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Landesmuseum Joanneum restituiert Schieles „Hafen von Triest“ |
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Dienstag, 14. März 2006 | |
Das Land Steiermark restituiert ein Gemälde Egon Schieles, Hafen von Triest (Öl auf Karton, 25 x 18 cm), entstanden im Jahr 1907. Hafen von Triest war durch den damaligen Leiter der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum, Dr. Walter Koschatzky, 1958 vom Salzburger Kunsthändler Friedrich Welz erworben worden. Ursprünglich befand sich das Gemälde im Besitz des Wiener Zahnarztes und Sammlers Heinrich Rieger, der seit 1900 Werke junger, in Österreich lebender Künstler wie Kokoschka, Faistauer, Egger-Lienz und Egon Schiele ankaufte.
Tod in Theresienstadt. Heinrich Rieger war jüdischen Glaubens und musste 1938 – wie schon 1921 im Zuge eines Vermögensabgabegesetzes – eine weitere Vermögenserklärung abgeben. Zu diesem Zeitpunkt umfasste seine Sammlung ca. 800 Objekte. Noch im selben Jahr wurde dem Ehepaar Rieger die in seinem Besitz stehende Villa in Gablitz bei Purkersdorf entzogen und 1942 wurden Rieger und seine Gattin nach Theresienstadt deportiert, wo Heinrich Rieger kurz drauf ums Leben kam. Berta Rieger starb 1944 im KZ Auschwitz. Die Kunsthändler Luigi Kasimir, Wien, und Friedrich Welz, Wien und Salzburg, erwarben die Sammlung Rieger zu großen Teilen. Die genauen Umstände des Erwerbs sind nicht geklärt, im Schriftverkehr taucht Hafen von Triest erstmals 1944 wieder als Privatbesitz von Friedrich Welz auf. Nach dem Sammlungsprofil von Heinrich Rieger muss man jedenfalls davon ausgehen, dass eine Veräußerung vor dem 13. März 1938 nicht stattgefunden haben kann. „Die Juristen sind zum Schluss gekommen, dass alles, was Rieger nach 1938 verkauft hat, unter Zwang verkauft wurde", sagt Dr. Gudrun Danzer, in der Neuen Galerie verantwortlich für Restitutionsfragen. Nach einem im Jahr 2000 erlassenen Landesverfassungsgesetz und einer Verfügung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst restituiert das Land Steiermark das Gemälde an die Erben des ehemaligen Eigentümers. Da diese nicht in Österreich leben, fungiert die Israelitische Kultusgemeinde als Treuhänder. Bis zur voraussichtlich Ende März erfolgenden Übergabe an die Besitzer ist das Gemälde im Spiegelsaal der Neuen Galerie zu besichtigen. „Wie wir heute wissen", kommentiert Kulturreferent LH-Stv. Kurt Flecker, „wurde Schieles Hafen von Triest der Familie Rieger unrechtmäßig abgenommen und war daher nie wirklich in unserem Besitz. Wir trennen uns mit verständlichem Schmerz, aber ohne Vorbehalte von diesem Bild." Auf die Frage nach einem möglichen Rückkauf des zuletzt auf 2,5 Millionen Euro versicherten Gemäldes erklärt Joanneum-Direktor Peter Pakesch, eine solche Summe sei „kaum aufzutreiben" und Flecker bestätigte lakonisch: „Das stimmt!" Das Schiele-Gemälde ist das bei weitem wertvollste Kunstwerk, das bis jetzt vom Landesmuseum an seine rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wird; und auch bei den noch zu erwartenden Restitutionsfällen handele es sich um wesentlich weniger wertvolle Stücke, sagt Danzer. Gleichzeitig mit der Neuen Galerie Graz restituieren auch zwei Wiener Museen Objekte an die Erben nach Heinrich Rieger, nämlich Egon Schieles Wiesenlandschaft mit Häusern von 1907 (Österreichische Galerie) und vier Gemälde der Künstler Hartenkampf, Andersen, Dobrowsky und Pauser (Wien Museum). Vorbildliche Handhabung der Restitution am Landesmuseum Joanneum. 1998, aus Anlass der im Jänner dieses Jahres erfolgten Beschlagnahmung zweier Schiele-Bilder aus der Wiener Sammlung Leopold in New York, begann die Neue Galerie Graz mit Recherchen über die Herkunft von Objekten ihrer Sammlung. Der Arbeitskreis „Erwerbungen und Rückstellungen aus jüdischem Besitz 1938 – 1955" unter der Leitung von Dr. Karin Leitner ist seither mit der Aufgabe betraut, Aktenmaterial der Kriegs- und Nachkriegszeit hinsichtlich bedenklicher Erwerbungen zu sichten und auszuwerten. 1999 wurde der Landesregierung ein erster, 400 Seiten umfassender Forschungsbericht vorgelegt, der die Grundlage für das am 14. März 2000 beschlossene Landesverfassungsgesetz zur Rückgabe fraglicher Erwerbungen aus jüdischem Besitz darstellte. Der Bericht listet Objekte aus den ehemaligen Wiener Sammlungen Rothschild, Bondy, Gutmann, Pollak und andere auf. Er behandelt auch Ankäufe über die Vugesta (VUGESTA war eine vom NS-Regime in Wien geschaffene Einrichtung, die von der Gestapo beschlagnahmte Umzugsgüter jüdischer Emigranten verkaufte, denen mit Erlass vom 1. August 1940 die Mitnahme von Sachwerten verboten worden war), die Gestapo, das Dorotheum und andere Auktionshäuser sowie über Treuhänder und Galerien. Angeführt sind bereits in der Nachkriegszeit erfolgte Restitutionen und in den Sammlungen verbliebene Objekte aus „erpressten Widmungen", deren Vorbesitzer entweder nicht bekannt waren oder auf die keine Restitutionsansprüche gestellt worden waren. Als erstes österreichisches Museum richtete das Landesmuseum Joanneum im Jahr 2001 auf der Homepage www.museum-joanneum.at eine Abteilung mit Gegenständen zweifelhafter Herkunft ein. Diese Dateien wurden in der Folge in zwei große europäische Datenbanken (www.lostart.de und www.lootedart.com) eingespielt. Seit Februar dieses Jahres besteht eine Kooperation mit der drittgrößten Datenbank Europas mit Sitz in London, www.swift-findlootedart.com. In Österreich arbeitet das Landesmuseums Joanneum in Restitutionsfragen mit der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (www.restitution.or.at) zusammen. Erbensuche ist oft schwierig. Seit dem Jahr 2000 wurden vom Landesmuseum Joanneum 23 Objekte an neun Personen aus den Abteilungen Alte Galerie, Neue Galerie, Kulturhistorische Sammlung und Münzensammlung restituiert; „eigentlich hatten wir uns auf die Veröffentlichungen auf unserer Homepage mehr Informationen erwartet", sagt Danzer. In manchen Fällen gestalte sich auch die Erbensuche sehr schwierig. Und: Noch immer gilt es bei Ankäufen Augenmerk auf die Herkunft zu legen – die gesetzlichen Vorschriften sehen eine Restitution für alle entzogenen Kunstgegenstände vor, auch wenn sie erst heute in den Besitz eines öffentlichen Museums gelangen. Für Private gilt die Restitutionspflicht nicht. Wenzel Mraček/cs
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