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Gewöhnliches ungewöhnlich machen |
Montag, 13. September 2010 | |
Die Herbst-Ausstellung „Milk Drop Coronet“ in der Camera Austria lässt Fotografen zu Trickstern werden.
Der Aufprall eines Milchtropfens passiert wahrscheinlich alltäglich unregistriert an jedem Frühstückstisch. Die Magie in scheinbar gewöhnlichen Stoffen des Alltags verpufft beständig und ungesehen. Die Fotografie aber kann diese Vorgänge extrahieren und festhalten. Wie Harold Edgerton, der 1957 mit seiner berühmten Fotografie besagten Milchtropfen einfriert. Der Aufprall als ein Moment zwischen Stillstand und Bewegung, die Fotografie, die diese Zeitlosigkeit aufnimmt, der Auslöser, der den Milchtropfen für immer in seiner explodierten Schwebe hält und ein langsames Ausfließen, das gemeinhin folgen würde, unmöglich macht. Miniaturausstellungen zwischen Zeigen und Verstecken. 30 Künstlerinnen und Künstler wurden von den Kuratoren Reinhard Braun und Maren Lübbke-Tidow eingeladen, verschiedenste Virtuositäten des Dinglichen in ihrer unmittelbaren Bildsprache zu erzählen – in Form von kleinen Miniatur-Einzelausstellungen. Als Anknüpfungspunkt zum heurigen Herbst-Schwerpunkt der „Meister, Trickster und Bricoleure“ forciert die ungewohnte Rahmung ein Moment, für das sowohl vom Künstler als auch vom Betrachter neue Spielregeln gefunden werden müssen. Die 30 Tischvitrinen zwingen die FotografInnen, in ihren Experimenten mit dem limitierten Raum hauszuhalten. Und BesucherInnen werden über die horizontale Lesesituation zu einem vertieften Betrachten eingeladen. Konstatierte Pierre Bourdieu der üblichen Medienbildsprache ein impliziertes „Verstecken durch Zeigen“, indem wichtige Information von unwichtigen Details umspült wird, so wird hier der umgekehrte Weg eingeschlagen. Eine Strategie des Zeigens durch Verstecken macht eine rein oberflächliche Orientierung am Sujet unmöglich. Dabei wird Gewöhnliches so geschildert, dass das außergewöhnliche Moment für einen Augenblick zutage tritt. Allerdings nicht auf eine vordergründige Weise. Die Betrachtung wird entschleunigt. Eben so wie der Milchtropfen. Über die Peripherien von Graz hinaus. Weiters soll in diesem Zusammenhang auf eine Buchveröffentlichung hingewiesen werden, die als Koproduktion mit dem steirischen herbst erscheint: Der Künstler Peter Piller veröffentlicht darin Fotografien, die während seiner „Peripheriewanderung“ in Graz im Frühjahr entstanden, als er das Stadtgebiet an der Grenze zwischen besiedelten und unbebauten Flächen umwanderte. Zwischen dörflichen Gegenden und urbanen Ausläufern entstand Band D seines Materialarchivs, das keinen konkreten urbanen Zusammenhang sucht, keinen regionalen Besonderheiten nachläuft, sondern ein Feld von durchaus auch widersprüchlichen und heterogenen Bildern erzeugt. Das Buch „Archiv Peter Piller, Materialien (D) Peripheriewanderung Graz“ ist in der Edition Camera Austria, Graz erschienen. Die Ausstellung „Milk Drop Coronet – 30 Ausstellungen zur Virtuosität des Dinglichen“ eröffnet am Samstag, 25. September 2010, um 12 Uhr und ist bis 9. 1. 2011 in der Camera Austria zu sehen. | Eva Pichler
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