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Von Puntigam und Fohnsdorf nach Spanien – Steirer auf der Seite der spanischen Republik
Archiv - Kultur
Donnerstag, 7. September 2006
ImageInternationale Flak-Batterie aus dem Jahr 1938 mit zahlreichen steirischen Freiwilligen

Vor 70 Jahren begann in Spanien der Bürgerkrieg, der drei Jahre dauern sollte und das Vorspiel zum Zweiten Weltkrieg war. KORSO bringt aus diesem Anlass einen Beitrag des Grazer Historikers Dr. Heimo Halbrainer über die steirischen Freiwilligen auf der Seite der spanischen Republik.

„Liebe Eltern! Teile Euch mit, dass ich von Paris nach Hendaye gefahren bin. Wir haben den ganzen Tag den Kampf zwischen Faschisten und Proletariern an der Grenzstadt Irun zugesehen. Vielleicht habt Ihr davon schon gelesen. Die Faschisten wurden zurückgeschlagen. [...] Wir sind mit dem Auto nach San Sebastian gefahren und in ein paar Stunden stehe ich an der Front gegen die Faschisten. Sorgt Euch nicht um mich, mir geht es hier gut. Verzeiht mir, dass ich Euch nicht gesagt habe, was ich im Sinn hatte. Es sind Österreicher hier und viele andere Nationen. Glaubt den Zeitungen nicht, die lügen. Mir könnt ihr glauben. Es grüßt Euch herzlich, Adolf“
Dieser Brief von Adolf Moser aus Fohnsdorf erreichte seine Eltern genauso wenig wie jene von Raimund Trolp und Gottfried Vallant. Die Sicherheitsdirektion für das Land Steiermark beschlagnahmte diese im September 1936. Die Bergarbeiter Moser, Trolp und Valland waren Mitte August 1936 gemeinsam mit Otto Blatnik, Heinrich Griesmaier und Josef Kaltenegger von Fohnsdorf nach Spanien gefahren, um der bedrohten Spanischen Republik zur Hilfe zu eilen.
Einen Monat zuvor hatten am 17. Juli 1936 die Generäle unter Francisco Franco de Bahamonde von Spanisch-Marokko aus einen Putsch gegen die im Februar 1936 gewählte spanische Volksfrontregierung unternommen, der vorerst scheiterte. Erst nach einem dreijährigen Bürgerkrieg und mit Unterstützung des faschistischen Italien und des nationalsozialistischen Deutschlands gelang es den Putschisten die republikanischen Truppen, die von über 35.000 Freiwilligen aus mehr als 50 Ländern unterstützt wurden, – unter ihnen so bekannte Personen wie George Orwell, Arthur Köstler oder Octavio Paz – zu besiegen.
Eine sehr große Gruppe unter den Freiwilligen bildeten gemessen an der Einwohnerzahl die rund 1.350 Österreicher und Österreicherinnen. Darunter waren auch 160 Steirer und zwei Steirerinnen.

Wege nach Spanien. Als die Nachricht vom Putsch der Generäle Österreich erreichte, riefen die Vertreter der seit 1933/34 illegalen Kommunisten und Sozialisten zur Solidarität mit dem republikanischen Spanien auf. Dabei dachten sie vorerst weniger daran, Freiwillige nach Spanien zu schicken als vielmehr an materielle und propagandistische Unterstützung. Doch schon bald wurden sie von der spontanen Bereitschaft ihrer Mitglieder, die der spanischen Republik zur Hilfe eilen wollten, „überrollt“. So wurde ab Herbst 1936 über die „Rote Hilfe“, einer Organisation der KPÖ, in Wien die Ausreise nach Spanien zentral organisiert. Dabei erhielten die Freiwilligen das nötige Geld für die Bahnkarte nach sowie eine Meldeadresse in Paris. Wer keinen gültigen Reisepass hatte, wurde illegal über die Grenze gebracht.
Noch bevor diese Form der Ausreise nach Spanien organisiert wurde, fuhren bereits erste Freiwillige auf eigene Faust nach Spanien. Zu den ersten Österreichern, die der spanischen Republik im August bzw. September 1936 zur Hilfe eilten, gehörten die erwähnten Fohnsdorfer sowie vier Grazer. Dabei war die Reise der aus Graz-Puntigam stammenden Gruppe recht abenteuerlich, legten sie doch einen Teil mit dem Fahrrad zurück, wie aus einem von der österreichischen Exekutive abgefangenen Brief hervorgeht.
Ein nicht geringer Teil der steirischen Freiwilligen kam aus der Sowjetunion nach Spanien. Es waren dies jene, die nach den Februarkämpfen 1934 in die Sowjetunion geflohen waren. Diese gelangten jedoch erst verhältnismäßig spät – im Frühjahr bzw. Sommer 1937 – nach Spanien, was unter anderem daran lag, dass sich die Sowjetunion längere Zeit an den Spielregeln der Nichteinmischung hielt. Diese waren übrigens mehr oder weniger die einzigen Steirer, die über eine militärische Ausbildung verfügten, da sie vor ihrer Abreise aus der Sowjetunion eine mehrwöchige militärische Schulung absolvierten.

