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Mit Pflanzenöl zur energieautarken Region
Archiv - Nachhaltigkeit und Ökoland
ImageUmweltfreundliche Antriebs-konzepte, die zugleich wirtschaftlich für Unternehmen interessant sind, erleben gegenwärtig einen erfreulichen Aufschwung: In Zeiten des drohenden Klimawandels verdienen auf diesem Feld insbesondere die CO2-neutralen Treibstoffe, die aus nachwachsenden Pflanzenkulturen gewonnen werden, ganz besondere Aufmerksamkeit. Die in den vergangenen Jahren rapide gestiegenen Rohölpreise haben dabei der intensiveren Suche nach umweltschonenden Alternativen in der Energieversorgung zusätzlich spürbare Impulse gegeben.

Dass das Interesse für neue Wege in der Mobilität auch in unseren Breiten ganz enorm ist, zeigte die Veranstaltung zum Thema „Pflanzenöl in Europa – mobile und stationäre Einsatzmöglichkeiten", die am 25.4.2007 im Gleisdorfer forum Kloster stattfand: Etwa 150 TeilnehmerInnen aus mehreren Bundesländern konnten sich auf der ganztägigen, von der AEE-Intec organisierten Fachtagung über den aktuellen Stand der Technik beim Einsatz von Pflanzenöltreibstoffen informieren.

Kampf für eine dezentrale Energiezukunft. Eine europaweite Vorreiterrolle auf dem Gebiet der energetischen Nutzung von Pflanzenöl nimmt die Bundesrepublik Deutschland ein, wo seit vielen Jahren entsprechendes Know-how konsequent weiterentwickelt wurde. Dass dabei aber auch immer wieder Beschwernisse auf dem Weg zur Energieautarkie zu gewärtigen sind, weiß Prof. Dr. Ernst Schrimpff, der Vorsitzende des Bundesverbandes Pflanzenöle, nur zu gut: „Leider werden die Vorzüge des heimischen Biokraftstoffs aus der Sichtweise der Politiker viel zu wenig wahrgenommen – Raps kann in Mitteleuropa im Wechselfruchtbau sehr umweltschonend angebaut und in dezentralen Anlagen – derzeit gibt es in Bayern etwa 500 davon – zu ungiftigem Pflanzenöl verarbeitet werden."
Auf Initiative von Energiekonzernen werden aber derzeit riesige Summen in den Ausbau von Großanlagen zur Erzeugung von synthetischen Treibstoffen aus Holz und Stroh investiert – mittels eines komplizierten Prozesses werden im Probebetrieb geringe Mengen an „SunFuel" erzeugt, der nur wenig mehr Energie liefert, als in seine Herstellung investiert wurde, wie Schrimpff ausführte: „Um profitabel zu arbeiten, müsste eine solche Raffinerie mehr als 44.000 Tonnen Holz täglich verarbeiten – eine ungeheure Verschwendung eines wertvollen Rohstoffs, noch dazu mit langen Transportwegen erkauft, die den ökologischen Nutzen mehr als fraglich erscheinen lassen."

Normung als Voraussetzung für breite Nutzung. Allen Widerständen zum Trotz ist die gegenwärtige Entwicklung als positiv zu bewerten. „Das sprunghaft angestiegene Interesse hat immerhin dazu geführt, dass sich nun mehr namhafte Motoren- und Landmaschinenhersteller auf die Nutzung von Pflanzenöl einstellen und entsprechende Produkte entwickeln", erklärte Dipl. Ing. Dieter Voegelin vom BV Pflanzenöle. Auch habe sich die Qualitätssicherung durch die Vornorm-DIN V 51605, die derzeit zur Norm weiterentwickelt wird, deutlich verbessert. Erheblichen Widerstand gäbe es leider von Seiten der Biodieselindustrie, da sie Pflanzenöl nur als Rohstoff und nicht als eigenständigen Kraftstoff akzeptiert. Dabei hat Rapsöl die beste Umweltbilanz aufzuweisen und verursacht insbesondere bei biologischem Anbau weniger als ein Sechstel der CO2-Emissionen von Diesel. Noch bessere Werte könnten durch den Einsatz von Mischkulturen, wie etwa Leindotter, erreicht werden. Eine wesentlich höhere Ertragsrate sei aber in tropischen Regionen erzielbar, wo etwa in Palmölhainen – mit Kulturen für Nahrungsproduktion kombiniert – bis zu 12 Tonnen Öl pro Jahr gewonnen werden könnten.

