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Essenzen fürs Leben – Rückbesinnung auf die Kräfte der Natur
Archiv - Wissenschaft und Forschung
Samstag, 8. Juli 2006
ImageProf. Dr. Rudolf Bauer: „Pflanzenextrakte haben im Rahmen der neuen EU-Gesetzgebung eine Erfolg versprechende Zukunft und werden vielfach synthetische Wirkstoffe ersetzen."

Seit Jahrtausenden haben eine Vielzahl von Arzneipflanzen und Gewürzkräutern die Entwicklung der menschlichen Zivilisation begleitet und finden bis heute in nahezu allen Lebensbereichen vielfältige Verwendung – von der Medizin über die tägliche Ernährung bis hin zur Körperpflege.

Allen synthetisch hergestellten Stoffen der Pharma-, Kosmetik und Lebensmittelindustrie zum Trotz erlebt die Nachfrage nach natürlichen Pflanzenextrakten in den vergangenen Jahren eine Renaissance, die nicht zuletzt den heimischen Produzenten erfreuliche Marktchancen eröffnet.

Projekt „EssenZ" Ökopark Hartberg. Im Rahmen von „EssenZ" beschäftigt sich wissenschaftliche Forschung am Ökopark Hartberg schon seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema Pflanzeninhaltsstoffe. In Kooperation mit dem Institut für Nachhaltige Techniken und Systeme der JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft (INTS) wurde im Impulszentrum Hartberg ein Technikum zur besseren Erforschung von Inhaltstoffen aufgebaut. Im „Pflanzentechnikum" stehen eine Extraktionsanlage zur Herstellung von Extrakten aus Pflanzenmaterialien sowie eine Wasserdampfdestillationsanlage zur Gewinnung ätherischer Öle zur Verfügung.

Netzwerke für regionale Zukunft. „Das vorrangige Ziel des Projekts", erklärt Dr. Herbert Böchzelt vom INTS, „ist die Erzeugung funktioneller Pflanzenextrakte und deren weitere Verwendung in den Segmenten Lebensmittel, Gesundheit und Kosmetik sowie Tierfütterung." Im Vordergrund steht bei der praxisorientierten Forschung die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft, die im gemeinsamen Netzwerk – ähnlich dem Netzwerk NUBIOR, das der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen gewidmet ist – an der Entwicklung von marktfähigen Produkten beteiligt sind.

Lokale Wertschöpfung. Ergänzend zu den Aktivitäten im Ökopark Hartberg richtet sich die Hilfestellung des Impulszentrums ILR Auersbach an Lebensmittel produzierende Betriebe sowie Wellnessbetriebe der Oststeiermark, um diese bei der Etablierung innovativer Produkte zu unterstützen. Durch die Positionierung von lokalen Erzeugnissen am Markt – die Wachstumsraten für Produkte mit natürlichen Wirkstoffen liegen in der EU bei 15-20 % jährlich soll eine höhere Wertschöpfungstiefe in der Region erreicht werden. Im Rahmen des Projektes „EssenZ" werden daher konkrete Produktbeispiele, beginnend von der Ideenfindung über Marktforschung bis hin zur Erstellung wirtschaftlicher Marketing- und Exportkonzepte erarbeitet.

Fachtagung „Essenzen fürs Leben". Eine der wichtigsten Voraussetzung für den Erfolg von Netzwerken bildet der Austausch von Informationen: Das kürzlich am Ökopark abgehaltene Symposium „Essenzen fürs Leben – Pflanzenextrakte und ätherische Öle" – mitorganisiert von Joanneum Research – gab dem anwesenden Fachpublikum einen Überblick über die laufenden Projekte sowie interessante Hintergrunddetails zu ausgewählten Themenbereichen. Der thematische Bogen der hochkarätigen Referenten, die von Prof. Dr. Hans Schnitzer und Dr. Herbert Böchzelt begrüßt werden konnten, spannte sich von Problemen des Kräuteranbaus über die Gewinnung und die Einsatzbereiche pflanzlicher Wirkstoffe bis hin zu den rechtlichen Rahmenbedingungen.

Neue Trends in Pflanzenbau und Phytomedizin. Der biologische Anbau von Heilkräutern wird als „Alternative für die Landwirt der Region immer interessanter, aber auch die Anforderungen der verarbeitenden Industrie sind gestiegen", gibt DI Wolfgang Zemanek, einer der führenden Kräuterproduzenten der Region, zu bedenken, denn nicht nur die Freiheit von Schadstoffen, sondern auch eine gleich bleibend hohe Qualität und lückenlose Dokumentation der Produktion sind Vorraussetzungen für Aufträge von Seiten der renommierten Hersteller von Naturheilmitteln und -kosmetik.
Dass die natürlichen Extrakte für die Herstellung von Heilmitteln eine viel versprechende Zukunft haben, erläuterte der Pharmazeut Prof. Dr. Rudolf Bauer von der Universität Graz: „Biogene Arzneimittel dienen zunehmend als Ersatz für synthetische Stoffe in medizinischen Anwendungen, denn die in ihnen enthaltenen Wirkstoffgemische sind Einzelsubstanzen oft überlegen, dazu kommt es wesentlich seltener zu allergischen Reaktionen." Eine der wesentlichen Vorrausetzungen ist allerdings auch hier der Nachweis der Wirkung und die Minimierung von Risken durch sorgfältige klinische Studien. Nur eines der vielfältigen Einsatzgebiete ist auch die Beimischung von Pflanzenextrakten zum Tierfutter, die sich als vollwertiger Ersatz für die inzwischen verbotenen Antibiotika erwiesen haben.
Josef Schiffer


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