Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
21. bis 26. Oktober 2010: Hoch die Zivilgesellschaft
Dienstag, 5. Oktober 2010

Elevate Civil Society <a href="http://2010.elevate.at<2010.elevate.at</a>

Im Mittelpunkt des diesjährigen Grazer Elevate-Festival für zeitgenössische Musik, Kunst und politischen Diskurs stehen die Entwicklungen der Zivilgesellschaft.
Christian Stenner sprach mit Elevate-Mastermind Daniel Erlacher.

Der Begriff „Zivilgesellschaft“ wird allgemein – nicht nur beim Elevate-Festival – affirmiert. Ist es nicht ein wenig naiv, die „Civil Society“ nur positiv zu besetzen? Schließlich sind auch Bewegungen wie diverse Bürgerinitiativen gegen den Bau von Moscheen bis hin zu „Neighbourhood-Watch“-Aktivisten und Bürgerwehren selbst- und  zivilgesellschaftlich abseits staatlicher Autoritäten organisiert …
Neu definieren werden wir den Begriff der Zivilgesellschaft eher nicht, es gibt ja bereits fundierte Definitionen. Wir haben uns selbstverständlich viele Gedanken zum Thema gemacht und intensiv in alle Richtungen recherchiert. Natürlich ist „Zivilgesellschaft“ ein Begriff, der theoretisch auch die genannten „Bürgerwehren“ oder Ähnliches miteinbezieht. Zumeist ist der Begriff aber eher positiv und fortschrittlich konnotiert, was sich ja bei genauem Hinsehen auch im Diskursprogramm des Elevate Festivals 2010 widerspiegelt. Mit Naivität hat das aber nichts zu tun. Eher mit dem bewussten Stärken der positiv-progressiven Seiten zivilgesellschaftlichen Engagements.

Das Elevate Festival setzt sich wie jedes Jahr zum Ziel, vor allem progressive zivilgesellschaftliche Kräfte zu unterstützen und spannende aktuelle Projekte, Initiativen und Organisationen zu „elevaten“.
Im Jahr 2010 wollen wir konzeptionell einen Schritt in eine eher „aktivierende“ Richtung gehen und setzen vermehrt darauf, Menschen zum konkreten Handeln anzuregen.
Ob der Begriff der „Zivilgesellschaft“ für derlei Inhalte tatsächlich noch zeitgemäß ist, wird sich am Festival herausstellen und wir freuen uns auf anregende und auch kontroverse Diskussionen!

Ihr bringt eine interessante Mischung an AktivistInnen und  TheoretikerInnen nach Graz – von den Aktionisten „The Yes Men“ bis zum erfrischend radikalen Sprecher der Friends of the Earth International, Nnimmo Bassey, der eben den alternativen Nobelpreis erhalten hat. Ihr dokumentiert „Wege aus der Krise“, die nicht zulasten jener gehen sollen, die schon bis jetzt draufgezahlt haben. Und ihr versucht in Debatten einen historischen Überblick über  „Protestkultur“ zu geben. Erhofft ihr euch Inspiration für aktuelle Bewegungen? Da gibt es ja auch einen Open Space dazu …
So ist es! Wir wollen eine Plattform bieten, um verschiedenste Projekte und Menschen zu vernetzen und zu unterstützen. Dass so etwas ganz gut klappt, haben schon die letzten Jahre bewiesen. Wir bieten außerdem das gesamte diskursive Programm inklusive Dokumentarfilme und Workshops bei freiem Eintritt an.
Es geht jedoch nicht nur um die Vernetzungsmöglichkeit von AktivistInnen und WissenschafterInnen, sondern vor allem auch um die Einbindung und Motivation des Publikums. Durch das Konzept von Elevate, ein zeitgenössisches Musik- und Literaturprogramm mit kritischem politischen Diskurs zu verbinden, erreichen wir eine andere Öffentlichkeit als eine rein politische Konferenz oder ein Musikfestival. Die einzigartige Verbindung schafft Interesse und Aufmerksamkeit von verschiedensten AkteurInnen und ist auch für Medien attraktiv. Damit ergibt sich auch die Möglichkeit Themen und Inhalte einem breiteren Publikum zu vermitteln.

Ein Programmpunkt beschäftigt sich auch mit der Rolle der klassischen und der nun schon nicht mehr so neuen Medien bei der Vermittlung zivilgesellschaftlicher Anliegen. Welche Erkenntnisse dürfen wir uns hier erwarten – außer jenem, dass Widerstandsformen u.a. auch tendenziell entwertet werden, wenn sie sich ausschließlich in den neuen Medien entfalten – siehe etwa die überhandnehmende Flut an Online-Petitionen? Gleichzeitig scheint es, dass ein immer erbitterterer Wettlauf zwischen den Überwachern und politisch motivierten Nutzern der neuen Medien stattfindet … wer wird da den Sieg davontragen, Goliath dank seiner überragenden Mittel oder David dank seiner Motivation?
Das sind spannende Fragen, die wir auf vielfältige Weise am Festival thematisieren. Sowohl die sinnvolle Nutzung des „Web 2.0“ als auch die Gefahren des Orwell‘schen Überwachungsapparates werden mit ExpertInnen analysiert und diskutiert. Chancen und Risiken dieser noch immer fortschreitenden großen Medienrevolution sind zentral wichtige Themen des 21. Jahrhunderts – nicht nur aus der Perspektive kritischer DenkerInnen.
Erkenntnisse können am Festival auf verschiedenste Art und Weise gewonnen werden. Wir haben ja heuer z.B. mit Anjali Kamat eine Produzentin und Moderatorin der weltweit einzigartigen (und bei uns täglich auf Okto.tv abends ausgestrahlten) Nachrichtensendung „Democracy Now!“ zu Gast und erwarten uns spannende Einblicke in die Produktionsmethoden und Arbeitsweisen des von Amy Goodman gegründeten unabhängigen Mediums. An diesem Beispiel ist auch die sinnvollen Nutzung der neuen Medien in Verbindung mit der Produktion einer „klassischen“ Nachrichtensendung (Radio und TV) gut zu erkennen.
Mit dem eigenen Projekt des Elevate Mediachannel entsteht zudem ein Medienexperiment mit dem Ziel, an allen fünf Tagen des Festivals nicht nur rund um die Uhr künstlerische und informative Inhalte zu senden, sondern in Eigenregie auch für die barrierefreie Liveübertragung der Vorträge und Podiumsdiskussionen zu sorgen. Hier kooperiert Elevate nicht nur mit der FH Joanneum, sondern auch mit einem engagierten Team junger Techniker und FilmemacherInnen. Am Programm steht unter anderem auch die Liveübertragung der Big Brother Awards aus Wien, abends am 25.10. Übrigens ein Beispiel unter vielen, wo David mit kreativen Mitteln die Daten-Goliaths entlarvt.
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