Es gibt bisher noch keine Kommentare.
Passable Csárdásfürstin |
Archiv - Rezensionen | |
Mittwoch, 8. Februar 2006 | |
Operetten gelten als klassische Versatzstücke österreichischer Identität, mit der eine Verkleinerung großer Themen – Operette bedeutet ja kleine Oper, eine leicht überzuckerte Verharmlosung eines an sich eher tragischen Lebens verbunden ist. Die für Österreich typische Kolonisierung der Intelligenz durch sich selbst wird nirgendwo besser als in der berühmten Operettenseligkeit ausgedrückt. Gerade in den Motiven aus dem exotisch-magyarischen Amüsierbetrieb mit seinen leidenschaftlichen, gleichwohl abhängigen Damen findet diese österreichische Auto-Kolonisierung einen politisch-mentalen Ausdruck. Das Verbotene wird gefahrlos in fremder Nähe gespiegelt, das Dyonisische im Folkloristischen. Auf einen Puszta-Rausch wartete das Publikum am 21.12. 05 in der Csárdásfürstin in der Grazer Oper allerdings vergebens. Die Inszenierung von Robert Herzl war zwar grundsolid, aber ihre klare Visualisierung lehnte sich eher an die Revuen der Fünfzigerjahre an. Elisabeth Flechl als Titelheldin war körperlich in zu guter Form, um ihre Faszination auf die k.u.k. Männerwelt plausibel zu machen. Gesanglich bot sie gemeinsam mit ihrem Partner Dietmar Kerschbaum als Edwin solide Leistungen. Der konsequente Verzicht an Temperament gemahnte allerdings eher an einen Ehevertrag als an Höhen und Tiefen junger Liebe. Daniel Prohaska heimste dagegen verdienten Szenenapplaus ein, bot er doch als Graf Boni vieles, was man sonst an dem Abend vermisste: rasantes Tempo, circensische Tanzeinlagen, Witz, Charme. Dabei stand ihm Dorit Machatsch, als Stasi ideal besetzt, nicht unwesentlich zur Seite. Der Rest des Ensembles – passabel. Passabel, aber nicht mitreißend auch die musikalische Leitung von Rudolf Bibl, die wenig Glanz und Glut aufkommen ließ. Für alle, die den Trip in die österreichische Seele im Schongang riskieren wollen.
Willi Hengstler Weitere Aufführungen: Grazer Oper 4.2., 17.2. und 28.2.
» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich. |
< zurück | weiter > |
---|