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Trennungsopfer
Sonntag, 16. Mai 2010
Kommentar der Frauenbeauftragten von Maggie Jansenberger Väter in Deutschland haben beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage eingereicht und auch gewonnen. Deutschland muss nun das Sorgerecht für unverheiratete Eltern neu regeln. Die EuGH-Urteile nimmt Österreich zum Anlass, hier ebenfalls eine generelle Änderung des Sorgerechts zu diskutieren – auch für verheiratete Eltern nach der Scheidung bzw. Trennung. Was hat das zu bedeuten? Hinterfragt die Gesetzgebung plötzlich uralte Automatismen, wonach „Frau sein“ gleichbedeutend ist mit „gute Mutter sein“? Hinterfragt die Justiz plötzlich ihre Rechtssprechung, welche die alleinige Obsorge in der Regel der Mutter zuspricht, dahingehend, dass die Urteile auf diesen Automatismen beruhen? Könnte dies Fehlurteile im Sinne des Kindeswohls bedeuten? Oder reagiert die Gesetzgebung auf eine Lobby, deren Protagonisten auf klingende Namen wie „Trennungsopfer“ oder „Väteraufbruch“ hören? Kinder sind hierbei nämlich nicht mit „Trennungsopfer“ gemeint und der „Väteraufbruch“ zielt auch nicht darauf ab, dass Männer verstärkt in Karenz gehen. Vielmehr sind diese Protagonisten entschlossen, eine konservativ-patriarchale und revanchistische Agenda durchzusetzen. Am vehementesten fordern die so genannten „Väterrechtler“ oder „Väter-ohne-Rechte-Gruppen“ nämlich die Gemeinsame Obsorge und unsere Justizministerin denkt darüber nach, eben diese automatische Gemeinsame Obsorge einzuführen. Demnach sollen Eltern sich zum Wohle des Kindes miteinander arrangieren müssen. Gemeinsame Obsorge bedeutet auch, dass die alleinige Obsorge erst beantragt werden muss, wobei dem anderen Elternteil die Obsorge entzogen werden muss. Dabei muss die antragstellende Partei beweisen, dass die antragsgegnerische Partei nicht gut für das Kind sorgen kann. Das heißt, eine Partei muss das Kind quasi „aufgeben“ und bekommt gesagt: „Du bist keine gute Mutter/kein guter Vater!“ Nachdem das niemand gerne hört, besteht die Gefahr von Blockierungen, auch wenn ein grundsätzliches Einverständnis mit der alleinigen Obsorge des anderen Elternteils vorhanden wäre. Und die Kinder? Die werden funktionalisiert. Ob als Spielball, Kontrollinstrument oder als Eigentum, wenn es um den Unterhalt geht. Und die Männer? Die progressiven, die ihre Interessen kritisch reflektieren, werden einmal mehr von Maskulinisten-Strömungen ins Out gedrängt. Und die Frauen? Für sie kann die gemeinsame Obsorge eine zusätzliche Hemmschwelle sein, den Mann zu verlassen, weil sie noch mehr Angst haben, ihre Kinder zu verlieren – schon jetzt drohen Väter, die Kinder „wegzunehmen“, um Frauen bei sich zu halten. Frauen, die von Gewalt betroffen sind, können das oft nicht beweisen und Gewalt gegen die Frau ist für Sachverständige und RichterInnen nicht automatisch ein Grund, der Frau die alleinige Obsorge zu geben. Vor allem für diese Frauen ist es schwierig, mit dem Ex-Partner (über das Kind) zu kommunizieren und vernünftige Lösungen zu finden.
Vollkommen unklar ist Frau Justizministerin wohl, wie der überwiegende Aufenthalt und damit der Kindesunterhalt und die Familienbeihilfe geregelt werden sollen. Aber die „Trennungsopfer“ und der „Väteraufbruch“ haben hier schon klare Vorstellungen: Das Einkommen der Frau für die Berechnung der Alimentationsleistung des Vaters an das Kind berücksichtigen! Oder ganz einfach: „Wer zahlt, soll mitbestimmen!“

Maggie Jansenberger, Unabhängige Frauenbeauftragte der Stadt Graz

maggie.jansenberger@stadt.graz.at
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