Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
News from the world
Sonntag, 14. November 2010
Wimmlers Demontagen von Karl Wimmler CHi-Chi-Chi-le-le-le! Alles hängt miteinander zusammen und ist sehr kompliziert. Zumindest in meinem Kopf.
1.    Der vormals Blackwater genannte Konzern, mächtigste Privatarmee der Welt, hat nicht nur einen neuen Namen: Xe Services. Er hat auch neue Verträge von der US-Regierung für Afghanistan bekommen: Bewachung aller US-Konsulate jenseits von Kabul etc., Kostenpunkt 120 Millionen Dollar.
2.    Eines der größten Kontingente nichtamerikanischer Soldaten, die Blackwater seinerzeit in den Irak brachte, stammt aus dem Fundus chilenischer Militärs der Pinochet-Diktatur. „Für den Preis eines GIs bekamen sie bis zu fünf Chilenen.“ (Le monde diplomatique)
3.    Der im Jänner dieses Jahres gewählte chilenische Präsident Sebastián Pinera, Milliardär, Miteigentümer einer Fluglinie, des Fernsehsenders Chilevision, sowie eines Fußballclubs, begann seine Karriere noch unter Pinochet. Schwamm drüber. Wie Millionen, nein, Milliarden Menschen auf dem ganzen Erdball inzwischen wissen, ist er ein Menschenfreund.  Etwas besseres als 33 gerettete Bergleute zu umarmen und mit ihnen die Nationalhymne zu singen, kann keinem Gangster, pardon, Staatschef, passieren. Selbst die in diesen Dingen heikle Frankfurter Allgemeine nannte ihn den „Berlusconi Chiles“.
4.    Was Wunder, dass ihm da, wie kürzlich auf Staatsbesuch in Deutschland, ausgerechnet „Deutschland über alles“ einfällt, wenn er ins Gästebuch des deutschen Amtskollegen was einzutragen hat.
5.    „So gut gegessen wie in den letzten zwei Monaten unter Tage haben die 33 Kumpel in ihrem Leben noch nie“, ätzte ein chilenischer
Oppositioneller.
6.    Der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa erhielt den Nobelpreis für Literatur 2010. „Sogar sein ergebenster Bewunderer, Daniel Kehlmann, muss einräumen, dass Vargas Llosa allmählich in die Unterhaltungsliteratur abgeglitten ist und seinem Gesamtwerk schon lange keine neuen Aspekte mehr hinzufügt.“ (Sigrid Löffler)
7.    Vargas Llosa war einer der prominenten Unterstützer der Wahl Pineras.
Wundern Sie sich auch manchmal, was Ihr Kopf alles aushält?


Israel-Palästina.
Im September schrieb ich an dieser Stelle über „die Linken und Israel“. Ein Wiener Leser fühlte sich angesprochen und schrieb an KORSO: Ohne Zweifel war und ist Österreich das Kernland des katholischen Antisemitismus, der das ideologische Fundament des Holocaust bildete. Aber die Mehrzahl der heutigen Antisemiten sind keine Israel-kritischen Linken, sondern aufrechte Unterstützer Israels, weil sie sich klammheimlich alle Juden aus Österreich fort wünschen.
Das mag stimmen. Dass die Mehrzahl der heutigen Antisemiten in Österreich Linke wären, kann man meiner September-Kolumne allerdings beim besten Willen nicht entnehmen. Ungeachtet dessen schadet es nicht, sich über die Politik der Linken in diesem Zusammenhang den Kopf zu zerbrechen. Ich hatte über die internationalistischen Defizite der Linken geschrieben und unter Bezug auf Israel resümiert: Warum man aus einem Land mit einer antisemitischen Vergangenheit wie der österreichischen sich just in den Israel-Palästina-Konflikt als Oberlehrer einmischen soll, ist mir schleierhaft. Gibt es doch weltweit genug kompetente Leute inklusive Israelis oder Europäer mit jüdischen Wurzeln, die sich auf produktive Weise damit beschäftigen.
Dazu der Kritiker: Diese Argumentation wirft für mich einige Fragen auf: Gibt es Kollektivschuld und wenn ja, wie lange dauert sie? Muß ich ganz, halb, viertel Jude sein, um Kritik üben zu dürfen? Genügt ein Jude als Partner? Wer bestimmt, welche Kritik zulässig ist?

Diese Fragen erstaunen nun doch. Es ging und geht ja nicht darum, ob „ich“ oder irgend jemand anderer diese oder jene Meinung als Person haben „darf“, Kritik üben „darf“; ob eine Kritik „zulässig“ ist oder nicht. Bekanntlich gibts Meinungsfreiheit (wenn auch oft nur als Freiheit, bequeme Meinungen zu haben). Es steht jedem – zwar nicht weltweit, aber wohl jedem und jeder in Österreich – frei, die diversen Staatschefs beispielsweise in Nahost für Verbrecher und ihre Politik für verhängnisvoll zu halten. Das war und ist nicht mein Thema. Die Frage ist, ob es sinnvoll und angebracht ist, wenn eine politische Richtung in unserem Land, die ich, ich gestehe, nebulos als „die Linke“ oder „die Linken“ umschrieben habe, sich im Israel-Palästina-Konflikt exponieren soll. Außer in der Pflege von guten Beziehungen mit jenen Menschen und ihren Nachkommen, die vor Jahrzehnten von hier vertrieben worden sind.

Mein Nein auf diese Frage (das auch auf alle anderen politischen Strömungen in diesem Land auszudehnen wäre) beantwortet der Kritiker mit der „Kollektivschuld“-Keule. Und die ist dumm. Denn natürlich gibt es keine „Kollektivschuld“. Komischerweise übrigens wird das Wort von der „Kollektivschuld“ nur im Zusammenhang mit der Judenverfolgung und -Vernichtung immer wieder bemüht. Ich habe es noch nie jemanden benutzen gehört, wenn es etwa um das Verschulden am Klimawandel oder an der Produktion von Hunger und Armut auf dieser Erde geht. Obwohl manche Leute auch hier mit einem „Kollektivverschulden“ argumentieren. Ich nicht. Auch nicht beim Holocaust. So wie man in unseren Breiten auch mit gutem Recht von der Sippenhaftung abgekommen ist. Aber die Ablehnung der Sippenhaftung ist kein Freibrief für die Sippe. Angehörige oder Nachkommen von Kinderschändern etwa tun gut daran, sich nicht etwa als Experten für Kinderschänder oder deren Opfer in den Mittelpunkt zu stellen. Da sind höchstens leise Töne angesagt. Und Bescheidenheit. Das sollte die österreichische Linke zu Israel/Palästina ebenso halten. Andere Gelegenheiten für Lärm und Alarm gibt’s haufenweise.
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