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„Der Sozialstaat ist dazu da, Bedürftigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen“ |
Archiv - KORSO Sozial FORUM - Schwerpunkt: Sozialstaat | |
Donnerstag, 1. Juni 2006 | |
Caritas-Präsident Franz Küberl sprach mit Manuela Palmar für KORSO SozialForum über die Notwendigkeit des Sozialstaats.
Der Sozialstaat sei in der bisherigen Form nicht finanzierbar, behauptet der Mainstream der Politik, obwohl die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit nach wie vor von Jahr zu Jahr reicher wird. Wie sehen Sie diese Entwicklungen? Der Sozialstaat ist kerngesund, besser gesagt, der Sozialstaat ist im Kern gesund. Problematisch wird es allerdings an den Rändern. Hier wird immer wieder debattiert, ob die nötigen Ressourcen vorhanden sind. Ich bin mir sicher, dass der Sozialstaat finanzierbar ist. Es muss in Österreich möglich sein, dass Menschen, die Absicherung benötigen, diese auch bekommen. Fairerweise sollte man aber sagen, dass die Leistungen so aufgeteilt werden müssen, dass sie auch in Zukunft tragbar sind. Es muss eine Umverteilung stattfinden: Gut verdienende Menschen sollen jene unterstützen, denen es nicht so gut geht. Die Caritas ist im Wesentlichen damit beschäftigt, diejenigen aufzufangen, die durch das in vielen Bereichen immer weiter geknüpfte soziale Netz fallen. Welche sozialen Gruppen sind da entsprechend der praktischen Erfahrung der Caritas-Tätigkeit im Besonderen und zunehmend betroffen? Besonders betroffen sind Menschen, die bereits seit längerer Zeit arbeitslos sind, aber auch schwerkranke oder gesundheitlich beeinträchtigte Personen. Zunehmend betroffen sind Alleinerzieherinnen. Nicht zu vergessen Menschen, die in der Peripherie wohnen und auf Grund der schlechten Infrastruktur auf materielle Ressourcen angewiesen sind, wie z.B. ein Auto, die sie sich nicht leisten können. In diesem Bereich sind Frauen wieder stärker benachteiligt. In der Stadt gibt es eine größere Anzahl an Kinderbetreuungseinrichtungen und die Wege zur Arbeit sind kürzer. Alleinerzieherinnen haben in einem urbanen Umfeld eher eine Chance Arbeit zu finden. Teilen Sie die Ansicht, dass der Sozialstaat nur für Bedürftige da sein sollte? Nein, ich glaube der Sozialstaat ist da, um Bedürftigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Wir können nicht nur arme Menschen kranken- oder pensionsversichern. Der Sozialstaat soll jeden dabei unterstützen in vernünftigen Verhältnissen zu leben. Ohne die Grundabsicherung, die wir in Österreich haben, würden knapp 50 Prozent der Bevölkerung in Armut leben.
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