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ROBIN HUT |
Archiv - Kolumne | |
Samstag, 8. Juli 2006 | |
Briefe aus Absurdistan
14. Brief: Juli 2006 Hallo alter Freund! Zumeist sind es doch die ganz großen oder die ganz kleinen, privaten Begebenheiten, an denen wir Absurditäten besonders deutlich erkennen können. Und da hatte unser kleines Land jetzt doch etwas ganz Besonderes zu bieten, wenn es auch nicht wirklich zum Mittelpunkt der Welt wurde, wie uns manche gerne glauben machen wollten. Aber immerhin: Der aller- allermächtigste Mann der Welt stattete uns einen Besuch ab. Absurd war dabei nicht, dass er mit einem eigenen Jumbojet kam. Dass Amerika noch nicht kapiert hat, dass manche Energien nicht erneuerbar sind, wissen wir. Und auch nicht, dass er mit einem ganzen riesigen Tross angereist kam. Das war bei den Herrschern dieser Welt immer schon so. Absurd war eher, dass der President of the United States ausgerechnet nach Österreich reist. Beweist er doch am Beispiel des ehemals wunderbaren New Orleans schon seit mehr als einem Jahr, wie locker er eine Handvoll Millionen Leute am ausgestreckten Arm verhungern lässt, wenn sie nicht in dem Ruf stehen, deutlich seiner Gesinnung zu zuneigen. Und New Orleans liegt – hoffentlich – eindeutiger in seinem Zuständigkeitsbereich. Dass er nun statt nach New Orleans nach Wien jettete, lässt allerdings einen furchtbaren Schluss zu: Es hat sich selbst schon bis ins Weiße Haus durch gesprochen, dass hier in Österreich eine Regierung des selben Geistes – nein, den unterstellt Mr. Bush ja wirklich kaum jemand – also der selben Gesinnung am Werk ist. Sonst wäre ja nur noch vorstellbar, dass Mr. President, oberflächlich wie er in der Verarbeitung von Informationen ja angeblich ist, diesen Besuch gerade als Wiedergutmachung an den mehrheitlich Schwarzen von New Orleans sieht, weil eben hier auch mehrheitlich Schwarze in der Regierung sitzen. Die paar Orangen werden ihn dann wohl verwirrt haben, aber vielleicht hat man ihm die ohnehin verschwiegen. Absurd aber auch mit welcher Selbstverständlichkeit die Öffentlichkeit das Ende einer Ära hinnimmt, die ja bestenfalls zwei, drei Jahrhunderte gedauert hat. So ungefähr seit der französischen Revolution ging ja tatsächlich immer mehr Macht vom Volk aus und mussten sich ja die Herrschenden tatsächlich zunehmend Mühe geben, diesem auch zu gefallen. Dafür aber jubelte man ihnen auch bereitwillig zu und konnten sie durch Straßen gesäumt von jubelnden Massen defilieren. Und auch wenn die zwei Ausnahmen des letzten Jahrhunderts diesem gleich zwei verheerende Kriege einbrachten – Franz Ferdinands Ermordung den 1. Weltkrieg und mit einem lebenden John F. Kennedy wäre wohl die Vietnam-Sache anders gelaufen – im Grunde genommen herrschte Friede zwischen den Herrschenden und den Völkern. Wie uns der Besuch von George Bush jr. bei unserm Kanzler deutlich vor Augen führte, sind diese Zeiten aber wieder vorbei: Ganze Stadtteile werden gesperrt, Lufträume sowieso und wie bei den alten römischen Diktatoren müssen Vorkoster wieder die Speisen prüfen. Nur dass diese heute Biochemiker heißen und nicht selber dran glauben müssen wenn Gift drin ist, im Essen des Herrschers. Noch nicht. Denn das schaffen sie auch noch, die Bushes dieser Welt. Und ihre Freunde natürlich.
Dein Robin Hutt
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