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„Es ist für Johanna Dohnal“
Mittwoch, 10. März 2010
Kommentar der Frauenbeauftragten von Maggie Jansenberger Statt eines Nachrufs: Die Grazer Frauenbeauftragte Maggie Jansenberger hat diesmal für ihre KORSO-Kolumne Erinnerungen gesammelt, die Persönlichkeiten aus der steirischen Frauenbewegung mit Johanna Dohnal verbinden.

„Johanna Dohnal lernte ich als Teilnehmerin der Ausbildungsreihe „Selbstbewusstsein kann Frau lernen“ (1983/1984) als bekennende Feministin und Unterstützerin der autonomen Frauenbewegung persönlich kennen und schätzen. Zuvor (1982) war sie es, die mir Kontakte vermittelte, die ich dann für meine Dissertation nutzen konnte. Von unserem Symposium 1985 „5 Jahre Frauenberatungsstelle“ habe ich leider nur ein Erinnerungsfoto mit ihrem Namensschild – ein auf ihr Dienstauto gefallener Baum hat ihre Teilnahme vereitelt.“ (Ingrid Franthal, Frauenservice)

„Ende der 80er Jahre. Die „Fraueninitiative Fabrik“, das erste Grazer Frauenprojekt, erhielt Besuch von Johanna Dohnal. Meine erste Begegnung war geprägt von Skepsis ihr gegenüber als Partei-Politikerin und von Neugier auf die erfolgreiche Frauen-Politikerin. Ich erlebte sie als Kämpferin und Pragmatikerin, als eine, die für eine feministische Frauenpolitik stritt. Sie war eine Politikerin, die das österreichisch-männliche Selbstverständnis zum Wanken bringen konnte und Frauen Mut machte. Ein Orientierungspunkt in einer noch immer tief reaktionären österreichischen Männerpolitik und Männergesellschaft. Ich werde sie vermissen.“ (Gerlinde Hacker, Projektbüro für innovative Sozialpolitik)
„Sie ermöglichte 1990, dass viele Frauen es sich zutrauten, private Kindergruppen zu gründen. Wir alle aus der Gründungsszene von modernen, geschlechtergerechten Kinderbetreuungseinrichtungen konnten mit einem sicheren Gefühl handeln, denn wir hatten sie in der Regierung. Die Erinnerung wird bleiben.“(Gertrude Falb, Landesverband der steirischen Kindergruppen)

„Johanna Dohnal lenkte die Frauenpolitik immer auf strukturelle Fragen. Sie setzte sich auf allen Ebenen für eine eigenständige Existenzsicherung der Frauen ein und war wichtiger Motor für die Institutionalisierung der Frauenbewegung. Schon 1985 hatte ich Kontakt mit ihr. Sie spielte beim Aufbau der Grazer Frauenberatungsstelle (Frauenservice) eine wichtige Rolle. Sie nahm uns trotz unserer geringen Erfahrung und unserer Jugend ernst und war eine gute Beraterin. Trotz vieler Widerstände ist sie konsequent ihren Weg gegangen.“ (Doris Kapeller, Peripherie)
„Sie stellte in den 80er Jahren den Schulterschluss zwischen den politisch aktiven Frauen in den Organisationen und Parteien und (uns) den autonomen Feministinnen her. Parteiübergreifende Solidarisierung und Stärkung der Frauenbewegung war die Folge. Sie ermöglichte den Aufbau von frauenpolitischen Strukturen und die Gründung vieler Frauenorganisationen. Sie war immer wertschätzend und gleichzeitig konfrontierend, hat uns gefordert, gestärkt und uns Rückhalt gegeben. Nie hat sie verheimlicht, dass jede von uns – politisch und „privat“ - ihren Beitrag leisten muss.“ (Gertrude Peinhaupt, nowa)

„Meine Jugendfreundin hatte eine uneheliche Tochter, die „Fürsorge“ hatte die Amtsvormundschaft. Johanna Dohnals erkämpfte das Recht lediger Mütter auf die Vormundschaft über ihre Kinder (1989) – ein Meilensteine auf dem Weg zur Gleichberechtigung. Beim österreichweiten Protest der Frauen- und Mädcheneinrichtungen „Schlaflose Nächte“ am Ballhausplatz (1999), erklärte sich Johanna Dohnal, messerscharf und treffend formuliert, solidarisch. Als klar wurde, dass die designierte schwarz-blaue Regierung unterirdisch zur Angelobung gelangte, skandierte Johanna Dohnal: „Was wir bisher noch nicht hatten: durch den Keller wie die Ratten!“ Und die Menschenmenge rief mit ihr.“ (Irene Windisch, Danaida)

„1999 besetzten wir tagelang das Büro für Frauenangelegenheiten und forderten von den zur Regierungsbildung tagenden Politikern ein eigenes Frauenministerium. Wir riefen Johanna Dohnal an, und sie rief erstaunt aus: „Was macht Ihr in meinem Büro!?“ Sie war damals seit 4 Jahren nicht mehr amtierende Frauenministerin. Sie unterstützte uns sofort! Doch es folgten böse Überraschungen und auf ein eigenes Frauenministerium warten wir noch heute.“ (Sigrid Schönfelder, selbstständige Fotografin)

„Nach ihrem erzwungenen Abgang als Ministerin organisierte ich „Ein Fest für Johanna“. Alle Frauen, die in Graz frauenbewegt waren, waren beteiligt. Richtig wild und lustig wurde es nach dem offiziellen Teil. Wir saßen bis in die Morgenstunden zusammen und sangen Arbeiterlieder und alte Hadern. Dort lernte ich Johanna Dohnal als humorvolle Frau, die leben und genießen konnte, kennen.“ (Barbara Kasper, ehem. Frauenbeauftragte der Stadt Graz)

„Johann war eine uneitle, gescheite Vertreterin in der Frauenemanzipation. Als Ministerin ohne eigenes Budget musste sie ihre maßgebende Wirkung entfalten. Viel zu loyal ihrer Partei gegenüber, in der die Machos vermutlich noch immer keinen Seltenheitswert haben, hatte sie innerhalb dieser Männerriege wenig Unterstützung. Ich war immer stolz auf sie und wir haben nicht nur ernsthaft diskutiert, sondern auch viel gelacht.“ (Grete Schurz, erste Frauenbeauftragte der Stadt Graz)

„Johanna Dohnal, in Pension: sie sagte, es tut ihr leid, in ihrer aktiven Zeit nicht vehementer für Frauenanliegen in den MinisterInnenratssitzungen eingetreten zu sein. Sie hätte dort auf der Umsetzung von Frauenanliegen bestehen können. Doch auch sie habe sich dem Parteidruck gebeugt. Nun, sagte sie, würde sie anders handeln.“ (Gudrun Pail, Juristin)

„Neulich hörte ich ein Interview mit ihr, das mir schmerzlich deutlich machte, wie sehr wir ihre überzeugende, selbstbewusste, auch widerborstige Stimme vermissen werden müssen, die daran gemahnt, dass Widerstand auch hörbar sein muss.“ (Ilse Löwe-Vogl, unabhängige Gewerkschafterin).

Letzthin in der Bank zahle ich das Nachrufinserat. Ich schiebe die Bearbeitungsgebühr rüber, die Bankangestellte sagt: „Lassen Sie. Es ist ja für Johanna Dohnal.“ Die Frau ist noch keine 30 Jahre.

Maggie Jansenberger, Unabhängige Frauenbeauftragte der Stadt Graz

maggie.jansenberger@stadt.graz.at
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