Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Jeff Bernard 1943–2010
Sonntag, 16. Mai 2010
Zumindest das kulturpolitische, vierbändige Hauptwerk „Strukturen autonomer Kulturarbeit in Österreich“ von Jeff Bernard ist auf der Universitätsbibliothek storniert, angekettet in Präsenzbeständen oder es kommt die Meldung „fehlt“. Auch in der Landesbibliothek und  der Arbeiterkammerbibliothek liegen die Bücher nicht auf.  Der zweite Band des Werks – „Stimmen der „anderen“ Kultur“ – beinhaltet vierundvierzig Gespräche, bundesweit geführt mit Künstlern bzw. Vertretern von Kulturinitiativen. Die Geduld und Empathie des AutorInnenkollektivs und die Klarsicht der Interviewten erinnern an den ähnlich monumentalen Interviewband „Das Elend der Welt“, den Pierre Bourdieu herausgegeben hat.

Sozio-Semiotische Studien statt Eventpolitik.
Jeff Bernard, den kennenzulernen und zu lesen auch jetzt noch lohnt, ist am 24. Februar dieses Jahres an den Folgen eines Herzanfalles gestorben. Er wurde 1943 in Wien geboren, studierte an der Technischen Universität Wien Architektur und Integrierte Umweltgestaltung. Seit seiner Gründung in 1989 war er Vorsitzender des Instituts für Sozio-Semiotische Studien ISSS, und seit 1995, in Nachfolge von Univ.-Prof. Wolfgang Pollak, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Semiotik ÖGS, als deren Generalsekretär er bereits seit 1979 tätig war. Er war Chefherausgeber der Zeitschrift „S — European Journal for Semiotic Studies“, Co-Herausgeber der „Semiotischen Berichte“ und Herausgeber von drei semiotischen Buchreihen (Angewandte Semiotik; S—Addenda Semiotic Studies; S—Labor). Zudem beschäftigte er sich im Rahmen des Instituts für Soziales Design intensiv mit den Problemen von behinderten Menschen.
Der Semiotiker Jeff Bernard trennte aufwändige Analyse und präzises Detailwissen keineswegs von den gesellschaftspolitischen Fragen. Inzwischen werden die Kulturwissenschaften zunehmend mit dem Feuilleton verwechselt und eine konturierte Kulturpolitik droht der Eventpolitik zu weichen. Genau die richtige Zeit, sich erneut dem Werk von Jeff Bernard zuzuwenden.

| wh
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