurator eingeladenen KünstlerInnnen entwickeln in ihren Projekten verschiedene Lesarten des Festivals über die Themen Kunst, Öffentlichkeit, Technologie und Politik, Geschlecht und Medium. Vorweg im Grazer Stadtmuseum zeigt etwa eine Schautafel von die über die Zeit sich veränderte Form des Herbst-Logos. listet in einer Publikation alle Frauen auf, die seit Bestehen des Festivals teilgenommen haben und errechnet prozentuale Durchschnitte. entwickelten mit eine GPS Audio-Tour durch die Stadt und damit durch 40 Jahre erzählte Geschichte des Steirischen Herbst an verschiedenen Orten im Stadtraum. Audio und GPS-Geräte sind im Stadtmuseum und im Festivalzentrum erhältlich. Mit Active Agents stellt eine Ausstellung im Kunstverein Medienturm am Objekt menschlicher Körper Fragen um technisches und soziales Umfeld des Individuums. Die in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen, Maria Hahnenekamp, Zilla Leutenegger, Ulrike Lienbacher, Manuela Mark, Mara Mattuschka und Eva Stern, nehmen in unterschiedlichen Medien Stellung zu Repräsentationsphänomenen des Körpers.
Gestures of Infinity, die Ausstellung der Minoritengalerien im Priesterseminar, zeigt künstlerische Gesten, die einem Ineinander von Religion und Emotion entlehnt sind. Handzeichen in einer 16-teiligen Fotoserie stammen von Robert Rumas. Manfred Erjauz hat Gebetsteppiche zu fliegenden umgerüstet, in dem er Sicherheitsgurte installierte. Eine Serie großformatiger Fotografien zeigt den Kroaten Zlatko Kopljar, der auf seinem Taschentuch vor architektonischen Zeichen der Macht in New York kniet: Wall Street, Guggenheim-Museum oder Times Square. Grazia Toderi überlagert Videoaufnahmen als Rosso Babele zu einem bewegten und bewegenden Bild in einer zeitgenössischen Variation des Turmbaues von Babel. Weitere Arbeiten kommen von Hannes Priesch, Abigail O’Brien, Marta Deskur, Kimsooja, Gor Chahal, Grazia Toderi und Artur Zmijewski. , die Ausstellung der Minoritengalerien im Priesterseminar, zeigt künstlerische Gesten, die einem Ineinander von Religion und Emotion entlehnt sind. Handzeichen in einer 16-teiligen Fotoserie stammen von . hat Gebetsteppiche zu fliegenden umgerüstet, in dem er Sicherheitsgurte installierte. Eine Serie großformatiger Fotografien zeigt den Kroaten, der auf seinem Taschentuch vor architektonischen Zeichen der Macht in New York kniet: Wall Street, Guggenheim-Museum oder Times Square. überlagert Videoaufnahmen als zu einem bewegten und bewegenden Bild in einer zeitgenössischen Variation des Turmbaues von Babel. Weitere Arbeiten kommen von , , , , und .
Einen ebenso engen wie strengen Rahmen der Repräsentation gibt das Haus der Architektur in der Ausstellung Architektur 24/7. Eine alltägliche Beziehung vor. Kuratorin Gabu Heindl bat Architektinnen und Architekten, von ihren Gebäuden und Landschaften jeweils nur ein Foto zu machen, das die Objekte in ihrem Gebrauch zeigt. Einheitlich auf Postkartengröße reproduziert und mit kurzen Kommentaren versehen, wird so der Konflikt offensichtlich, in dem sich die BeiträgerInnen mehr oder weniger souverän bewegen. Ein Foto sagt in diesem Fall eben nicht mehr als tausend Worte, die Ausstellung dagegen versammelt einen ungewöhnlichen Überblick zum steirischen Baugeschehen. Wenzel Mraček
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