Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
15 Jahre Fremdsprachenzentrum des Europarates in Graz
Montag, 19. Juli 2010
1995 nahm das Europäische Fremdsprachenzentrum seine Tätigkeit in der steirischen Landeshauptstadt auf. Bei einem anlässlich des 15-jährigen Bestandsjubiläums abgehaltenen Round-Table konnte der Leiter des Zentrums, Waldemar Martyniuk, in- und ausländische Gäste – darunter Wissenschaftsmininsterin Beatrix Karl – begrüßen und eine äußerst positive Bilanz der bisherigen Tätgkeit ziehen. Die zentrale Aufgabe des Europäischen Fremdsprachenzentrums ist die Erarbeitung innovativer, dem aktuellen Bedarf angepasster Konzepte für den Fremdsprachenunterricht, wobei von der Zielvorstellung des Plurilingualismus ausgegangen wird: Jede Sprache stellt einen kommunikativen Wert für sich dar, jedem Menschen soll die Möglichkeit geboten werden, im Laufe seines Lebens zusätzlich zu seiner Muttersprache mindestens zwei weitere Sprachen zu erlernen, bestehende Mehrsprachigkeit muss erhalten werden – das betrifft auch und im Besonderen Minderheitensprachen.
Die Konzepte und Materialien werden in themenzentrierten, mehrere Jahre währenden „Medium Term Programmes“ von internationalen ExpertInnen aus den Mitgliedstaaten des ECML – derzeit sind es 33 – erarbeitet, die gleichzeitig Kontaktstellen und Disseminatoren in den jeweiligen Ländern sind.

Anerkennung von Seiten der EU-Kommission.
Bundesministerin Claudia Schmied betonte in ihrer Grußbotschaft, dass „Plurilingualismus in globalisierten Gesellschaften nötiger denn je“ sei, ähnlich äußerte sich Wissenschaftsminister Karl: Grenzüberschreitende berufliche Mobilität sei ein zunehmendes Phänomen, das unterstützt werden müsse, mehrere Sprachen zu beherrschen sei „eine Vorbedingung für den produktiven Austausch auf internationaler Ebene.“
Die stellvertretende Leiterin der Abteilung Sprachenpolitik bei der EU-Kommission, Fiorella Perotto, unterstrich die gute Zusammenarbeit der EU mit dem EFSZ und nannte mehrere konkrete Beispiele für den Nutzen, den die Abteilung aus der Arbeit des Zentrums bzw. des Europarates ziehen konnte – etwa indem sie sich in ihrer Tätigkeit auf den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen stützte, der für die kommunikative Kompetenz unerlässliche aktive und passive Sprachfertigkeiten auf sechs Niveaus definiert. Damit werden u.a. Lehr- und Lernziele europaweit vergleichbar. Auch die vom EFSZ herausgegebenen Leitlinien zum frühen Sprachenerwerb sind in die einschlägigen Aktivitäten der Kommission eingeflossen.

Keine Projekte aus dem Elfenbeinturm.
Der Keynote-Speaker der Festveranstaltung, der Grazer Universitätsprofessor David Newby, gab in seiner humorvollen Ansprache einen Überblick über die bis jetzt geleistet Arbeit des Zentrums und betonte, dass es sich dabei um alles andere denn Projekte aus dem Elfenbeinturm handele, weil deren Mitarbeiter – von Spanien bis Armenien, von Island bis Zypern – ja selbst mitten in der sprachenpolitischen Praxis ihrer Herkunftsländer stehen. Newby: „Außerdem hat sich die Beziehung zwischen Theorie und Praxis geändert, die jungen LehrerInnen sind an Innovationen interessiert.“ Als weitere praktische Beispiele nannte er Arbeiten zur Erstellung von Lehrmaterial, die 1997 gerade zur rechten Zeit kamen, als die Oststaaten mit Lehrbüchern überschwemmt wurden, „die nichts mit der lokalen Unterrichtskultur zu tun hatten“, und einen Workshop über Kommunikative Kompetenz in mulitkulturellen Gesellschaften, der 1998 im zerstörten Sarajewo abgehalten wurde und „einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau des lokalen Sprachunterrichtswesens leistete“.
Den Glückwünschen zum Jubiläum schloss sich auch die lokale und regionale Politik an – von LAbg. Prof. Gerald Schöpfer (in Vertretung von Wissenschaftslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder) bis Gemeinderätin Elisabeth Potzinger (in Vertretung von Bürgermeister Siegfried Nagl). Besonders applaudiert wurde dem im Publikum anwesenden „Gründungsbürgermeister“ des Zentrums, Alfred Stingl, der sich in den Neunzigern vehement dafür eingesetzt hatte, diese Einrichtung nach Graz zu holen.

 | cs
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