Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
DJ KOLCHOS DJ SOWCHOS
Mittwoch, 10. März 2010
Musik aus der Kleinstadt? Wir sagen ja! Ganz prinzipiell. Und natürlich erst recht seit Modeerscheinungen wie etwa dem Internet (weltweites Rechnernetzwerk durch das Daten ausgetauscht werden) die Lebensrealitäten in urbanen Zentren und ruraler Peripherie einander angleichen. Der Two Door Cinema Club etwa stammt aus Bangor, Donaghadee (Nordirland), einer Stadt, von der wir noch nicht allzuviel wissen. Den dort Verantwortlichen wäre jedenfalls zu empfehlen, das örtliche Ballhouse radikal zu erweitern. Schon bald werden nämlich Jugendliche aus aller Welt nach Bangor pilgern, um zur Musik des Cinema Club zu tanzen, zu tanzen und zu tanzen. Im weiten Feld zwischen Indie Pop (nur ohne Schlagzeug) und Elektronik (aber mit Gitarren) heißt die Trinität des Debütalbums Tourist History (Kitsuné Records) nämlich Tempo, Hookline und Ohrwurmpotenzial. Nach 32 Minuten ist der Spaß vorbei, die zehn Nummern abgespielt, die Zuhörerschaft physisch am Ende – psychisch jedoch im siebenten Himmel.
Wer sich im Anschluss an eine solche musikalische Erfahrung nach Erholung sehnt, sollte den Black Hollies eine Chance geben, deren Heimatstadt Jersey City sich zum nahegelegenen New York (Distanz: ca. 10 km) verhält wie Bangor zu Belfast (16 km). Das neue Album Softly Towards the Light (Ernest Jenning Record Co.) des produktiven Quartetts als ein weiteres 60er-Jahre-Meisterwerk, das nie erschienen ist, abzutun, wird der perfektionistischen Soundtüftelei, der man hier begegnet, nicht gerecht. Jedes Detail, vom Analog-Equipment im Studio über den Klang des Mellotrons bis zur Stereo-Abmischung, ist so gut gelungen, dass man dabei fast übersieht, dass die Black Hollies keine Sechziger-Imitatoren sind, sondern begnadete Ohrwurmschreiber, die ihren Songs jene Form verpassen, die sie nicht zu Unrecht für geeignet halten. Jeder Quadratmillimeter dieser CD schimmert wie das Sonnenlicht über den Dunstglocken von Jersey City, Bangor und Leibnitz.
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