Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Reale Verquickungen von Kunst und Design
Donnerstag, 10. Juni 2010
Die Kunst rund um die Gestaltung von Lebensräumen bevölkert Space 01 des Kunsthauses. In Anlehnung an das Jahresthema „So lebt der Mensch“ präsentiert ein Designduo hier seine Lebenswelt – Désirée Heiss und Ines Kaag sind BLESS. Einrichtungsgegenstände, Accessoires, Mode – all jene Dinge, mit denen wir uns tagtäglich umgeben, sind neben ihrer vorausgesetzten Funktionalität immer auch starke Signalträger für jenes scheinbar individualisierte Persönlichkeitspuzzle, das sich Lebenseinstellung nennt und das auch in seinen verschiedenen Außenhüllen der Innenwelt würdige Symbole tragen will.
In ihrer Tätigkeit zwischen Mode und Kunst versuchen BLESS seit 1997 durch Re-Definition das Verständnis für Materialien und Objekte zu erneuern oder sie erfinden überhaupt neue Produkte. Ihre Ideen entwickeln sie dabei aus dem persönlichen Alltag heraus, indem sie Dinge, die sie gern anders hätten, einfach selbst in die Hand nehmen und umgestalten. Als Kinder der 70er Jahre sind sie der gelebten Do-it-Yourself-Faszination mit der eigenen Nähmaschine treu geblieben, haben sie gewissermaßen professionalisiert.

Wohnzimmerfeeling in der Hängematte.
Museumsluft schnuppern Désirée Heiss und Ines Kaag dabei nicht zum ersten Mal, denn ihr konzeptueller Ansatz macht sie immer wieder auch für die Kunstwelt interessant. Der Titel „N°41 Retrospektives Heim“ macht dabei die ganze Ausstellung zum Produkt, das sich der Schaffung eines Living Room innerhalb der kalten Museumshülle verschrieben hat – mit Tageslicht über eigens eingebauten Lichtschacht, Frischluft und verschiedensten Sitzmöglichkeiten. Die kleinen Objekteinheiten sollen dabei das Gefühl mindern, sich in einer Bahnhofshalle entspannen zu wollen, kunsthauseigene Leuchtobjekte werden nach unten gezogen und die starre Raumhülle mit aufgeklebter Fototapete heimelig in reale Entspannungs- und Lebensräume der zweiten Dimension erweitert.

Von der Kunst in die Konsumzone.
BLESS-Mode und BLESS-Objekte sorgen indes am Boden für einen Fleckerlteppich aus Pflanzen, Kleidungsstücken und Lampen, die von unten nach oben „hängen“ und  den Gehbereich als Zimmerdecke erstrahlen lassen. Dazwischen in sich versunkene Kleiderpuppen im BLESS-Outfit und immer wieder teils surreale, teils verspielte Elemente aus dem BLESS-Universum: ein „vielseitiger“ Sanduhrstuhl, ein Knautsch-Couchauto, allerhand ferngesteuertes Gerät und eine interaktive Tastatur, die jedes Email zum Workout mutieren lässt und damit sämtliche Verspannungen der Computerarbeit vorbeugend in Bewegungsenergie umwandelt.
Das taktile Element hat für die beiden große Bedeutung und wird eine Herausforderung für die KunsthausaufseherInnen: die ausgestellten Dinge sind zum Ausprobieren, zum Berühren, zum Sitzen und zum Schaukeln gedacht. Eine Umkleidekabine muss man im Kunsthaus immerhin missen. Aber nach einem kurzen Spaziergang auf die andere Seite der Mur findet man in den nächsten Wochen das Kunsthaus im Kaufhaus wieder. Dort wurde –passend zur Ausstellung – ein Schaufenster dekoriert. Bei Kastner&Öhler nämlich kann man die BLESS-Kollektionen auch käuflich erwerben. Ganz ohne Kunst.
|ep
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