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Kahlschlag statt Kulturpolitik?
Dienstag, 5. Oktober 2010
Unter dem Eindruck der drohenden Sparmaßnahmen debattierten am 7. September auf Einladung der IG Kultur die KultursprecherInnen der Landtagsparteien über ihre Vorhaben in Bezug auf Kulturförderung und -budget. Eine Theaterschaffende formulierte die Probleme der Betroffenen unter dem Applaus des Publikums: „Wir alle haben Sorgen, wie man mit uns umgehen wird, wie unsere Arbeit weitergeht. In einer Zeit, in der Spekulieren um Finanzen wesentlich wichtiger ist, als dass wir uns umeinander kümmern, müssen Kultur und Kunst zumindest um 10% höher dotiert werden, weil wir reflektieren, was in einer Gesellschaft vor sich geht.“

„Ein schweres Ringen“ mit dem Finanzreferenten.
Die Moderierenden Eva Ursprung und Stefan Schmitzer versuchten so manch vage Stellungnahme der PolitikerInnen auf den Punkt zu bringen. In Bezug auf Budgetaussagen gab es allerdings nur wenige konkrete Ansätze. Ilse Reinprecht (SPÖ) hoffte auf eine bessere Zukunft und gab Christopher Drexler (ÖVP) Recht, was seine Aussage betraf, die Verteidigung der Kultur sei eine Aufgabe für alle Parteien, da man Budgetbeschlüsse nur in Allianzen treffen könne. Drexler meinte, dass man Budgets nicht als monolithischen Block sehen könne: Vielmehr gehe es darum, einiges zu reduzieren, anderes aber unverändert zu lassen. Als Institutionen, bei denen für ihn Einsparungen möglich wären, nannte er die „Supertanker“ wie Joanneum, Regionale, den steirischen herbst und die GmbHs des Landes, „an denen man drehen könnte“, um mehr Geld für Kunstschaffende und „tolle Projekte“ zu holen. Georg Fuchs (KPÖ) bezeichnete Kürzungstricks als unrealistisch und betonte die Unzufriedenheit der KPÖ gegenüber der Landesverfassung, die viele Entscheidung-
en nur auf Regierungsebene vorsieht. Konkrete Vorschläge, wie mehr Geld für Kultur zu lukrieren wäre, formulierte Sabine Jungwirth (Grüne): Bei einem Bevölkerungsanteil von 14% erhalte die Steiermark nur 4% der Bundesmittel im Kulturbereich – hier sei noch einiges zu fordern. Weiters sprach sie sich dafür aus, den „Rundfunkschilling“ zur Gänze dem Kulturbudget zukommen zu lassen – das würde drei Millionen Euro einbringen; 40% dieser Mittel fließen derzeit zweckungebunden in den Landessäckel. Reinprecht (SPÖ) bezeichnete eine solche Umschichtung als gerecht, da der ORF enorm von der Kunstszene profitiere. Drexler (ÖVP) entgegnete, das sei „ein schweres Ringen“, denn der Finanzreferent sehe es lieber, wenn Mittel zweckungebunden blieben.