Steirer in Spanien. Die ersten noch im Sommer 1936 nach Spanien gekommenen Österreicher, unter ihnen die Fohnsdorfer, kämpften vorerst in der katalanischen Miliz. Erst nach der offiziellen Gründung der Internationalen Brigaden Ende Oktober 1936 wurden die in Spanien Ankommenden nach Albacete gebracht, wo sie eine kurze militärische Einschulung erhielten und den einzelnen Brigaden zugeteilt wurden. Die meisten steirischen Freiwilligen kämpften im österreichischen „12. Februar 1934“-Bataillon und waren 1936 und Anfang 1937 in Madrid, am Jarama-Fluss und bei Guadalajara sowie um Brunete, bei der Offensive auf Turuel und schließlich am Ebro, wo in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1938 die letzte große Offensive gestartet wurde, im Einsatz. Insgesamt verloren bei diesen Kämpfen mindestens 23 Steirer ihr Leben, von annähernd gleich vielen ist das weitere Schicksal nicht bekannt.
Nachdem am 23. September 1938 der spanische Ministerpräsident Juan Negrín vor dem Völkerbund den Abzug der Internationalen Brigaden als Vorbedingung dafür verkündet hatte, dass auch Franco auf die Hilfe der faschistischen Verbündeten Deutschland und Italien verzichten würde, wurden die Internationalen Brigaden – zu diesem Zeitpunkt über 12.000 Personen – am 15. November in Barcelona verabschiedet. Während tausende Interbrigadisten in ihre Herkunftsländer zurückkehrten, war dies für die Österreicher, deren Land seit März 1938 nicht mehr existierte, nicht möglich. Als Franco am 24. Dezember 1938 seine Offensive gegen Katalonien startete, meldeten sich daher die bereits verabschiedeten Steirer gemeinsam mit anderen, die nicht in ihre Heimatländer zurückkonnten – unter ihnen vor allem Deutsche, Italiener, Jugoslawen, Ungarn und Tschechen – zum sogenannten „Zweiten Einsatz“. Am 23. Jänner 1939 marschierten sie nochmals Richtung Barcelona, wo der Vormarsch der Franco-Truppen jedoch nur mehr kurz verzögert werden konnte, ehe sie zur französischen Grenze zogen, wo sie von den Franzosen in Lager interniert wurden. Einige Steirer konnten in der Folge in die Sowjetunion bzw. nach Großbritannien ausreisen, von wo aus sich einige wieder als Kundschafter bzw. Partisanen meldeten, die hinter der Front in der Slowakei, in Slowenien oder Italien absprangen. Der Großteil der Steirer landete jedoch in deutschen Konzentrationslagern. Insgesamt starben 40 steirische Spanienkämpfer bei den Kämpfen in Spanien, in den Konzentrationslagern oder als Partisanen hinter den Fronten. Unter ihnen auch vier der ersten Freiwilligen aus Graz und Fohnsdorf.

Heimo Halbrainer


Literaturtipp: Hans Landauer / Erich Hackl, Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer 1936-1939, Wien 2003.

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