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Sarayaku, Ecuador: Indigenas wehren sich gegen Ölfirmen
Archiv - Eine Welt
Donnerstag, 9. Februar 2006
ImageEine Indigenadelegation ist derzeit auf Informationstour durch Europa. Unterstützt durch das Klimabündnis Österreich machte sie auch Station in Österreich. KORSO traf Silvio Malaver Santi, Dorfführer von Sarayaku, zum Gespräch.

Sarayaku ist ein 2000-EinwohnerInnen-Dorf im ecuadorianischen Regenwald. 1992 konnte die Gemeinde durchsetzen, dass ihr das Territorium offiziell zugesprochen wurde. Dieser Sieg, schon damals im Kontext des Kampfes gegen die Interessen großer Erdölfirmen, war aber leider nur ein Teilsieg.

Alles unter der Erde gehört der Regierung – und den Konzernen. Die ecuadorianische Regierung dachte sich eine besondere Finte aus: Der rechtliche Anspruch auf das Territorium gilt nur für alles, was sich über der Erde befindet. Die Erdölvorkommen in der Tiefe blieben im Eigentum des Staates und wurden in so genannte Erdölblöcke unterteilt. Der ca. 200.000 Hektar große Block 23 liegt zum großen Teil im Territorium Sarayakus. Für diesen Block vergab die Regierung 1996 eine Linzenz an CGC, eine argentinische Firma. Diese wiederum verkaufte 25% der Linzenz an die US-amerikanische Burlington Ressources Inc. in Houston, welche zu Texaco gehört, und weitere 25% der Ausbeutungsrechte an die Firma Perenco mit Sitz in Paris. Die Bewohner von Sarayaku und den umliegenden Gemeinden wurden zwar um ihre Zustimmung zur Erdölförderung gefragt, doch wurde dabei wenig auf die Menschenrechte Rücksicht genommen: „Zuerst versuchte CGC die Anführer zu bestechen. Das gelang ihnen aber nur in einigen Fällen. Seit wir anderen uns gegen die Erdölförderung stellen und versuchen unser Territorium zu schützen, kommen immer wieder Paramilitärs, geschützt von Firmen und der Regierung. Die verschleppen unsere Leute und foltern sie, um uns zur Aufgabe zu bewegen", beschreibt Silvio Santi die Methoden der Ölfirmen.

Zukunftsangst und Verunsicherung. Die durch die Erdölförderung entstehenden Probleme sind vielfältig, dabei hat die Förderung noch gar nicht richtig begonnen. 1996 wurden Sondierungsbohrungen in Angriff genommen. Das bedeutet, dass an vielen Stellen tiefe, dünne Bohrungen gesetzt werden, in welchen dann Sprengungen durchgeführt werden. Santi: „Die Sprengungen verjagen das Wild. Manche Sprengkörper detonieren nicht. Das bedeutet Lebensgefahr für alle, die das Gebiet betreten. Durch die Bohrungen und Sprengungen wird auch das Wasser verseucht. Aber wir haben nur dieses Wasser und müssen es trinken." Neben diesen Auswirkungen für die Umwelt beschreibt Silvio Santi auch die verheerenden psychologischen Auswirkungen für seine Gemeinde. So sei es nicht mehr möglich, so wie früher zu leben. Der ganze Lebensrhythmus komme durch einander. Zukunftsangst und Verunsicherung prägen die Indigenas. Dazu kommen die wiederholten Bestechungsversuche von Seiten der Ölfirma, die die Gemeinden spalten und die Situation noch zusätzlich verschlimmern.

„Wir sind der Regierung egal." Das Vertrauen in offizielle Stellen hat Santi schon fast gänzlich verloren. So gelang es der Gemeinde zwar vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission Recht zu bekommen. Der Richter verpflichtete die ecuadorianische Regierung im Juli 2004 dazu die Rechte der Quichua einzuhalten und deren Gesundheit und Unversehrtheit sicherzustellen. Die Antwort der ecuadorianischen Regierung bestand, so Santi, aber nur in verstärkten Drohungen und Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Indigenas. Besonders schlimm dabei ist, so Santi: „Niemand tut etwas dagegen. Auch die Interamerikanische Menschenrechtskommission hat uns nach dem Urteil nicht mehr geholfen. Die ecuadorianische Regierung interessiert sich nur für die ausländischen Firmen und das Öl. Wir sind denen ganz egal." Auch auf einen möglichen politischen Wechsel, wie zum Beispiel in Bolivien, angesprochen reagiert Santi desillusioniert: „Die Parteien hier sind doch alle populistisch. Zuerst versprechen sie uns alles. Und danach machen sie wieder dieselbe Politik." Eine Vernetzung der Indigenas über die Staatsgrenzen hinweg und selbst innerhalb des Landes erscheint dem Dorfführer schwierig. Die Hoffnungen sind jetzt auf Unterstützung aus Europa gerichtet. Diese zu erlangen ist auch der Sinn der Informationstour.

Johanna Muckenhuber

Weitere Informationen zu Sarayaku finden sich auf der Homepage http://www.sarayaku.com

Das österreichische Klimabündnis unterstützt Sarayaku. Weitere Informationen gibt es auch unter www.klimabuendnis.at

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