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Klimawandel begünstigt tierische Zuwanderer
Archiv - Nachhaltigkeit und Ökoland
Donnerstag, 7. September 2006
ImageJohannes Gepp (ÖNB): „Südliche Insektenarten erobern zunehmend auch höher gelegene alpine Regionen.“

Die Auswirkungen des globalen Klimawandels – obwohl sie von den Vertretern internationaler Multis und konservativen Politikern gerne noch immer bestritten werden – haben neben Wetterkapriolen auch längerfristig drastische Veränderungen des Ökosystems im Gefolge. Besonders in regional ausgeprägten „Hot Spots“ lässt sich dies deutlich beobachten.

Die zum Teil drastischen Temperaturanstiege haben nach Beobachtung des Steirischen Naturschutzbundes spürbare Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt. Nach Auskunft seines Obmanns Dr. Johannes Gepp sind in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Tierarten, insbesondere verschiedene Insektenarten von Süden her in die Steiermark eingewandert.
Heißere Witterung bringt exotische Gäste. „In den vergangenen zwölf Jahren ist es in der Weststeiermark um durchschnittlich 3,3 Grad wärmer geworden“, berichtet der Grazer Universitäts-Zoologe Johannes Gepp. Damit liegt der Temperaturanstieg in Teilen der Steiermark deutlich über dem weltweiten Durchschnittszuwachs von 0,9 Grad. Dieser ist auch die Ursache dafür, dass immer mehr südlich verbreitete Tierarten nach Norden wandern, unter ihnen bekannte und prächtige Insektenarten, wie der Osterluzeifalter, die Gottesanbeterin und die Zebraspinne. Vom Grazer Institut für Naturschutz werden seit 30 Jahren so genannte Indikatortierarten beobachtet und deren Häufigkeits- und Verbreitungsänderungen wissenschaftlich akribisch dokumentiert. Nach diesen Daten haben insbesondere in den vergangenen zehn Jahren verschiedene Insektenarten ihre Vorkommensgebiete um 40 bis 50 Kilometer nach Norden verschoben bzw. treten diese nun auch in um bis zu 450 Meter höheren Lagen auf.
„Die kühleren Jahre 2004 und 2005, als geringere Ausbreitungen registriert wurden, haben den generellen Trend eindeutig bestätigt“, erklärt Gepp.

Gefahren für heimische Fauna und Flora.
Die von den Naturwissenschaftlern beobachteten Veränderungen in der Tierwelt können zum Teil schwerwiegende Konsequenzen für bestehende Lebensräume zeitigen. Selbst in langfristig stabilen Ökosystemen, wie in Waldgebieten, kann das Zusammentreffen verschiedener Faktoren kritische Entwicklungen auslösen. So setzt beispielsweise die Klimaerwärmung nicht nur in tieferen Lagen den seit dem 19. Jahrhundert aufgeforsteten Fichtenbeständen dermaßen stark zu, dass sie geschwächt den Borkenkäfern zum Opfer fallen. „Diese Käfer können durch den Klimawandel in immer höheren Lagen überleben“, sagt Gepp, „als Folge davon ist es durchaus möglich, dass allmählich wieder von Laubbäumen dominierte Wälder entstehen, in denen gänzlich andere Tier- und Pflanzenarten leben. Bereits bedrohte Tierarten könnten sogar ganz verschwinden, wie die in kleinen Wegpfützen lebende Gelbbauchunke.

Hysterie vor Spinnen ist überflüssig.
Die Ausbreitung von für den Menschen ernsthaft gefährlichen Tierarten ist vorerst jedoch nicht zu befürchten, beruhigt Gepp. Trotzdem hält er es für möglich, dass bei anhaltender Trockenheit die berüchtigte Schwarze Witwe in Österreich heimisch werden könnte: „Ihre Kernverbreitung in Dalmatien ist nur noch rund 300 Kilometer von unserer Südgrenze entfernt.“ Die im Sommer für Schlagzeilen sorgende Dornfingerspinne sei seiner eigenen Beobachtung zufolge aber schon mindestens 50 Jahre in der Steiermark heimisch und beißt nur bei Provokation zu. Der Biss, den er auf seinen zahlreichen Streifzügen durch die Natur nur einziges Mal auch selbst erlebt habe, sei nicht bedenklicher als ein Wespenstich und erfordert im Normalfall keine medizinische Behandlung.

Josef Schiffer

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