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„Gegen Volksausbeutung und für Volksaufklärung" – Franz Scheucher und „Der Republikaner"
Archiv - Zeitgeschichte
Image„Freunde, so sind wir also nun so weit, dass wir unseren lieben alten kampferprobten und trotz aller schwersten Anfechtungen und Gegnerschaften bis zum letzten Augenblicke treu und fest gebliebenen Republikaner einstellen müssen. Die heutige Ausgabe ist die letzte! […] Wir wissen es, dass nun so viele ehrlich ausrufen werden: Schade, wirklich schade ist’s um den Republikaner, denn er war das einzige unabhängige Blatt, das für alle Gerechten und gegen alle Lumpen aufgetreten ist!

Aber es ergeht ihnen damit so, wie allen jenen, die einem Verstorbenen die heißesten Tränen nachweinen, während sie zu seinen Lebzeiten mit Steinen nach ihm geworfen haben."Vor gut 75 Jahren, Ende Dezember 1931, musste Franz Scheucher die Herausgabe der Zeitung Der Republikaner einstellen. 13 Jahre lang hatte die Zeitung, die neben einem Medienprodukt auch ein politisches Projekt war, in Graz existiert.

Begonnen hatte alles während der Revolution von 1918, als die Monarchie in Folge des Ersten Weltkriegs zusammenbrach und aus ihr die – von großen Teilen der Eliten verabscheute und bekämpfte – Erste Republik entstand. Im Dezember 1918, Franz Scheucher war gerade aus dem Krieg zurück nach Graz gekommen, traf er sich mit Gleichgesinnten, denn: „Wir haben zwar Waffenstillstand, aber vom Frieden noch keine Spur, ja, dass der Kampf für uns jetzt erst recht beginnen wird, nur mit dem Unterschiede, dass wir, die wir diese furchtbaren viereinhalb Jahre nur Werkzeuge waren, nunmehr selbst Akteure werden müssen, wollen wir nicht jetzt erst recht untergehen."
Rasch wurde eine Partei gegründet und eine Wochenzeitung herausgegeben, wobei der Name bereits Programm war: Der freie Republikaner. In der ersten Ausgabe der Zeitung vom 26. Jänner 1919 heißt es: „Zu den vielen bestehenden Parteien tritt hiemit eine neue in die Öffentlichkeit, die sich ernstlich vorgenommen hat, die Wahrheit nicht auf den Kopf zu stellen, sondern in Anerkennung aller wirklichen Menschenrechte alle Jene um sich zu sammeln, die überzeugt sind, dass kouponschneidende Millionäre, zuschneidende Schneidermeister, um ihr mageres Getreide bangende Kleinbauern und um ihre Hirschen kämpfende Großjagdbesitzer, frohe, freie, um Liebe und Leben jauchzende Studenten und in finsterer Klosterzelle sich die ewige Seligkeit peitschende gottwohlgefällige Brüder vom heiligsten Herzen Jesu unmöglich alle zusammen gleiche Interessen haben können. […] Ihr Alle, die Ihr Alle für Alle da seid, um durch Eure Arbeit Eurem Volke und Eurer Zeit zu nützen, wer von Euch wagt es abzuleugnen, dass Euch die großen proletarischen Volksmengen näher stehen als Dynastien und Finanz Euch je gestanden."

So wurde Franz Scheucher Politiker und Redakteur, aber auch Agitator, politischer Kommentator, Vorkämpfer der Siedlerbewegung, Pionier der Freikörperkultur, Anarchist und Kommunist. Davor und daneben war er aber auch Landwirt und Schriftsteller. Unter dem Pseudonym Klaus Haim war der am 12. April 1883 in Leoben als Sohn eines Landwirtes geborene Franz Scheucher schon sehr früh literarisch tätig geworden. Zehn Jahre vor dem Freien Republikaner gab er ab 1908’s Nullerl. Die Monatsschrift zur Pflege steirischen Humors heraus. Daneben schrieb er Volksstücke, Lustspiele und in den 1930er-Jahren auch einen Roman und ein Opernbuch.
Geprägt von Karl Kraus und dessen Fackel sowie von den Erlebnissen im Ersten Weltkrieg gab er 13 Jahre lang teils mit anderen, teils allein den Republikaner heraus, wobei der Untertitel immer wieder wechselte. Aus dem „Parteiorgan der freien Republikaner" wurde 1925 eine „Wochenschrift für Kultur und Volksaufklärung" und 1928 das „Wiener und Grazer sozialistische Kampfblatt für österreichischen und internationalen Gemeindesozialismus. Wochenschrift für Kultur und naturharmonische Volksaufklärung". Letztlich sollte aus dem Parteiblatt der „Freien Republikaner" ein „Österreichisches unparteiisches Kampfblatt für alle werktätigen Stände gegen jede Volksausbeutung und zur Schaffung sozialistischer Gemeinde-Autonomie für ganz Europa" werden.

Dieser Wandel spiegelt auch das schon frühe Scheitern des politischen Projektes wider, das 1919 mit der Parteigründung in einem kleinen Gasthaus in der Radetzkystraße begann. ...

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