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Franz Jägerstätter in der Oper |
Donnerstag, 18. Oktober 2007 | |
Uraufführung vor der Seligsprechung am Nationalfeiertag: Kirchenoper „Franz Jägerstätter" in der Grazer Franziskanerkirche. Richter: (…)Wir müssen Sie aburteilen. Spielen Sie den Sturen? Franz: Ich spiele nicht. Richter: O doch, mit Ihrem Leben! Ihr Weiterleben liegt in Ihrer Hand! Franz: In Gottes Hand leg’ ich mein Weiterleben. Mit Kriegsverbrechen leben will ich nicht! Richter: Genau das Ihnen auszureden. Hat Ihr Verteidiger umsonst versucht! Verteidiger: Er lehnte alles ab mit der Begründung, er habe größere Pflichten Gott gegenüber und Adolf Hitler sei kein neuer Gott! Ankläger: Das Reich verteidigen, das wollen Sie nicht! Franz: Verteidigen? WIR haben angegriffen! Ankläger: Das zu behaupten, heißt schon: Kriegsgericht! (aus dem 8. Bild)
Als im Jahr 1970 der Film „Der Fall Jägerstätter" im ORF gezeigt wurde, raste ein Furor der Empörung durch das ganze Land. Unter der Regie von Axel Corti war leise und unmissverständlich nichts anderes dargestellt worden als der Lebensweg des ledigen Sohnes einer Bauernmagd, Mesners und Vaters dreier Kinder im oberösterreichischen St. Radegund bis zu seiner Hinrichtung wegen „Zersetzung der Wehrkraft" im August 1943 in Brandenburg/Havel. Das durfte nicht sein: Ein „Nestbeschmutzer" werde hier mit Respekt und Sympathie bedacht, ein „Vaterlandsverräter" und „Kameradenschwein" verherrlicht, einer, „der Frau und Kinder mutwillig im Stich ließ", mit Verständnis und Zuneigung gezeigt. Dann war es wieder lange ziemlich still um Jägerstätter. Als der Film in den Neunzigerjahren im ORF wieder gezeigt wurde, schrieben wohlmeinende Kritiker über diese „weder veraltete noch unaktuelle Arbeit". Das wusste Jägerstätters Witwe Franziska am besten. Die heute 94-Jährige hatte zeit ihres Lebens den Weg ihres Mannes mutig verteidigt und sich damit die Verachtung der überwiegenden Mehrheit ihrer Mitbürger und Zeitgenossen zugezogen. Die ihr im Greisenalter zuteil gewordenen Ehrungen wurden von ihr daher zwar mit Freude, aber doch zwiespältig aufgenommen: Das hätte schon viel früher sein sollen, bemerkte sie bescheiden und selbstbewusst zugleich, „dann wären die Leute zu mir freundlicher gewesen".
Ärgernis für die Kirche. Franz Jägerstätter war aber vor allem auch ein dauerndes Ärgernis für die katholische Kirche nicht nur dieses Landes. Ist er doch bis heute ein ständiger Fingerzeig auf die damalige Rolle dieser Kirche. Im September 1939, zu Kriegsbeginn, hatten alle deutschen Bischöfe ohne Ausnahme, also auch die auf dem Boden des ausgelöschten Österreich, gemeinsam aufgerufen: „In dieser entscheidenden Stunde ermutigen und ermahnen wir unsere katholischen Soldaten aus Gehorsam zum Führer, ihre Pflicht zu tun und bereit zu sein, ihre ganze Person zu opfern." Und an dieser Position hielten sie all die Jahre des Weltkriegsschlachtens fest. Wer an Derartiges heute erinnert, wird in der Regel zumindest als „gehässig" abgetan. Und auf eine Handvoll Märtyrer verwiesen. Allesamt entweder Laien oder auf der untersten Stufe der kirchlichen Hierarchie. Nun auch auf Jägerstätter. Manchmal auch von jenen Katholiken, die sich in diesen Tagen freuen, dass ihre Bemühungen zur positiven Bewertung Franz Jägerstätters durch die Kirche nun von Erfolg gekrönt scheinen: Am kommenden Nationalfeiertag wird er seliggesprochen. Franz Jägerstätter war aber vor allem auch ein dauerndes Ärgernis für die katholische Kirche nicht nur dieses Landes. Ist er doch bis heute ein ständiger Fingerzeig auf die damalige Rolle dieser Kirche. Im September 1939, zu Kriegsbeginn, hatten alle deutschen Bischöfe ohne Ausnahme, also auch die auf dem Boden des ausgelöschten Österreich, gemeinsam aufgerufen: „In dieser entscheidenden Stunde ermutigen und ermahnen wir unsere katholischen Soldaten aus Gehorsam zum Führer, ihre Pflicht zu tun und bereit zu sein, ihre ganze Person zu opfern." Und an dieser Position hielten sie all die Jahre des Weltkriegsschlachtens fest. Wer an Derartiges heute erinnert, wird in der Regel zumindest als „gehässig" abgetan. Und auf eine Handvoll Märtyrer verwiesen. Allesamt entweder Laien oder auf der untersten Stufe der kirchlichen Hierarchie. Nun auch auf Jägerstätter. Manchmal auch von jenen Katholiken, die sich in diesen Tagen freuen, dass ihre Bemühungen zur positiven Bewertung Franz Jägerstätters durch die Kirche nun von Erfolg gekrönt scheinen: Am kommenden Nationalfeiertag wird er seliggesprochen. In diesem Sinne kam die am 22.September in der Grazer Franziskanerkirche uraufgeführte Kirchenoper „Franz Jägerstätter" des 71-jährigen Ehrenpräsidenten des Steirischen Tonkünstlerbundes Viktor Fortin zum richtigen Zeitpunkt. Die vier öffentlichen Aufführungen waren nahezu ausverkauft und wurden vom Publikum aufmerksam und wohlwollend verfolgt.
