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ROBIN HUT
Archiv - Politik
Dienstag, 7. Februar 2006
Lieber Freund!

Wo denn dieses Absurdistan eigentlich liegt, das ich immer als Absendeadresse meiner Briefe angebe, fragst du mich? Wer denn seine Einwohner seien? Und wo denn die Grenzen dieses geheimnisvollen Landes verliefen?


Regional gesehen umfassen die Grenzen von Absurdistan wohl alle bewohnten Gebiete unserer Welt. Dass aber aus meiner Sicht die Welthauptstadt Absurdistans hier bei uns liegt, ist wohl auch klar. Weil ich unsere heimische Absurditätenproduktion klarerweise deutlicher unter die Nase gerieben bekomme.

Ein Beispiel: Wohl für jeden normal denkenden Menschen ist einigermaßen absurd, was derzeit in der Steiermark zum Thema Feinstaub abgeht. Nachweislich schädigt Feinstaub uns Menschen und zwar vor allem unsere Kinder und Enkel sowie unsere Großeltern und Eltern. Dann findet sich ein Politiker, der sagt: „Ist zwar sicher nicht lustig, aber da müssen wir was tun, selbst wenn es so unbequeme Dinge sind, wie ein Fahrverbot für Pkw." Dieser gute Mann namens Landesrat Manfred Wegscheider wagt es also tatsächlich, die Meinung zu vertreten, dass die Gesundheit der Menschen, die hier leben, wichtiger sei, als ihr Recht, als statistisch berühmte 1,2 Personen pro Pkw der Mobilität zu frönen. Zusätzlich erwartet er auch noch, dass nicht alle schreien: „Haltet den Dieb" oder „Ätschipetsch" weil es ja gar nicht genug öffentliche Verkehrsmittel für diesen furchtbaren Tag gibt, an dem sich tatsächlich das Universum verdunkelt und man gezwungen sein könnte mit dem Bus oder der Bim zu fahren. Vielmehr erwartet er sich, dass jetzt die anderen Zuständigen auch mithelfen und nach Lösungen suchen. Sammeltaxis etwa, das tageweise Zugesperrtlassen von Geschäften, die keine Artikel für den täglichen Gebrauch verkaufen zum Beispiel, sodass die Angestellten zu Hause bleiben können – Nein, nein, das habe ich nie geschrieben. Ich weiß doch, dass die Welt untergeht, wenn man an einem oder zwei aufeinander folgenden Tagen kein Parfum von Guerlain kaufen kann und keine Seidenbluse von Gucci. Das wäre nicht nur ein bloßer Weltuntergang, das wäre noch viel schlimmer: Richtig wirtschaftsfeindlich wäre das schon. Ist doch wirklich absurd, auf was für Ideen dieser Mann mich bringen kann.
Womit wir wieder bei meiner Behauptung sind, dass die Entscheidung, wo denn die Welthauptstadt Absurdistans liege, eine Frage des Blickwinkels ist. In dem Fall eines zeitlichen und räumlichen Blickwinkels: Diese Vorschläge stammen nämlich von Wissenschaftern, welche in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts Vorschläge gegen die absurde Smogsituation in Mexiko City erarbeiten sollten. Und klar: Auch dort kam ein Gebrüll von den Vertretern der Wirtschaft: Was hatte ihr Umsatz mit den Lungen der anderen zu tun, wie bittschön kämen sie dazu, ihren wirtschaftlichen Erfolg dem unter zu ordnen. Und schließlich: Dann könnten sie den Menschen auch keine Arbeit mehr geben. Auch nicht solange deren Lungen noch halbwegs intakt seien.

Du siehst also: Absurdistan ist überall. Gerade deshalb mit lieben Grüßen von dort!

Dein Robin Hut

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