Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Avantgarde akut und Text total.
Mittwoch, 11. Juli 2007
perspektive. Hefte für zeitgenössische literatur. 54/55. 178 Seiten, 10,-- Euro

Alliteration als ironisches Stilmittel: Die aktuelle Doppelnummer der Literaturzeitschrift perspektive empfiehlt sich als Nachschlagewerk für alle, die nicht an den beiden perspekive-Veranstaltungen „Avantgarde akut – vom Verschwinden marktferner Räume“ (November 2006) und „Text total“ (Dezember 2006) teilnehmen konnten: Die Vorträge bzw. Lesungen beider Veranstaltungen sind hier dokumentiert. Im Fall von „Avantgarde akut“ ist die völlige Unterschiedlichkeit der Herangehensweisen von Interesse: Während Ilse Kilic Avantgarde als Nische definiert, sieht Walter Grond in der Digitalisierung von Literatur ein besonders fortschrittliches Moment. Helmut Schranz von der Gruppe p(erspektive) versucht auf einer Meta-Ebene des Avantgardebegriffs als ,Prozess‘ habhaft zu werden – „avantgarde ist kein marktplatz, sie greift systemkritisch in dessen regelwerk ein.“ Die Literaturwissenschafterin Anke Finger vermutet auf der gesellschaftliche Ebene eine Wiederholung der Konstellationen von zu Beginn des 20. Jahrhunderts und dementsprechend – nach Jahrzehnten postmoderner Beliebigkeit – ein Wiederaufleben der Bedingungen für einen Avantgarde-Diskurs, Ralf B. Korte spannt den Bogen vom futuristischen Manifest „Contro Venezia passatista“ bis zu künftigen Avantgarden, die „auf das zu reagieren haben [werden], was nach dem pyrrhussieg der totalen merkantilisierung kommt“ , Thomas Raab untersucht die historische Funktion künstlerischer Avantgarden bis zur Jetztzeit, Ferdinand Schmatz versucht sich in einer Definition von Kriterien der Avantgarde.
„Text total“ ist die süße Rache der Avantgarde an der Mainstream-Lyrik-Produktion – die exemplarisch am „Gedicht der Woche“ der deutschen Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vorgeführt wird. D. Holland-Moritz, Uwe Wanke und Ralf B. Korte machen sich da über Gedichte von Wolf Biermann, Friederike Mayröcker, Inger Christensen und einiger weniger bekannter ZeitgenossInnen her, dass es nur so scheppert. Der eindeutig amüsanteste Teil der vorliegenden Doppelausgabe.
cs

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