Musik gegen Text? Das Libretto Gerd Linkes, der die Erzählung in zehn Bilder strukturierte, ist ein beachtlicher, gelungener Wurf. Dem mittlerweile 70-jährigen Grazer, früher Lehrer, Kabarettist, Karikaturist und Maler, nun hauptsächlich Schriftsteller, gelang es in beeindruckender Weise, das Wesen des Jägerstätter-Konflikts in knappe Verse zu fassen. Und er trifft einen sprachlichen Ton, der einem Volksstück entsprungen scheint und doch im Ganzen dem Ernst des Themas gerecht wird. Brecht’sche Anklänge – obwohl einem derartigen Hinweis bei diesem letztlich christlichen Stück vielleicht mit Kopfschütteln begegnet wird. Das Libretto , der die Erzählung in zehn Bilder strukturierte, ist ein beachtlicher, gelungener Wurf. Dem mittlerweile 70-jährigen Grazer, früher Lehrer, Kabarettist, Karikaturist und Maler, nun hauptsächlich Schriftsteller, gelang es in beeindruckender Weise, das Wesen des Jägerstätter-Konflikts in knappe Verse zu fassen. Und er trifft einen sprachlichen Ton, der einem Volksstück entsprungen scheint und doch im Ganzen dem Ernst des Themas gerecht wird. Brecht’sche Anklänge – obwohl einem derartigen Hinweis bei diesem letztlich christlichen Stück vielleicht mit Kopfschütteln begegnet wird. Nun ist aber der Jammer der, dass die Musik den Text ruiniert. Nur wenig davon war bei der Aufführung verständlich. Weshalb einige Zuhörerinnen und Zuhörer angestrengt versuchten, bei düsterer Beleuchtung das Libretto mitzulesen. Und manchmal scheint dem Laien die Musik gar gegen den Text anzurennen. Womit sich die Frage stellt, ob die zweifellos elitäre und großteils museale Kunstform Oper diesem Text angemessen ist. Das aber wirft weitere Fragen auf. Möglicherweise ist es dem einen oder anderen Kleriker oder Kirchenfunktionär nicht unrecht, dass der am Papier stehende Klartext nicht recht verständlich ist? Und dass mit einer – wenn schon Kunst, dann – Oper das Thema noch am ehesten auf Sparflamme gehalten wird?
