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„Macht die Schule krank?“
Archiv - Wissenschaft und Forschung
Mittwoch, 8. Februar 2006
ImageDer Titel war vom Veranstalter AK gut gewählt – er war geeignet, den Saal zu füllen und Publikum aus den verschiedenen, mit an der Schule leidenden Kindern und Jugendlichen befassten Professionen anzuziehen. Aber der Referent Prim. Dr. Werner Leixnering veränderte diese Fragestellung gleich zu Beginn seines Statements. Er fokussierte auf die Suche nach bedrückenden Umständen, die vorhandene Krankheitstendenzen verstärken können und auf die Möglichkeiten durch aufmerksame Beobachtung und Gegensteuerung vorbeugend zu wirken.

Mag. Albert Kaufmann, Leiter der Bildungsabteilung der AK Steiermark, bezeichnete in seinen Einleitungsworten das Motto Leixnerings mit „der Jugend neue Perspektiven geben", schränkte aber gleich ein, dass die mangelnde Aussicht, in absehbarer Zeitz ins Erwerbsleben eintreten zu können, die Begleitung der Jugendlichen erheblich erschert.

Leixnering vertrat als Leiter der Jugendpsychiatrie der Wagner-Jauregg-Landesnervenklinik Linz die Sicht des Psychiaters, der die hoffentlich mehrheitlich ohne größere Schäden die Schullaufbahn durchlaufenden Jugendlichen nicht zu Gesicht bekommt, wohl aber diejenigen, die durch ein Zusammenwirken widriger Umstände und fehlende Hilfen an den Hürden der Schule kapitulieren. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Pädagogik seien gefordert, damit Probleme nicht unüberwindbar würden. Sich mit der schulinternen Kommunikation auseinander zu setzen, kränkende Muster zu erkennen und zu vermeiden, sich der eigenen, aus den persönlichen Schulerfahrungen erworbene Einstellung bewusst zu werden, sollte zum guten Ton in jeder Schule gehören. Wie jedes komplexe Kommunikationssystem brauche auch Schule Mediatoren – „Systembetreuer" von außen, die die Zusammenarbeit der Schulpartner Schüler – Lehrer – Eltern beobachten und bei Kommunikationsstörungen eingreifen können, bevor es zu einem „Systemabsturz" komme. Kinder mit Problemen brauchen sehr klare, individuell differenzierte Richtlinien und persönliche Begleitung, um den Anforderungen der Schule standhalten zu können. Und Lehrer brauchen Unterstützung, um diese individualisierte Pädagogik praktizieren zu können. Multiprofessionelle Helferkonferenzen, wie sie in Kliniken üblich sind, sollten auch in Schulen selbstverständlich werden. Und schließlich wagte sich Leixnering an die Vision der Reformpädagogen, Schule könnte sich in den Dienst der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer solidarischen Gesellschaftsordnung stellen und Kinder durch Lernen und Bildung zur Unabhängigkeit befähigen. „Aber", so das Resümee Leixnerings, „Schule ist ein Teil unserer Gesellschaft, so gut oder so schlecht wie die Gesellschaft als Ganzes." Zu erwarten, sie könne eine Insel des Guten sein, wäre allzu visionär.

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