Regionaler Energiekreislauf als reale Vision. Eine ebenfalls zukunftsträchtige Variante ist der Einsatz von Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken (BHKWs), die Siedlungen, Betriebe und Gemeindezentren für eine stationäre Energieversorgung dienen können. Ein entsprechendes schwedisches Projekt der Stadt Falkenberg, das die Zuverlässigkeit und Effizienz dieser Kleinkraftwerke über viele Monate hinweg dokumentiert, wurde von Prof. Göran Sidén von der Universität Halmstad vorgestellt.
In Gleisdorf will man im Rahmen des EU-Projekts „Energy in Minds" ebenfalls verstärkt diese Technologie nutzen, wie Ing. Walter Schiefer, Direktor der Feistritzwerke-STEWEAG, betonte: „Nach dem erfolgreichen Testlauf eines solchen Aggregates auf unserem Firmengelände errichten wir derzeit ein gleiches Kraftwerk im forum Kloster, das verschiedene Gebäude der Stadtgemeinde mit Strom und Wärme versorgen soll." Weitere derartige Anlagen sind in näherer Zukunft für den Einsatz in Siedlungsbauten im Raum Gleisdorf vorgesehen. Damit wird, so Schiefer, „ein beachtlicher Beitrag zur Schaffung einer energieautarken Region geleistet, die uns für die Oststeiermark als Vision vorschwebt".
Zu deren Verwirklichung gehört auch ein Ausbau der Infrastruktur: Nach dem Vorbild der öffentlich zugänglichen „Umwelttankstelle" der Feistritzwerke sollen an weiteren Standorten Pflanzenöl-Abgabestellen eingerichtet werden; außerdem ist die Errichtung einer kleineren Ölpresse in Pischelsdorf für die regionale Versorgung geplant.

Intelligentes Sparen von Ressourcen. Die halbe Autoflotte der Feistritzwerke wurde auf den Betrieb mit Pflanzenöl umgerüstet, ältere Fahrzeuge können mit einer Beimischung zum Diesel von rund 50% betrieben werden. Vorbild für diese Maßnahme waren erfolgreiche Flottenversuche, die vom Ökocluster Oststeiermark im Rahmen der EU-Projekte POEM 1 und 2 durchgeführt wurden, wie Bakk. Birgit Birnstingl-Gottinger ausführte: „Allein durch Wertschöpfung der heimischen Ölsaaten bleiben in der Steiermark kurzfristig bis zu 4,7 Mio Euro, die dem heimischen Arbeitsmarkt zugute kommen."
Den Verantwortlichen ist bewusst, dass der Umstieg auf neue, nachhaltige Formen der Energienut-zung freilich nur die halbe Miete für eine entscheidende Reduktion der CO2-Emissionen ist. Die einheimische Produktion könnte selbst bei Intensivierung der Produktion im Wechselfruchtanbau nur circa 7 Prozent des Dieselverbrauchs substituieren, rechnet Günter Hasiweder vom Maschinenring Braunau vor.
Die Feistritzwerke setzen daher, wie Direktor Schiefer referierte, verstärkt auf den Einsatz modernster Logistik, um die Zahl der gefahrenen Kilometer weiter deutlich zu reduzieren. Auf mittlere Sicht sollen durch die intelligente Koordinierung der Dienstfahrzeuge mittels GPS-Daten fast ein Viertel aller Dienstkilometer eingespart werden. Ebenfalls im Konzept vorgesehen ist es, die Pendelgewohnheiten der MitarbeiterInnen unter die Lupe zu nehmen. Schiefer: „Wo der öffentliche Verkehr nicht ausreichend ausgebaut und die Strecken für das Rad zu weit sind, kann durch die Bildung von Fahrgemeinschaften ein Beitrag zum Energiesparen geleistet werden."
Josef Schiffer

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