Symposium an den Kernthemen vorbei. Dass die Sparflamme in diesem Fall die Aktion der Wahl darstellt, zeigte sich auch bei dem anlässlich der Opernaufführung veranstalteten Symposium unter dem Titel: „Nein zu Krieg im 20. Jahrhundert". Wer meint, eine Veranstaltung, die im Franziskanerkloster stattfindet, an der drei katholische Bischöfe teilnehmen und sprechen und bei der der emeritierte Grazer katholische Cheftheologe Univ.-Prof. Maximilian Liebmann ein Referat hält, sei eine der katholischen Kirche, irrt. Offizieller Veranstalter war – der „Verein zur Förderung zeitgenössischer Musik". Dementsprechend hatte außer einem Kreis von Eingeweihten auch kaum jemand Kenntnis davon. Es würde zu weit führen, auf die Beiträge der Referenten im Einzelnen einzugehen. Auffallend und ärgerlich war allerdings, wie leicht es den anwesenden führenden Katholiken fiel, die Kernthemen zu umgehen. Der Grazer Weihbischof Franz Lackner beispielsweise schwadronierte – man kann es schwerlich anders bezeichnen – philosophisch und oberflächlich über Gewalt, um dann für „die Verstehbarkeit" sowohl Jägerstätters als auch seines damaligen bischöflichen Gegenspielers zu werben. Dass die Sparflamme in diesem Fall die Aktion der Wahl darstellt, zeigte sich auch bei dem anlässlich der Opernaufführung veranstalteten Symposium unter dem Titel: „Nein zu Krieg im 20. Jahrhundert". Wer meint, eine Veranstaltung, die im Franziskanerkloster stattfindet, an der drei katholische Bischöfe teilnehmen und sprechen und bei der der emeritierte Grazer katholische Cheftheologe Univ.-Prof. ein Referat hält, sei eine der katholischen Kirche, irrt. Offizieller Veranstalter war – der „Verein zur Förderung zeitgenössischer Musik". Dementsprechend hatte außer einem Kreis von Eingeweihten auch kaum jemand Kenntnis davon. Es würde zu weit führen, auf die Beiträge der Referenten im Einzelnen einzugehen. Auffallend und ärgerlich war allerdings, wie leicht es den anwesenden führenden Katholiken fiel, die Kernthemen zu umgehen. Der Grazer Weihbischof beispielsweise schwadronierte – man kann es schwerlich anders bezeichnen – philosophisch und oberflächlich über Gewalt, um dann für „die Verstehbarkeit" sowohl Jägerstätters als auch seines damaligen bischöflichen Gegenspielers zu werben.
Kreuz mit der Kirche. Der emeritierte US-amerikanische Bischof Gumbleton von der Jägerstätter-Gesellschaft in den USA wiederum bewegte sich auf der Ebene einer Märchenstunde der katholischen Gewaltfreiheit – vom Vietnamkrieg, der bei ihm 1965 begann, bis in unsere Tage im Irak. Kein Wort über all jene Kirchenmänner, die den Ton angeben und angaben. Kardinal Spellmann zum Beispiel, den militanten McCarthy- Unterstützer der Vierziger- und Fünfzigerjahre, der das Schlachten in Vietnam als „heiligen Kampf" und „Kreuzzug" verherrlichte und die US-Soldateska als „Soldaten Christi". Und kein Wort beim gesamten Symposium über die Seuche der „Militärseelsorge". Natürlich auch Schweigen über jenen österreichischen katholischen Militärsuperior namens Lochner, der im heurigen Frühjahr gegen den „gemachten Jägerstätterkult" hetzte, von der „Anpassung an den dekadenten Zeitgeist" faselte und „ewiggestrige Altachtundsechziger in der Kirche" für den nunmehrigen kirchlichen Segen Jägerstätters verantwortlich machte. Der emeritierte US-amerikanische von der Jägerstätter-Gesellschaft in den USA wiederum bewegte sich auf der Ebene einer Märchenstunde der katholischen Gewaltfreiheit – vom Vietnamkrieg, der bei ihm 1965 begann, bis in unsere Tage im Irak. Kein Wort über all jene Kirchenmänner, die den Ton angeben und angaben. Kardinal Spellmann zum Beispiel, den militanten McCarthy- Unterstützer der Vierziger- und Fünfzigerjahre, der das Schlachten in Vietnam als „heiligen Kampf" und „Kreuzzug" verherrlichte und die US-Soldateska als „Soldaten Christi". Und kein Wort beim gesamten Symposium über die Seuche der „Militärseelsorge". Natürlich auch Schweigen über jenen österreichischen katholischen Militärsuperior namens Lochner, der im heurigen Frühjahr gegen den „gemachten Jägerstätterkult" hetzte, von der „Anpassung an den dekadenten Zeitgeist" faselte und „ewiggestrige Altachtundsechziger in der Kirche" für den nunmehrigen kirchlichen Segen Jägerstätters verantwortlich machte. Es ist ein Kreuz mit dieser Kirche. Aber das ist nichts Neues. Am Nationalfeiertag wird sie Franz Jägerstätters salbungsvoll gedenken. Und manche werden sich freuen, dass sie nun das Martyrium dieses österreichischen Widerstandskämpfers als selig anerkennt. Und vergessen, wer sonst noch wie schnell selig gesprochen wurde. Hier sei nur der Franco-Freund und Opus Dei-Gründer Escrivá genannt. Diesem wurde dieselbe Ehre 1992 zuteil. 17 Jahre nach seinem Tod. Und inzwischen (2002) ist er heilig gesprochen. Vom seligen Krampfadern-Heiler und Giftgaskrieger Karl Habsburg, Kaiser von Österreich, ganz zu schweigen.
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