Kürzungen bei „Supertankern“?
Sparmaßnahmen bei Gesellschaften und großen Institutionen stand die Runde, im Gegensatz zum Publikum, eher kritisch gegenüber. Fuchs wies darauf hin, dass Einsparungen in solchen Betrieben nur zu Entlassungen führen würden. Dort seien viele Arbeitende beschäftigt und es sei keine Lösung, Menschen, die schon ein abgesichertes Leben haben, in die Arbeitslosigkeit oder Teilzeit- und Stundenarbeit zu drängen. Reinprecht fügte hinzu, es gebe mit Joanneum und Theaterholding Verträge bis zum Jahr 2014, die könne man ohnehin nicht für nichtig erklären. Und Moderatorin Eva Ursprung fragte: „Wollen wir, dass alle so prekär leben wie in der freien Szene? Es soll doch allen besser und nicht schlechter gehen.“
Monika Klengel (Theater im Bahnhof) warnte ebenfalls vor Neid: „Auch die Großen sind von Sparmaßnahmen betroffen und wir alle sitzen im selben Boot. Natürlich ist eine Aufführung am Theater im Bahnhof billiger als bei Badora. Aber ich wünsche mir eine solidarische Sichtweise, denn auch die Großen stehen unter finanziellem Druck. Viel wichtiger ist es, den Bund ins Boot zu holen. Viel zu wenige Mittel fließen in die Steiermark.“ Dem entgegnete Anita Hofer (KiG), man müsse sich aber fragen, inwiefern es gerechtfertigt sei, dass das Kulturressort des Landes Steiermark selbst Kulturprogramme gestalte, anstatt Kulturpolitik zu betreiben. Reinprecht beendete diesen Punkt mit der Warnung, dass man nicht glauben dürfe, Erspartes oder Umgeschichtetes würde einfach in die freie Kulturszene fließen, es gebe ja auch andere Ressorts, die Geld brauchten.

Front gegen „Krone“-Attacken.
  In der Diskussion wurden auch die Angriffe der Kronenzeitung gegen Kulturvereine angesprochen (KORSO berichtete). Das warf in der Runde die Thematik der Mehrfachförderungen auf – also Förderungen durch mehrere Ressorts und Stellen. Drexler distanzierte sich von der Aussage, Kulturförderungen seien sinnlos oder untransparent. Reinprecht betonte, dass Mehrfachförderungen in den meisten Fällen ein Projekt erst möglich machen. Untransparent sei an Vereinsförderungen gar nichts, denn die müssten bis zum letzten Cent abgerechnet werden. „Wäre daran tatsächlich etwas untransparent, hätte die Krone gar nichts herausfinden können“.

Alle für eine Sozialversicherung für Ehrenamtliche.
Da auch Kulturvereine hauptsächlich durch ehrenamtlichen Einsatz getragen werden, fragte Stefan Schmitzer nach dem Schicksal eines Antrags, der 2009 von Drexler gestellt wurde, um die Sozialversicherung für ehrenamtlich Arbeitende durchzusetzen. Drexler gab an, der Antrag sei zwecks Beratung in Unterausschüsse weitergeleitet worden. Mit Ende der Legislaturperiode habe sich das Thema erledigt, aber er würde sich mit Beginn der neuen Amtsperiode nach wie vor dafür einsetzen. Reinprecht sagte, der Antrag sei liegen geblieben und habe den Landtag nicht passiert, sie sei aber auch für Weiterführung. Fuchs verteidigte die Sozialversicherung für alle, bezeichnete jedoch den Amtsweg des Antrags als Beerdigung erster Klasse: „Wenn man sich nicht deklarieren will, dann weist man den Text einem Unterausschuss zu, der dann nie tagt. Jungwirth: „Sozialversichert sollten alle sein. Die Sozialversicherung für selbständige Künstler ist auch verbesserbar – ja, auch wir werden dafür stimmen.“

Joanneum: Ordentliche Arbeitsverhältnisse kosten mehr.
Das Podium widersprach auch Vorwürfen aus dem Publikum, das Universalmuseum Joanneum sei der Aufforderung zu sparen nicht nachgekommen, weil sich die Personalkosten innerhalb eines Jahres verdoppelt hätten. Drexler erklärte diese Kostensteigerung damit, dass prekäre Arbeitsverhältnisse bekämpft und VigilantInnen, VermittlerInnen und DienstleisterInnen in ordentliche Beschäftigungsverhältnisse geholt wurden. Fuchs gab Drexler darin Recht, verlangte aber, die vom Joanneum ausgegebenen Consultinghonorare zu hinterfragen, „zumal die Ressortleiter diese Arbeit leisten sollten“.

| Karina Liebe-Kreutzner
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