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Aufgeklärte Projektemacherei |
Archiv - Kultur | |
Donnerstag, 7. September 2006 | |
Daniel Defoe: Ein Essay über Projekte. London 1697. Herausgegeben und kommentiert von Christian Reder. Wien / New York: Springer 2006. 230 Seiten, EUR 39,95
Die Organisation wirtschaftlicher Tätigkeit in Form von Projekten ist signifikant für das kapitalistische Wirtschaftssystem seit den Tagen seiner Entstehung und nicht etwa eine Erscheinung jüngsten Datums. Der Chronologie der ökonomischen Entwicklung der Nationen Europas entsprechend stammt daher auch jener Autor, der sich als erster empirisch mit dem Thema des „Projektemachens“ befasste, aus England. Die früheste Reflexion des Begriffes findet sich im Erstlingswerk von Daniel Defoe, der später u.a. als Autor des Robinson Crusoe zu Weltruhm gelangte. An „An Essay Upon Projects“ (1697) überrascht nicht nur die sehr moderne, unternehmerische Herangehensweise an wirtschaftliche Vorhaben, sondern auch eine ganze Anzahl an Analogien zwischen dem beginnenden kapitalistischen Zeitalter und der Phase des entfesselten Neoliberalismus. So unterscheidet Defoe Projekte, die von öffentlichem Nutzen sind „und bei welchen der Urheber neben seinem eigenen Vorteil auch jenen des Gemeinwesens im Auge hat“ von den „Betrügereien und Schlichen[n] von Börsenspekulanten, Maschinenbauern, Patentinhabern, Komitees, zusammen mit jenen Börsenhanswursten, den Maklern“.
Im Zentrum des Essays stehen allerdings weniger private wirtschaftliche Vorhaben, sondern wirtschaftspolitische Reformvorschläge, die Erleichterungen für die Unternehmerschaft bringen sollte – vor allem für die Kaufleute, deren Stand ja Defoe selbst angehörte. So tritt er etwa für die Errichtung regulierter staatlicher Banken ein, die bessere Sparzinsen, vor allem aber günstigere Kredite für Gewerbe und Handel bieten sollten; denn derzeit seien die Banken „nur ein großes Geschäft zum Privatvorteil einiger weniger am Stammkapital beteiligter Personen“ – eine Situation, die sich nach dem Ende des keynesianischen Zeitalters wenig anders darstellt. Die Einleitung des Herausgebers über den „Beginn des Projektzeitalters“ bietet eine ausführliche und für sich allein genommen lesenswerte ideengeschichtliche Einordnung der Positionen des Autors.
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