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Wege aus der Depression
Archiv - Soziales
Montag, 13. März 2006
ImageDas neu gegründete „Steirische Bündnis gegen Depression" hat sich drei Ziele gesetzt, die in den kommenden fünf Jahren umgesetzt werden sollen: eine Veränderung des Bewusstseins der Bevölkerung gegenüber der Krankheit, die Entstigmatisierung Betroffener und eine Verminderung der Suizide und Suizidversuche. Mit pro mente Geschäftsführerin Andrea Zeitlinger sprach Manuela Palmar für KORSO über die Motive und Möglichkeiten des „Steirischen Bündnis gegen Depression".

In Österreich leiden neun Prozent der Bevölkerung an Depressionen, das bedeutet rund 720.000 Menschen. In der Steiermark sind 59.000 betroffen. Aus ihren Unterlagen geht aber hervor, dass die Dunkelziffer weit höher liegt. Warum ist das so?
Das Problem ist: Die Erkrankung wird häufig nicht erkannt. Deshalb wollen wir durch gezielte Information sensibilisieren. Wir haben ein 4-Ebenen-Aktionsprogramm ausgearbeitet, das eine bessere Versorgung depressiver Patient-Innen zum Ziel hat. Zuallererst wollen wir Kooperationen mit HausärztInnen bilden. Wir wissen aus Studien, dass 70 Prozent der Leute, die sich das Leben nehmen vorher noch ihren Hausarzt kontaktieren. Es gibt noch erhebliche Defizite in der Diagnostik von Depressionen. Oftmals treten bei PatientInnen körperliche Beschwerden so in den Vordergrund, dass auf die psychischen Beschwerden gar nicht mehr eingegangen wird. Die zweite Ebene ist die Schaffung von Angeboten für Betroffene und Angehörige. Die dritte Ebene ist die Zusammenarbeit mit MultiplikatorInnen wie LehrerInnen, AltenpflegerInnen, Pfarrer und die vierte Ebene ist eine generelle Aufklärung der Bevölkerung durch Öffentlichkeitsarbeit.

Welche Aufklärungsmaßnahmen werden Sie setzen?
Ab März wird eine Internetplattform (www.buendnis-depression.at) eingerichtet mit wichtigen Informationen für Betroffene und Angehörige. Ein Servicebereich mit den wichtigsten Adressen von Kliniken, PsychotherapeutInnen, Krisendiensten und ÄrztInnen wird entstehen. Außerdem ist eine E-Mail Beratung angedacht. Zusätzlich wollen wir raus in die Regionen gehen. Die Auftaktveranstaltung in Judenburg war ein erster Schritt in diese Richtung. Der Lionsclub Judenburg-Knittelfeld hat vom „Steirischen Bündnis gegen Depression" gehört und ist an uns herangetreten. Bei der Vorstellung des Bündnisses hat das Rote Kreuz einer Selbsthilfegruppe spontan einen Raum für zukünftige Treffen geschaffen. So stellen wir uns die Arbeit vor.

Die WHO setzt die Depression für 2020 auf Platz zwei der größten Gesundheitsprobleme. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür, dass immer mehr Menschen an depressiven Erkrankungen leiden?
Ich glaube, es gibt einen Zusammenhang zwischen Ökonomie und Gesundheit: Die gesellschaftlichen Entwicklungen, die steigende Armut, die Kluft zwischen Arm und Reich. Außerdem vereinsamt unsere Gesellschaft zusehends. Das alles sind Gründe dafür, warum depressive Erkrankungen im Steigen begriffen sind. Deshalb müssen wir Strategien entwickeln, wie man mit dieser neuen Situation umgeht.

Sie wollen auch LehrerInnen als MultiplikatorInnen einsetzen. Sind auch Jugendliche gefährdet an Depressionen zu erkranken?
Natürlich. Aber Jugendliche leiden eher an Ängsten: Kontaktangst oder Zukunftsangst, z.B. Lehrer-Innen sollen unbedingt auf diese Krankheiten sensibilisiert werden. Wir wollen mit ProfessionistInnen, Betroffenen und Angehörigen in die Schule gehen und Vorträge halten, ähnlich wie wir es schon zum Thema Schizophrenie gemacht haben.

Ist das „Bündnis gegen Depression" nur auf die Steiermark beschränkt?
Wir haben uns am deutschen Vorbild orientiert. 2001 wurde das „Nürnberger Bündnis gegen Depression" gegründet. Durch eine gezielte Informationskampagne konnte ein signifikanter Rückgang suizidaler Handlungen um 24 Prozent erreicht werden. Ausgehend von Nürnburg ist das Bündnis in Deutschland nun nahezu flächendeckend am Werk. In Österreich gibt es in Tirol bereits ein Bündnis. Die Steiermark ist das zweite Bundesland. Aber auch Wien und andere Bundesländer sollen im Laufe der Zeit dazu kommen, damit wir österreichweit eine Plattform haben. Im Moment ist unser vorrangiges Ziel aber, in allen steirischen Regionen vertreten zu sein. Das wird noch eine Weile dauern. Wir freuen uns aber wenn Interessierte an uns herantreten, mit denen wir dann gemeinsam etwas auf die Beine stellen können.

Danke für das Gespräch!

Schirmherrschaft: Gesundheitslandesrat Helmut Hirt
Projektmanagement: Andrea Zeitlinger, pro mente
Bündnispartner: Stadt Graz, SBZ,
Lionsclub Judenburg-Knittelfeld

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